Kirchenverst�ndnis
der R�misch-Katholischen Kirche

Klick auf den Kompass öffnet den IndexA. Das Selbstverst�ndnis der R�misch-Katholischen Kirche

1. Die Kirche ist der mystische Leib Christi und als solcher das Ursakrament. Sie ist unsichtbar und sichtbar zugleich. Sie ist das Gottesvolk des Neuen Bundes.

a. Die Kirche ist der mystische Leib Christi .

Sie bildet Christus nicht nur ab, sondern ist Christus selber in neuer Gestalt. Der Katechismus der Katholischen Kirche (Kirchenverst�ndnis der R�misch-Katholischen Kirche) Nr. 795 zitiert Augustin und Thomas von Aquin:

"Lasst uns also jubeln und Dank sagen, dass wir nicht blo� Christen geworden sind, sondern Christus" (Augustin, ev. Jo. 21,8).

"Haupt und Glieder sind gleichsam eine mystische Person" (Thomas v. A., S. th. III, q. 48, a. 2, ad 1).

Es besteht

"ein wunderbar tiefes Verbundensein aller Gl�ubigen mit Christus, ganz wie zwischen dem Haupt und den �brigen Gliedern eines Leibes". Dieses Verbundensein geht so weit, dass sogar "Christi S�hneleiden ... in seinem geheimnisvollen Leibe, der Kirche, erneuert, gleichsam fortgesetzt und vollendet"

wird. Diese Fortsetzung des S�hneleidens Christi, die S�hnegemeinschaft mit ihm erfolgt insbesondere im "eucharistischen Opfer" (Rundschreiben Papst Pius XI. "Miserentissimus Redemptor", 1928; s. Neuner-Roos, Der Glaube der Kirche, Nr. 241ff.).

b. Die Kirche, die diese S�hnegemeinschaft mit Christus durch das eucharistische Opfer in vollkommener Weise pflegt und die Vollzahl der Sakramente besitzt, ist die r�misch-katholische. Diese "ist, in Analogie zum Herrn selbst, Ursakrament , d.h. sie kann als die sichtbar und greifbar gewordene Gnade Gottes dem Menschen in Wort und Sakrament unfehlbar das Heil zusagen und vermitteln" (Neuner-Roos S. 248).

"Sie ist unter allen V�lkern und Religionen das sichtbare Zeichen des bleibenden und f�r immer siegreichen Heilswillens Gottes und seiner Heilszusage in Jesus Christus. Sie weist nicht nur auf das �bernat�rliche Heil hin, sondern sie ist, trotz aller menschlichen Schw�che und trotz S�nde, die Sichtbarkeit der g�ttlichen Gnade selbst" (Neuner-Roos, S. 347).

In der Dogmatischen Konstitution �ber die Kirche "Lumen gentium" des 2. Vatikanischen Konzils wurde 1964 als doppelter Zweck der sakramentalen Funktion der Kirche definiert:

"Die Kirche ist ja in Christus gleichsam das Sakrament, das heisst Zeichen und Werkzeug f�r die innigste Vereinigung mit Gott wie f�r die Einheit der ganzen Menschheit" ("Lumen gentium" 1; s. Neuner-Roos Nr. 408).

Neben die vertikale tritt hier die horizontale, neben die theologische die anthropologische, neben die mystagogische die �kumenische, ja universalistische Dimension � ein Beispiel f�r das "aggiornamento" des 2. Vatikanums.

c. Wenn die Kirche der mystische Leib Christi und das Ursakrament ist, so bedeutet dies keineswegs, dass sie unsichtbar ist. Sondern so wie beim "Mysterium des fleischgewordenen Wortes", d.h. bei der Menschwerdung des Gottessohnes Jesus Christus, Geist und Leib, Unsichtbares und Sichtbares zusammenkommen, so ist auch die Kirche sichtbar und unsichtbar zugleich:

"Die mit hierarchischen Organen ausgestattete Gesellschaft und der geheimnisvolle Leib Christi, die sichtbare Versammlung und die geistliche Gemeinschaft, die irdische Kirche und die mit himmlischen Gaben beschenkte Kirche sind nicht als zwei verschiedene Gr��en zu betrachten, sondern bilden eine einzige komplexe Wirklichkeit, die aus menschlichem und g�ttlichem Element zusammenw�chst" ("Lumen Gentium" 8, 1964; Neuner-Roos Nr. 410).

d. Die Kirche ist auch das Gottesvolk des Neuen Bundes . Sie nimmt die Stelle ein, die dem Volk Israel im Alten Bund zukam (Substitutionslehre). Von der Ankn�pfung an das alttestamentliche Priestertum und seiner Abl�sung durch die KK her erkl�ren sich mancherlei Gebr�uche, wie etwa der Opfercharakter der Eucharistie, bestimmte liturgische Elemente, die Verwendung von Priestergew�ndern, Weihrauch, Weihwasser und �hnliches. In "Lumen gentium" heisst es: Gott hat sich

"das Volk Israel zum Eigenvolk erw�hlt und hat mit ihm einen Bund geschlossen und es Stufe f�r Stufe unterwiesen ... Dies alles aber wurde zur Vorbereitung und zum Vorausbild jenes neuen und vollkommenen Bundes, der in Christus geschlossen, und der volleren Offenbarung, die durch das Wort Gottes selbst in seiner Fleischwerdung �bermittelt werden sollte" (Neuner-Roos Nr. 413).

