Alternativmedizin
(Alternative Heilmethoden / Komplementärmedizin)

Klick auf den Kompass öffnet den IndexA. Geschichtliches

War die rein materialistische Schulmedizin noch bis vor einigen Jahren allgemein akzeptierter Standard und wurden esoterisch gesinnte Anhänger alternativer Heilverfahren in der Öffentlichkeit belächelt, so hat sich der Mainstream grundlegend gewandelt. Fast jeder Allgemeinmediziner bietet seinem Kunden heute neben den etablierten Verfahren Unmengen mehr oder weniger gesicherter Therapien der Komplementärmedizin an ("Alternativen” zur materialistisch-naturwissenschaftlichen Medizin). Zu den bekannteren alternativen Heilmethoden zählen beispielsweise:

Schon immer waren kranke Menschen bemüht, durch jedes nur mögliche Mittel die verlorene Gesundheit wiederzuerlangen. Bis zur Entwicklung einer modernen naturwissenschaftlichen Medizin wurden religiös-okkulte und physisch-wissenschaftliche Methoden undifferenziert nebeneinander praktiziert. Unabhängig von der Glaubwürdigkeit wurden die verschiedenen Heilmethoden in der vagen Hoffnung auf Linderung angewandt. Erst nachdem die naturwissenschaftliche Medizin ihre durchschlagenden Erfolge gegen die Infektionskrankheiten errang, verschwanden alternative Heilmethoden in der Vergessenheit. Erst die Skepsis gegenüber dem medizinischen Fortschrittsdenken in der Mitte des 20. Jahrhunderts, gepaart mit dem hemmungslosen Genussstreben einer säkularisierten, lediglich auf das Diesseits ausgerichteten Gesellschaft, schob die Bedenken gegenüber religiös-magischen Medizinvorstellungen beiseite. In der Hoffnung, die Grenzen der bisherigen Naturwissenschaft überschreiten und wie auch immer das eigene Leben möglicherweise verlängern zu können, traten alternative Heilmethoden gleich welcher Herkunft und Glaubwürdigkeit einen Siegeszug durch die westlichen Industriegesellschaften an. Darin mischen sich asiatische, magische, schamanistische, okkulte, alchemistische und pseudopsychologische Medizinkonzepte zu einem unübersichtlichen esoterischen Therapieangebot. Die Konzepte einer überwiegenden Zahl von alternativen Heilmethoden gleichen sich frappierend und entstammen größtenteils asiatischen Welt- und Medizinvorstellungen.

Die frühesten Nachrichten über die asiatische Medizin erreichten Westeuropa mit den Berichten franziskanischer und vor allem jesuitischer Missionare im 16. und 17. Jahrhundert. Neben diesen ist uns insbesondere der niederländisch-ostindische Schiffsarzt Andreas Clyder namentlich bekannt, der sich schon früh um den Import heilkundlicher Kenntnisse aus China bemühte. Die fremdartigen und skurril anmutenden Techniken der TCM wurden neugierig registriert, nicht aber für die eigene medizinische Praxis übernommen. Im 18. und 19. Jahrhundert fanden besonders die philosophischen und religiösen Überzeugungen der Chinesen Anklang bei europäischen Gelehrten. Dazu gehörten Wolff, Lessing, Goethe und Schopenhauer, vor allem aber französische Denker, die durch den Handel und das entstehende französische Kolonialreich in Asien eine intensivere Beziehung zu China entwickelten. In Frankreich gab es um 1840 eine regelrechte Akupunkturmode.

Weitreichendere Bedeutung erhielten die alternativen Heilmethoden erst durch die Skepsis gegenüber der Wissenschaft, insbesondere gegenüber der modernen Medizin. Der seit dem 19. Jahrhundert angefachte Forschrittsoptimismus erweckte den Eindruck, alles sei durch die Macht von Forschung und Technik beherrsch- und erreichbar. So war es nur eine Frage der Zeit, wann diese Erwartungen enttäuscht werden mussten. Diese neue Skepsis gegenüber den Aussagen und Möglichkeiten moderner medizinischer Wissenschaft wird bis heute immer wieder von Vertretern alternativer Heilkonzepte vorgebracht, um die Notwendigkeit der eigenen Methode zu begründen.

Auch Christen sollten diese Begrenzungen ehrlich sehen und keiner falschen Absolutsetzung westlicher Medizin das Wort reden. Eine darüber hinausgehende Skepsis gegen den methodischen Atheismus und den weitgehenden Ausschluss seelischer und geistlicher Zusammenhänge bei Erkrankungen ist für den Christen ebenfalls geboten.

B. Grundsätzliches zur Bewertung alternativer Heilmethoden

Ein Christ kann nicht jede alternative Heilmethode problemlos akzeptieren, weil für ihn nicht nur der mögliche Heilungseffekt, sondern auch der Ursprung der Heilung (Gott / okkult) und deren mögliche geistliche Nebenwirkungen (materiell, ethisch, geistlich) von einschneidender Bedeutung sind.

Eine Liste der für Christen akzeptablen alternativen Heilmethoden endgültig zusammenzustellen, ist nicht möglich, weil

a. ständig neue Methoden erfunden, entdeckt und verändert werden,

b. Therapien zum Teil nach einigen Jahren die Namen wechseln,

c. die anerkannte Wissenschaft ständig Fortschritte auf den Gebieten der Biochemie, Psychologie, Pharmazeutik, klinischen Forschung usw. macht, teilweise auch alte Ergebnisse revidiert und oft durch wissenschaftliche Schulen geprägt ist,

d. wenig neutrales Material über alternative Heilmethoden vorliegt, sodass zuverlässige, dauerhafte Beurteilungen in den meisten Fällen nicht getroffen werden können.

