Gemeinsame Erklärung
zur Rechtfertigungslehre

Klick auf den Kompass öffnet den IndexDie Unterschrift unter die "Gemeinsame Offizielle Feststellung" zur "Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre" zwischen Römisch Katholischer Kirche und Lutherischen Weltbund am 31. Oktober 1999 in Augsburg war ein kirchengeschichtliches Ereignis von größter Bedeutung. Der Streit um die Rechtfertigung des Sünders war der Hauptanlass der Reformation. Da die Erklärung besagt, dass die Protestanten und die Katholiken (angeblich) keine grundlegend verschiedene theologische Sicht der Rechtfertigung haben, bedeutet dies letztlich, dass der Anlass der Reformation auf einer falschen Beurteilung der katholischen Lehre durch Luther beruht. Für den Vatikan war die Unterschrift des Lutherischen Weltbunds unter die Erklärung so wichtig, da es nach seiner Ansicht die lutherische Lehre war, die den Anlass zur abendländischen Kirchenspaltung gab.

Seit 1997 bewegte die sogenannte "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre" die Lutherischen Kirchen. Eigentlich sollte sie schon im August 1997 bei der Tagung des Lutherischen Weltbundes in Hongkong beschlossen werden. Diese Erklärung wurde lange als Geheimpapier behandelt, sodaß es unter den Lutheranern zu vielfältiger Verwirrung kam. Bis Mai 1998 hatten etliche einzelne lutherische Kirchen ihre Zustimmung erklärt. Nach intensiver Prüfung haben über 150 deutsche Theologieprofessoren die Lutherischen Kirchen dringend davor gewarnt, dieses Papier zu verabschieden.

Sie schrieben:

"Wird der Anspruch der gemeinsamen Erklärung bejaht, droht sie zur Auslegungsnorm für die lutherischen Bekenntnisschriften zu werden. Das aber bedeutet, daß die Bekenntnisschriften fortan im Lichte einer Gnadenlehre auszulegen sind, die zwar die ´Rechtfertigung allein aus Gnaden` vertritt, nicht aber die für die Reformation grundlegende Einsicht, daß dieses gnadenhafte Geschehen sich gerade und allein durch den Glauben vollzieht."

Nach der Akzeptanz des Papiers durch die zum Lutherischen Weltbund gehörenden Kirchen kam dann ein Halt aus dem Vatikan. Eine römische Begründung war, daß viele der Lutheraner nach katholischer Sicht keine Kirche vertreten. Dies war natürlich eine Beleidigung für den Lutherischen Weltbund.

Im Januar 1999 deutete der Chef der Katholischen Glaubenskongregation (ehemals Inquisition), der spätere Papst Benedikt XVI., Kardinal Ratzinger, an, daß Rom doch unterzeichnen könnte. Im Mai 1999 wurde dann bekanntgegeben, daß das ergänzte Papier am Reformationstag des Jahres 1999 in Augsburg unterschrieben werde. Augsburg ist geschichtlich der Ort, wo die Lutheraner 1530 mit dem Augsburger Bekenntnis ihre Lehre dem Kaiser vorlegten.

Peinlich war es dann, als im September 2000 das von Kardinal Ratzinger (dem späteren Papst Benedikt XVI.) verfaßte Dokument "Dominus Iesus" veröffentlicht wurde. In diesem Papier bestreitet Rom bekanntlich abermals allen Protestanten ihr Kirche-Sein. Nichtsdestoweniger empfahlen führende Lutheraner (z.B. der bayerische Landesbischof Friedrich), den Papst zum Sprecher aller Christen zu machen. Statt die Irrlehren des Ablaßhandels zu verwerfen, führt der Lutherische Weltbund Gespräche über die Gemeinsamkeiten in der römischen Lehre bis hin zum römischen Ablaß.

Lit.: L. Gassmann (Hg.), Kirche 2000. Gemeinsame Erklärung, Ablaß, 95 und 96 Thesen, 2000.

Rainer Wagner


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