Es ist grundsätzlich falsch, alle alternativen Heilmethoden in einen Topf zu werfen und generell abzulehnen. Vom christlichen Glauben her empfiehlt es sich, nicht alles scheinbar Fremde abzulehnen, denn zum einen ist in der Bibel keine prinzipielle Ablehnung dieser Therapien zu finden, zum anderen ist aber auch keine Rechtfertigung der klassisch-materialistischen Medizin vorhanden. Da gebietet es der Glaube zu prüfen, sich über die Vielfalt der von Gott geschenkten Welt zu freuen, den Verstand zur Erforschung und Beurteilung zu gebrauchen und Gott um Weisheit bei der Bewertung zu bitten.

Nur weil sie sich gegen den Materialismus der klassischen Medizin stellt, kann nicht jede alternative Heilmethode von Christen gutgeheißen werden. Es ist notwendig, deutlich zwischen der Bewertung des angestrebten Ziels und des gewählten Weges zu unterscheiden und zumindest die Möglichkeit offen zu halten, dass ein gutes Ziel durch eine unakzeptable Methode korrumpiert werden kann. Christen vertrauen den Maßstäben, Wertungen und Welterklärungen der Bibel. Diese grundsätzliche Entscheidung schließt bestimmte andere Maßstäbe, Wertungen und Welterklärungsmodelle zwangsläufig aus.

Deshalb berücksichtigen Christen in ihrer Auseinandersetzung mit alternativen Heilmethoden, was in der Bibel über Krankheit und Gesundheit, über Medizin und Ärzte und über Heil und Heilung zu lesen ist. Auch wenn keine Beurteilungen einzelner Heilmethoden unmittelbar aus der Bibel zu entnehmen sind, so kann doch das Welt- und Menschenbild der entsprechenden Therapie an den in diesem Zusammenhang relevanten Aussagen der Bibel gemessen werden. Dazu gehören biblische Aussagen, an denen beschrieben wird, wie Gott Leid und Krankheit zulässt und sogar einsetzt, Aussagen über den Tod, Geduld, unheilbare Krankheiten, aber auch Berichte von übernatürlichen Heilungen. Im Blick auf Krankheit und Gesundheit gilt es zur Kenntnis zu nehmen, dass Gott Ziele gesteckt hat, die es zu erreichen gilt (gegen Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung), dass Leid und Arbeit Kennzeichen des normalen Lebens sind (gegen Erlebnishunger und Genusssucht) und dass Krankheit von Gott als Strafe und Hilfe gebraucht werden kann (gegen medizinische Allmachtsansprüche und Gesundheitsfanatismus).

In der Prüfung alternativer Heilmethoden müssen darüber hinaus folgende erkenntnistheoretische Denkvoraussetzungen beachtet werden:

1. Die Welt beschränkt sich nicht nur auf das Sichtbare, rein Materielle, sondern umfasst eine, nur bedingt zugängliche Dimension übernatürlicher Kräfte und Mächte, die mit Menschen in Kontakt treten und ihr irdisches Leben beeinflussen kann. Diese geistliche Dimension entspringt nicht menschlichem Willen oder menschlicher Vorstellung, sie lässt sich nicht von Menschen steuern oder kontrollieren.

2. Es ist sinnvoll, mit dem Verstand logische und für den Rahmen dieser Welt der Realität entsprechende Aussagen machen. Das, was den Prinzipien der Logik grundsätzlich widerspricht, ist im höchsten Grade unwahrscheinlich und muss verworfen werden.

3. Plausibel begründete und nicht den Aussagen der Bibel widersprechende wissenschaftliche Ergebnisse, werden als in einem hohen Grad wahrscheinlich akzeptiert und in die Beurteilung alternativer Heilmethoden miteinbezogen.

C. Kriterien zur Entscheidungsfindung

1. Aufgrund der verfügbaren Fakten muss festgestellt werden, ob es überhaupt Heilungen gegeben hat, da sich sonst jede weitere Beschäftigung mit der Methode erübrigt. Die Wahrhaftigkeit möglicher Heilungen lässt sich natürlich nicht aus den auf Einzelerfahrungen beruhenden Werbeschriften der alternativen Medizinvertreter entnehmen. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, möglichst neutrale und auch kritische Studien zur Meinungsfindung heranzuziehen.

2. Grundsätzliche Informationen über den Entdecker oder Verbreiter der entsprechenden Methode helfen bei einer ersten Einordnung. Dabei geht es nicht darum, die Heilmethode sofort, bei dem leisesten Zweifel an der Integrität ihres Erfinders zu verwerfen, aber darum, die betreffende Methode desto kritischer zu untersuchen, wenn sich erweist, dass der große Heiler ein Leben als Betrüger führte oder fachlich vollkommen inkompetent war. Bedenken sind auch berechtigt, wenn der Entdecker oder Betreiber einer Komplementärmedizin seine eigenen Einstellungen besonders häufig verändert oder enge Beziehungen zu offensichtlich okkulten Methoden unterhält.

3. In einer nächsten Stufe wird die angebotene Erklärung der Krankheit und der angestrebten Heilung überprüft, a. ob die Erklärung logisch möglich ist, b. ob sie sich selbst oder meiner täglichen Erfahrung in bestimmtem Fällen widerspricht, c. ob sie wissenschaftlich bestätigt oder widerlegt werden kann.

Falls die zu überprüfende Heilmethode angibt, sich nicht auf übernatürliche Kräfte, sondern auf Naturgesetze und -kräfte zu beziehen, kann dieser Anspruch hinterfragt werden. Dabei gibt es Therapien, wie einige schamanische Praktiken, die vorgeblich göttliche Kräfte nutzen, die sich in Pflanzenteilen oder Mineralien manifestieren sollen. Bei genauem Hinsehen jedoch sind es nicht die geheimnisvollen Beschwörungsrituale, die heilen, sondern die vom Heiler unbenannten chemischen Substanzen, die positiv auf den Körper wirken.

Die überwiegende Zahl der Heilmethoden aber will ohne direkte religiöse Bezüge, durch bekannte oder noch zu entdeckende Kräfte der Natur wirken. Allein die Wortwahl der Werbebroschüren gibt dabei keine Auskunft, da mit Vorliebe von physikalischen Schlagworten wie

Besitz ergriffen wird, zumeist allerdings zu Unrecht.

Dieser Anspruch kann anhand des gegenwärtigen Standes der naturwissenschaftlich-medizinischen Forschung überprüft werden. In einigen Fällen, z.B. bei der Chirotherapie, lässt sich die im Hintergrund stehende medizinische Theorie zwar nicht zufrieden stellend naturwissenschaftlich nachweisen, die Annahme, dass Fehlstellungen in Gelenken und Muskeln zu schmerzhaften Erkrankungen beitragen können, erscheint aber hinreichend plausibel. Darüber hinaus werden bei dieser Methode keine ominösen religiösen Ableitungen vorgenommen, auch der zumeist kritisch stimmende Anspruch, alle Krankheiten heilen zu können, fehlt. So bildet die Chirotherapie für Christen eine durchaus akzeptable Möglichkeit, auch wenn noch nicht alle die Therapie betreffenden Fragen geklärt sind.

Immer wieder schleichen sich darüber hinaus logische Unstimmigkeiten ein, die der aufmerksame Beobachter auch ohne detaillierte Fachkenntnis erkennen kann. Unglaubwürdig ist beispielsweise eine Farbtherapie, die vorgibt durch ein um den Hals getragenes Farbplättchen farbliche Defizite ausgleichen und damit heilen zu können. Selbst wenn die den Menschen umgebenden Farben auf dessen Gesundheitszustand wirken, müsste dann aufgrund höherer Intensität eher eine neue Garderobe oder Tapete statt eines Umhängers empfohlen werden. Unabhängig von der wissenschaftlichen Glaubwürdigkeit der Homöopathie sind schon einige ihrer Grundüberzeugungen logisch widersprüchlich. Sollte tatsächlich eine höhere Verdünnung zu einer um so stärkeren Wirkung führen, wäre Mineralwasser das wirksamste Breitbandmedikament, kam es doch im Laufe der Jahrhunderte mit zahlreichen Substanzen in Berührung, so dass es genügend Gelegenheit hatte, deren Information in potenzierter Weise aufzunehmen. Obwohl intensiv vermischt und bis zum maximal Möglichen verdünnt, hat es in Krankheitsfällen zumeist keine durchschlagend heilende Wirkung.

4. Falls eine Methode der bisherigen Überprüfung standgehalten hat, ist es nun notwendig, deren Erklärungen der Welt, des Menschen, der Krankheit und der Heilung mit dem Weltbild der Bibel vergleichen, um festzustellen, ob die entsprechenden Aussagen, Annahmen und Prinzipien der Heilmethode mit der Bibel übereinstimmen, in Einklang gebracht werden können, unbeschadet nebeneinander stehen oder einander deutlich widersprechen. Christen, die von der absoluten Zuverlässigkeit biblischer Offenbarung ausgehen und wissen, dass Gott sich nicht selbst widerspricht, können schlussfolgern, dass eine Heilmethode, die ihre Wirksamkeit untrennbar an ein widerbiblisches Gottes-, Menschen- oder Wirklichkeitsbild gebunden hat, für Gläubige nicht akzeptabel ist. Das trifft beispielsweise für die Akupunktur und ihr von kosmischen Energien bestimmtes Krankheitskonzept zu.

5. Sollten in den bisherigen Prüfungen Probleme entstanden sein, sollte versucht werden, das Phänomen von der Methode zu trennen, um es möglicherweise alternativ zu erklären und damit für die Medizin, die Wissenschaft und den Glauben akzeptabel zu machen. In vielen Fällen bieten sich physiologische, biochemische oder psychologische Alternativen an. Manche Heilung wird psychosomatisch erklärbar sein, andere zufällig, wieder andere durch einen unbewusst eingesetzten Wirkstoff oder eine natürlich erklärbare Handlung. Vor krampfhaften Deutungsversuchen sollte man sich allerdings hüten, da auch übernatürliche Heilungen nicht auszuschließen sind.

6. Wenn eine Heilmethode übernatürliche Kräfte als Wirkursache angibt und keine andere Erklärungsmöglichkeit plausibel erscheint oder wenn sich die vorgegebene natürliche Heilung als unmöglich herausstellt, ist es notwendig, einen übernatürlichen Einfluss in Betracht ziehen oder sogar voraussetzen. In diesem Fall gilt es, positive und negative, göttliche und dämonische Mächte zu unterscheiden. Hilfen bei der sachgerechten Zuordnung der zu prüfenden Methode kann wiederum die Übereinstimmung mit biblischer Lehre als auch die Lebensführung des Therapeuten geben. Normalerweise wirkt Gott seine Wunder nicht durch Menschen, die in deutlichem Gegensatz zu seinem Willen leben, auch erwartet er nicht, dass wir im Zusammenhang mit der Heilung unmoralische Handlungen praktizieren oder Irrlehren akzeptieren müssen. Methoden, die so etwas beinhalten und gleichzeitig übernatürliche Heilungen bewirken, sollten von Christen möglichst gemieden werden.

Natürlich sollen sich Christen auch nicht von jedem Scharlatan oder Illusionisten in Schrecken versetzen lassen, der behauptet, mit übernatürlichen Kräften umzugehen. Diese zumeist auf Geschicklichkeit und Täuschung beruhenden Vorstellungen lassen sich nach eingehender Beobachtung und Hinzuziehung aufklärender Literatur enttarnen. Zur eigenen Heilung sollten diese Methoden natürlich nicht herangezogen werden.

7. In dem ganzen Prozess des Faktensammelns, des Prüfens und Nachdenkens ist der Christ auf die Hilfe Gottes angewiesen, in besonderer Weise allerdings an dieser Stelle, da nun keine rein verstandesmäßige Möglichkeit der Prüfung mehr besteht, ist es auch notwendig auf das Reden des Heiligen Geistes zu achten. Der ganze Prozess des Prüfens sollte bis zu dieser Stelle durch Gebet und die eigene Bereitschaft begleitet werden, auch eine unangenehme Wahrheit zu akzeptieren, selbst wenn so eine mühsame Krankheit bleibt, statt durch eine ominöse Methode vielleicht zu verschwinden. Dabei können Christen auf das Versprechen Gottes vertrauen, seine Kinder vor geistlichem Schaden zu bewahren und vor Verführung zu warnen. Das setzt natürlich eine innige und gereinigte Verbindung zu Gott voraus.

D. Prinzipien alternativer Heilmethoden

Im Folgenden sollen acht wichtige Merkmale genannt werden, die sich in den meisten Konzepten alternativer Heilmethoden wiederfinden. Diese haben ihren Ursprung ausnahmslos im religiösen Weltbild des Buddhismus, Hinduismus, Konfuzianismus, Taoismus und Schamanismus Asiens.

1. Urenergie Qi

In den meisten alternativen Heilmethoden östlichen Ursprungs spielt die kosmische Energie Qi (Ki, Chi, Ji) eine zentrale Rolle. Bei Methoden wie Qi gong, Aikido oder Tai qi (>T`ai Chi) wird das schon durch die Benennung deutlich.

Qi ist nach chinesischer Auffassung jene Substanz, aus der das Universum besteht, durch die alle Dinge geschaffen sind und die nun alles Geschaffene durchströmt. Qi ist dabei keine statische Masse, die von anderen getrennt ist, sondern aktiv, mobil und in verschiedenen qualitativen Stadien auftretend. Der Begriff Qi umfasst sowohl Atem und Luft als auch Dampf, Gas und Wetter. In taoistischem Zusammenhang wird Qi zur Art und Weise eines Zustands, zum Temperament, zu Kraft und lebensspendendem Prinzip. Für die asiatische Medizin trifft die letzte Bedeutung am ehesten zu. "Qi ist materiell nicht sichtbar, und nach Auffassung der TCM [Traditionelle chinesische Medizin] reguliert es alle Lebensvorgänge des menschlichen Körpers, die sich insbesondere in der Funktion der Zang-Fu-Organe manifestieren. Qi ist und bleibt zwar immer ein und dieselbe Substanz, sie kann aber mit verschiedenen Namen ... je nach Herkunftsort, seiner jeweiligen Aufgabe und seiner Verteilung im menschlichen Körper” belegt werden. Im Allgemeinen wird zwischen dem von den Vorfahren ererbten Urqi (yuanqi), dem Brustqi (zongqi), dem nahrhaften Qi (yingqi) und dem Verteidigungsqi (weiqi) unterschieden. In der asiatischen Medizin ist das alles durchströmende Qi das Eigentliche, alle materiellen Erscheinungen oder Eindrücke von Individualität hingegen vordergründige Täuschungen bzw. Illusionen. In dieser Interpretation der materiellen Realität und somit auch der Einordnung von Krankheitsursachen zeigt sich der buddhistische Hintergrund dieser medizinischen Kategorie.

2. Geheimnisvolle Strahlungen und Schwingungen

Die in verschiedenen Formen auftretende Lebensenergie tritt dem Menschen in anzapfbaren Energiepools, in festen Energieströmen oder als alles durchdringende Strahlung entgegen. Seit der zunehmenden Erforschung elektromagnetischer Schwingungen und subatomarer Strahlung werden diese Denkmodelle vermehrt von alternativen Heilmethoden herangezogen, um ihre Wirkweise zu illustrieren. Die Bezugnahme auf moderne naturwissenschaftliche Erkenntnisse soll dem Patienten eine gewisse Glaubwürdigkeit und Seriosität suggerieren, auch wenn kein faktischer Zusammenhang hergestellt werden kann. Esoterisch ausgerichtete Naturwissenschaftler wie >Capra oder Reich (Letzterer mit seinem Konzept der alles bestimmenden Lebensenergie Orgon) trugen zur Vermischung physikalischer und esoterischer Vorstellungen in den entsprechenden Heilmethoden bei.

Die schon von den mittelalterlichen >Katharern verbreitete Idee, das eigentliche Leben bestünde in einer Art Lichtenergie, die der Mensch durch "lichtreiche” Ernährung und Meditation vermehren könne, wird von esoterischen Heilmethoden aufgenommen, die von so genannten Biophotonen (Lichtstrahlung in den Körperzellen) sprechen, die den Gesundheitszustand des Menschen bestimmen und als strahlende Aura um jeden Menschen herum sichtbar werden. Diese mit technischen Tricks fälschlich dargestellte menschliche "Aura” wird von vielen alternativen Heilmethoden als Grundlage einer gesundheitlichen Diagnose benutzt (Aura-Heilung). Schon vor mehr als 200 Jahren wurden ähnliche Methoden auf der Grundlage der damals erforschten magnetischen Kräfte entwickelt (Magnetismus / Mesmerismus). Zahlreiche selbsternannte Therapeuten sprechen heute von Strahlungen, die den Menschen schädlich oder heilsam beeinflussen können.

Diese Strahlung kann je nach Konzept von

ausgehen.

Oft vermischt sich so medizinische Heilmethode mit esoterischer Weltanschauung. Natürlich kann nach gegenwärtigem Stand der Wissenschaft nicht geleugnet werden, dass alle irdischen Körper sich wie alle Atome in einem Zustand der Schwingung befinden, die je nach Zusammensetzung und Erwärmung höher oder niedriger liegt, auch wissen wir, dass jeder Mensch ständig verschiedenartiger Strahlung ausgesetzt ist (Licht, Radiowellen, atomarer Zerfall, kosmische Strahlung, ...). Diese messbaren Strahlungen und Schwingungen sind jedoch nicht die in alternativen Heilmethoden angesprochenen, dabei handelt es sich zumeist um so genannte

Zu beachten ist beim Umgang mit diesen Strahlungen und Schwingungen, dass sie namentlich mit den physikalisch nachweisbaren Phänomenen verwandt sind, inhaltlich aber noch unbekannte esoterische Zustände beschreiben.

3. Universelle Ganzheitlichkeit

Dem Vorwurf der einseitigen materialistischen Sicht der offiziellen Schulmedizin halten die meisten alternativen Heilmethoden einen vermeintlich ganzheitlichen Ansatz entgegen. Bei der Diagnose sollen Befinden, sozialer und seelischer Zustand, aber auch das Verhältnis der materiellen und der unsichtbaren energetischen Zustände berücksichtigt werden.

"Das Universum wird nicht länger als große Maschine angesehen, die aus einer Vielzahl separater Teile besteht, sondern als harmonisches, unteilbares Ganzes, als ein Netz dynamischer Beziehungen, die auf ganz entscheidende Weise dem menschlichen Beobachter und sein Bewusstsein einbeziehen.”

Negativ empfundene Dualismen innerhalb der materiellen Welt sollen überwunden werden. Ein neues Paradigma soll auch innerhalb der Medizin eine Versöhnung der Gegensätze Kultur und Natur, Geist und Materie, Intuition und Ratio, Mystik und Wissenschaft, Körper und Psyche, Mensch und Gott erreichen. Die beabsichtigte Ganzheitlichkeit umfasst bewusst auch den Aspekt menschlichen Heils, also einen deutlich religiösen Aspekt. Es finden sich sogar Aussagen wie:

"Das Ganze ist heilig”

Diese ganzheitliche Medizin versucht, bei der Diagnose der Krankheit neben vielfältigen körperlichen Daten insbesondere die gestörten Beziehungen zum eigenen Geist, zur umgebenden Natur und zur >kosmischen Energie zu berücksichtigen und durch die Therapie auszugleichen. Im Kern ist alles eins.

Beeinflusst von taoistischem, konfuzianistischem und buddhistischem Denken fallen im Weltbild der asiatischen Medizin jenseitige (Gott) und diesseitige (Natur) Welt zusammen, da sich das Tao in der ganzen Natur verwirklicht.

"Es gibt nur mehr eine Rettung für uns: die Rückkehr zur Ganzheit, die das Wesen unseres Universums ist” (Sabatti).

"Die Trennung in belebte und unbelebte Materie ist eine Illusion, ... Die alten Chinesen und Asiaten trachteten ihre Leben einzubetten in den Rhythmus der Natur.”

Auch wird keine Unterscheidung von zerstörerischer (Teufel) und hilfreicher Macht (Gott) der jenseitigen Welt gemacht. Moralische Urteile und damit auch die gebotenen Lebensregeln werden aus dem Zustand der Natur abgeleitet und stehen lediglich für ein der Natur gemäßes oder ihr widerstrebendes Verhalten. Diese Auffassung, in der alles zusammenfällt, wird >Monismus genannt.

4. Mikrokosmos — Makrokosmos

Viele Methoden der Komplementärmedizin huldigen einem magischen Weltbild, dementsprechend große Zusammenhänge (Makrokosmos) sich funktionsgenau in einer kleineren Einheit (Mikrokosmos) widerspiegeln. Wenn der große Zusammenhang (z.B. der menschliche Körper als Ganzes) zu schwierig zu untersuchen oder zu beeinflussen ist, kann auch der von ihm getrennte kleinere Bereich untersucht und behandelt werden. Dieses Prinzip wird auf die Beziehung zwischen Himmel und Erde angewandt, indem magische Handlungen oder Beschwörungen an irdischen Körpern (Mikrokosmos: Pflanzen, Puppen, ...) himmlische Kräfte (Makrokosmos) zum Handeln zwingen.

In den aus diesem Gedankengut hervorgegangenen Methoden der Komplementärmedizin kann an

der Zustand des ganzen menschlichen Körpers (Makrokosmos) abgelesen und die entsprechende Erkrankung therapiert werden. Für den menschlichen Organismus gilt demnach:

Der Zustand aller Organe lässt sich an bestimmten Zonen desselben zweifelsfrei erkennen und gegebenenfalls auch behandeln, selbst wenn keine direkte erkennbare Verbindung zwischen dem einzelnen Organ und der ausgewählten Körperzone (Auge, Fuß, Ohr, ...) besteht. Von den entsprechenden Heilmethoden wird zumeist auch kein Versuch einer wissenschaftlich nachprüfbaren Erklärung unternommen. Stattdessen wird einfach ein Zusammenhang zwischen Organ und Hautzone behauptet und damit gearbeitet. Tritt ein Erfolg in Diagnose oder Therapie ein, wird er als Ersatz für den fehlenden wissenschaftlichen Beweis herangezogen.

5. Yin und Yang — das Gleichgewicht der Kräfte

Viele alternative Heilmethoden erklären Krankheit nicht nur durch fehlende Lebensenergie, sondern durch das mangelnde Gleichgewicht zweier Aspekte dieser kosmischen Energie. Die allumfassende Energie findet sich in zwei einander ergänzenden Aspekten im menschlichen Körper und in allen anderen Erscheinungen der Lebenswelt. Jeder Gegenstand, jede Erkrankung, jedes Gefühl, jeder Zustand wird einem dieser Energiezustände zugerechnet und vereint gleichzeitig beide Energieformen in sich. Die ganze Welt wird dualistisch, als Zusammenspiel zweier komplementärer Energiezustände erklärt (Dualismus). Meist wird bei diesem Denkmodell auf das chinesische Konzept von yin und yang zurückgegriffen.

Die Vorstellungen von yin und yang entstammen dem vortaoistischen chinesischen Denken, der erste heute greifbare Befund entstammt dem "Buch der Wandlungen” (Yijing).

"In archaischer Zeit waren yin und yang Bezeichnungen für die beschattete (Nord-) Seite (yin) und die sonnenbeschienene (Süd-) Seite (yang) eines Berges, für die beschattete Südseite eines Flussufers (yin) beziehungsweise Nordseite (yang), für die dunkle Jahreszeit, also den Herbst und den Winter (yin), und den Frühling und den Sommer als helle Jahreszeit (yang).”

Es gibt kein Ereignis auf der Welt, dem die Chinesen nicht einen yin-Aspekt und einen yang-Aspekt abgewinnen können.

"Einmal yin, einmal yang, das ist das Tao!”,

heißt es in Yijing, dem für alles chinesische Denken grundlegenden Buch der Wandlungen. Und für westliche Ohren nicht weniger geheimnisvoll beginnt die "Große Abhandlung über die dem Yin und Yang entsprechenden Erscheinungen”, einer der wichtigsten theoretischen Texte der klassischen chinesischen Medizinliteratur.

"Der Gelbe Fürst sprach:Das yinyang ist das Tao von Himmel und Erde und die Richtschnur der Zehntausend Wesen, Vater und Mutter von Veränderung und Umgestaltung, Wurzel und Anfang von Entscheidung und Vernichtung, die Aula der sich manifestierenden konstellierenden Kraft.”

 "Das Tao ist die Art und Weise des Wirkens, der Weg in Raum und Zeit, den alles Geschehen nimmt. Und yinyang bedeutet etwa Kräfteverteilung, Kräftekonstellation ... und weil für die Chinesen alles Geschehen energetisches Geschehen ist, bedeutet es auch einfach Polarität. Damit können wir den zitierten Satz des Yinyang in eine vertrautere Form bringen, die ihm einen guten Teil seiner Rätselhaftigkeit nimmt: Der Lauf der Ereignisse wird durch die jeweils herrschende Kräftekonstellation bestimmt.”

"Im chinesischen Denken ist jedes Ereignis zu verstehen als ein Zusammenwirken von aktiver und struktiver Energie von jeweils unterschiedlicher Qualität. So ist Krankheit immer auf ein Ungleichgewicht von yin und yang zurückzuführen. Heilung erfolgt durch die Zuführung oder die Ableitung einer der beiden Energiezustände durch pharmazeutische Heilmittel, Körperübungen oder die bewusste Stimulierung eines körpereigenen Energiezentrums.”

Auf die Frage, warum die Menschen in früheren Zeiten älter wurden und weniger hinfällig waren, antwortet Qi Bo in einem Grundlagenwerk der chinesischen Medizin:

"Diejenigen, die in alten Zeiten um den Weg der Selbstbeschränkung, das Dao wussten, folgten dem Yin und Yang und lebten so in Übereinstimmung mit den Konstellationen der Gestirne und den daraus ableitbaren Prophezeiungen.”

6. Meridiane — Energiekanäle

Alternative Heilmethoden arbeiten häufig mit der Vorstellung von Energiekanälen, die eine Verbindung zwischen verschiedenen irdisch-menschlichen und auch kosmischen Energiespeichern herstellen. Über diese Kanäle ist ein Energieaustausch möglich, der in den Therapien der Heilmethoden angestrebt wird.

Die einzelnen Organe sind nach chinesischer Auffassung durch so genannte Leiterbahnen oder Meridiane miteinander verbunden, durch welche die Lebensenergie Qi fließt. Die geradlinigen Leitbahnen werden jing und die netzförmig verlaufenden luo genannt. Der Gedanke von Energieadern, durch welche die kosmische Energie im menschlichen Körper und über die gesamte Welt fließt, ist unter den alternativen Heilmethoden weit verbreitet. Beispielhaft sei auf die Akupunktur verwiesen, nach der die Urenergie in einem yin oder yang Aspekt auf festen Bahnen durch den Körper zirkuliert. Nach Feng Shui ist die gesamte Erde von einem Geflecht ähnlicher Energieadern überzogen, auf die der Mensch in seiner Gestaltung von Landschaften und Wohnräumen Rücksicht nehmen sollte, um in Einklang mit der kosmischen Energie optimal leben zu können. Bei Reiki wird der Mensch selbst zum Kanal kosmischer Lebensenergie, die durch den Körper des Heilers fließt und meist von den über den Patienten gleitenden Händen übertragen wird. Auch andere Methoden der Komplementärmedizin berufen sich auf den Gedanken fester Energiebahnen, die durch bestimmte Therapien zum Wohl des Patienten beeinflusst werden können. Versuche eines naturwissenschaftlichen Nachweises dieser Lebensenergiekanäle oder einer nützlichen Manipulation derselben sind bisher jedoch sämtlich fehlgeschlagen. (Auch die messbaren Unterschiede in der elektrischen Leitfähigkeit der Haut lassen keinen Rückschluss auf solche Energiebahnen zu, sondern geben eher Auskunft über die unterschiedliche physiologische Beschaffenheit derselben.)

7. Chakren — Energiepunkte

Die verschieden benannte Urenergie bestimmt den Lebensprozess des Menschen. Um das Wohlbefinden und die Erkenntnis zu beeinflussen, muss diese Energie aufgenommen, aktiviert oder ausgebreitet werden. Zumeist gehen alternative Heilmethoden davon aus, dass im menschlichen Körper oder in seiner Umwelt Energiereservoirs sind, die angezapft werden können. In der Vorstellungswelt der Komplementärmedizin soll eine Stimulation der Energiezentren zur geistigen Entfaltung des Menschen und gegebenenfalls zu seiner körperlichen Gesundung beitragen. Zum System der Energiepunkte gehören Amulette schamanistischer Medizin, Essenzen der Bachblüten, die Energie (manchmal wird auch von gespeicherter Information gesprochen) abgeben sollen, Edelsteine, Farbplättchen, Bäume, Mondphasen, Orte wie Stonehenge usw., von denen allesamt eine besondere meist heilkräftige Energiestrahlung ausgehen soll. Auf die naturwissenschaftlich bisher unnachweisbare Annahme von besonderen Energieorten bauen auch die chinesische Konzeption der Zang-Fu-Organe (Hohl- und Speicherorgane, welche die Urenergie in yin oder yang Form aufnehmen und weitergeben können) sowie der Einstichpunkte der Akupunktur (Akupressur, Shiatsu, ...) und die Spekulationen zu den Chakren entlang der menschlichen Wirbelsäule in der indischen Medizin, die in verschiedene Meditationspraktiken und die anthroposophische Medizin Eingang gefunden hat.

E. Vergleich der Weltbilder

Das Gedankengut der überwiegenden Zahl von alternativen Heilmethoden entstammt offensichtlich den religiösen Wurzeln des Hinduismus, Buddhismus, Schamanismus, Taoismus und Universismus. Die Weltbilder dieser Religionen liefern die Vorstellungen von Krankheit und Gesundheit, Gott und Mensch für die Komplementärmedizin. Entsprechend verbreiteter Überzeugung asiatischer Religionen ist die sichtbare materielle Welt lediglich eine Scheinwelt, dahinter liegt die unsichtbare energetische Welt. In ihrer ursprünglichen Schöpfung wie in ihrem momentanen energetischen Zustand befinden sich alle Körper und Gegenstände in einer engen natürlichen Verbindung. Alle sind aus derselben göttlichen Urenergie (Brahman, Qi, Tao, ...) entstanden, existieren jetzt in einer besonderen Form dieser Energie und werden in Zukunft wieder in der reinen Urenergie aufgehen. Diese Urenergie zirkuliert im Kosmos und im einzelnen Lebewesen in Energieadern. Darüber hinaus ist sie dem Menschen in Nahrungsmitteln, anorganischen Stoffen oder durch einen kosmischen Kontakt mit der Urenergie selbst zugänglich. Krankheit beruht immer auf fehlender Lebensenergie oder einem Ungleichgewicht der Energiekräfte. Beide Mängel können durch einen entsprechenden Energiezufluss ausgeglichen und somit die Erkrankung behoben werden. Zusammenfassend können wir feststellen, dass in der überwiegenden Mehrzahl alternativer Heilmethoden die materielle Gegebenheit der Natur durch eine religiös aufgeladene Energie ersetzt wird. Dementsprechend setzt man bei der Heilung nicht auf die chemisch-physikalische Wirkung von Medikamenten, sondern auf einen energetischen Ausgleich durch die Therapie. Die Variationen dieses Grundkonzepts weichen mitunter stark voneinander ab. Energie kann durch Handauflegung, "Strahlung” von Edelsteinen oder Farbplättchen, bestimmte Nahrungsmittel, magische Worte, Meditationen oder Stimulierung energetischer Orte (z.B. Akupunktur) reguliert werden.

Einige Kritikpunkte an dem Energiekonzept alternativer Heilmethoden:

1. In der asiatischen Medizin ist das alles durchströmende Qi das Eigentliche, alle materiellen Erscheinungen oder Eindrücke von Individualität hingegen vordergründige Täuschungen bzw. Illusionen. Dem widerspricht die Bibel deutlich, indem sie der sichtbaren materiellen Welt und der Erfahrung individueller Persönlichkeit von Gott gewollte Realität zuspricht (1Mo 1,31; Joh.1,10,14; 1Mo 1,26-31; 1Kor 3,13-17; 15,35-40, 52).

2. Das Gottesbild der asiatischen Medizin widerspricht dem biblischen eindeutig. In der asiatischen Medizin steht die kosmische Kraft Qi für die höchste übernatürliche Macht. Dabei handelt es sich um eine anonyme unpersönliche Energie, der aber gottgleiche Qualitäten zugeschrieben werden:

"Die Lebensenergie Qi ist der Schlüsselbegriff der östlichen Heilkunst. Sie wird umschrieben unter anderem mit Ursprungskraft, Universalkraft, Weltenatem, Lebenshauch, Urenergie, Primärenergie ... Wir Menschen sind wie die ganze Schöpfung von der Lebensenergie durchpulst, gleichsam von göttlichem Odem. Die lebensspendende Energie ist allgegenwärtig, sie durchwaltet den Mikro- und Makrokosmos. Sie ist Keimkraft des Lebens. ... Sie nährt den Kosmos. Sie ist die Triebkraft aller Erscheinungen wie die des Aufbaus und Abbaus der Organismen oder des Aufstiegs und Niedergangs der Welten. ... Sie hält unser Sonnensystem und die Welt zusammen.”

Christen hingegen wissen von einem personhaften individuellen Gott, der sich ihnen eindeutig greifbar offenbart hat und müssen damit diesem Konzept der asiatischen Medizin und der Anerkennung eines anderen über allem stehenden Gottes widersprechen (1Mo 1; 2Mo 3,4; Off 7,17; 20,12-15; 5Mo 10,17; Ps 86,10; Joh 17,3).

3. Hinter dem Konzept der alles verbindenden Ganzheitlichkeit steht der hinduistische Monismus. Welt und Gott, Körper und Geist, Gott und Teufel fallen in letzter Instanz zusammen. Jede kosmische Energie wird ungeprüft als positiv für den Menschen angesehen, weil sie aus derselben göttlichen Quelle stamme. Christliches Denken hingegen unterscheidet zwischen verschiedenen übernatürlichen Mächten, trennt Gott von der gottlosen Welt, leitet Verhaltensweisen nicht unmittelbar aus einem natürlichen Zustand ab und sucht keinen Ausgleich der Gegensätze um jeden Preis (Mt 12,24; Jak 4,4; 5Mo 4,5).

4. Hinter der asiatischen Medizin verbirgt sich eine neue Form der Gnosis (Erkenntnislehre), die Errettung und Gesundheit durch das Halten und Leben nach einen absoluten Gesetz (Tao, yin / yang, fünf Wandlungsphasen usw.) verspricht. Das bloße Wissen dieser kosmischen Ordnung und das Einhalten der Forderungen soll zu gesundem, erfülltem, letztlich ewigem Leben führen.

"Der Mensch ist in Qi und Qi ist innerhalb des Menschen. Himmel und Erde und die Zehntausend Wesen, alle benötigen sie das Qi, um am Leben zu bleiben. Der Mensch, der sich darauf versteht, sein Qi zirkulieren zu lassen, erhält seine Person und bannt Übel, die ihm schaden können.”

Bei genauerer Betrachtung bietet die asiatische Medizin dem Menschen so Selbsterlösung (1Mo 3,4-5) durch Speise- und Lebensvorschriften an. Das steht in krassem Gegensatz zu christlicher Überzeugung, nach der es keine Möglichkeit gibt, von selbst aus in dauerhafter Harmonie mit Gott zu leben (Apg 4,12; Röm 3,10ff, 20; Gal 3,4,11ff; Hbr 11,6 ).

5. In der Bibel sind übernatürliche Mächte und Kräfte Realität. Paulus warnt allerdings deutlich davor, uns auf diese kosmischen Kräfte statt auf Jesus Christus zu verlassen (Kol 2,8). Im ersten Korintherbrief stellt er den Geist Gottes und den kosmischen Geist einander als Gegensätze gegenüber:

"So weiß auch niemand, was in Gott ist, als nur der Geist Gottes. Wir aber haben nicht den Geist des Kosmos (gr. kosmos auch für ´gottlose Welt`) empfangen, sondern den Geist Gottes, so dass wir wissen können, was uns von Gott gegeben ist.” (1Kor 2,11f).

Die Bibel spricht deutlich davon, dass Menschen, die sich auf den Kontakt mit übernatürlichen Geistern und Kräften einlassen, in tiefe Abhängigkeit von diesen geraten können und nennt diesen Zustand Besessenheit (Mt 12,43ff; Mk 5,1-15, 9,22). Besessene können unter Krankheitssymptomen leiden (Mt 9,32, 12,22; Mk 5,1ff; 9,18ff), die verschwinden, sobald sie nicht mehr unter dem Einfluss dieses Geistes stehen (Dämonen).

S. auch: Esoterische Medizin.

Literatur: E. Ernst (Hg.): Praxis Naturheilverfahren, 2004; K.Federspiel / V.Herbst: Die andere Medizin, 1991; Psychrembel. Wörterbuch Naturheilkunde, 1999; M.Kotsch: Chinesische Medizin Bd.1+2, 2000; M.Kotsch: Moderne Medizin oder Missbrauch der Schöpfung Gottes, 2006

Michael Kotsch


Index

Etliche Texte sind auch in gedruckter Form erschienen in verschiedenen Handbüchern (je 144-200 Seiten, je 9,80 Euro):

1. Kleines Sekten-Handbuch
2. Kleines Kirchen-Handbuch
3. Kleines Ökumene-Handbuch
4. Kleines Endzeit-Handbuch
5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
10. Kleines Theologie-Handbuch

Weitere Handbücher (über Theologie, Esoterik, u.a.) sind geplant. Informationen bei www.l-gassmann.de