W�hrend die RKK zum j�dischen Glauben in fr�heren Jahrhunderten eher eine ablehnende Haltung einnahm, gesteht sie im neuen Katechismus zu, dass Gottes Gnade und Berufung gegen�ber Israel "unwiderruflich" sind, und spricht davon, dass "das Gottesvolk des Alten Bundes und das neue Volk Gottes �hnlichen Zielen" zustreben, n�mlich der "Ankunft (oder ... Wiederkunft) des Messias" (Kirchenverst�ndnis der R�misch-Katholischen Kirche Nr. 839f.).

2. Die Zugeh�rigkeit zur Kirche beruht auf der Taufe und ist heilsnotwendig. Unverschuldete Unkenntnis der Kirche schlie�t aber nicht vom Heil aus.

Die R�misch-Katholische Kirche (RKK) lehrt die Taufwiedergeburt und betrachtet die Taufe als Sakrament des Eintritts in die Kirche (Initiation). Die Taufe hat in der katholischen Lehre eine fundamentale Bedeutung und ihr werden viele Wirkungen zugeschrieben, die sich im Neuen Testament auf den pers�nlichen Glauben beziehen. So heisst es im Katechismus:

"Durch die Taufe werden wir von der S�nde befreit und als S�hne Gottes wiedergeboren; wir werden Glieder Christi, in die Kirche eingef�gt und an ihrer Sendung beteiligt: 'Die Taufe ist das Sakrament der Wiedergeburt durch das Wasser im Wort.`" (Kirchenverst�ndnis der R�misch-Katholischen Kirche Nr. 1213).

Da die Taufe als Initiationsritus verstanden wird, ist es selbstverst�ndlich, dass die Kindertaufe als Regelfall gilt:

"Die Kirche und die Eltern w�rden dem Kind die unsch�tzbare Gnade vorenthalten, Kind Gottes zu werden, wenn sie ihm nicht schon bald nach der Geburt die Taufe gew�hrten" (Kirchenverst�ndnis der R�misch-Katholischen Kirche Nr. 1250).

Auch wenn gesagt wird, dass die Taufe "heilsnotwendig" ist, der Seele "ein unausl�schliches Zeichen" einpr�gt, "Geburt zum neuen Leben" wirkt und der Getaufte "der Kirche, dem Leib Christi eingegliedert" wird (Kirchenverst�ndnis der R�misch-Katholischen Kirche Nr. 1277ff.), so kommt ihr doch kein Automatismus zu. Der Getaufte kann auch des Heils verlustig gehen, und zwar dann, wenn er sich mit vollem Bewusstsein von der KK als dem Ursakrament und Leib Christi sowie vom "Glauben der Kirche" (im Unterschied zum individuellen Glauben) abwendet: "Jeder Gl�ubige kann nur im Glauben der Kirche glauben" (Kirchenverst�ndnis der R�misch-Katholischen Kirche Nr. 1253). "Wer sich willentlich der Kirche verschlie�t, verweigert sich dem Herrn selbst und damit seinem eigenen Heil" (Neuner-Roos, S. 248). Das Zweite Vatikanische Konzil hat folgende Unterscheidung getroffen:

"Jene werden der Gemeinschaft der Kirche voll eingegliedert, die, im Besitze des Geistes Christi, ihre ganze Ordnung und alle in ihr eingerichteten Heilsmittel annehmen und in ihrem sichtbaren Verband mit Christus, der sie durch den Papst und die Bisch�fe leitet, verbunden sind, und dies durch die Bande des Glaubensbekenntnisses, der Sakramente und der kirchlichen Leitung und Gemeinschaft. Nicht gerettet wird aber, wer, obwohl der Kirche eingegliedert, in der Liebe nicht verharrt und im Schosse der Kirche zwar 'dem Leibe`, aber nicht 'dem Herzen` nach verbleibt" ("Lumen Gentium" 14; s. Neuner-Roos Nr. 417).

Es ergibt sich also zweierlei: Zum einen, dass die Zugeh�rigkeit zur KK heilsnotwendig ist. Zum zweiten, dass eine blo�e Mitgliedschaft "dem Leibe", d.h. der irgendwann vollzogenen Taufe nach, nicht ausreicht, sondern dass eine innere Bejahung des "Glaubens der Kirche", also eine Mitgliedschaft "dem Herzen nach" hinzukommen muss.

Die Heilsnotwendigkeit der Mitgliedschaft in der RKK wurde in verschiedenen Dogmen schon fr�h zum Ausdruck gebracht. Bereits um 250 n. Chr. pr�gte der Kirchenvater Cyprian den Satz: "Salus extra ecclesiam non est (au�erhalb der Kirche kein Heil" (De ecclesiae catholicae unitate). Er wurde immer wieder in Verlautbarungen des r�mischen Stuhls aufgegriffen, so etwa bei der IV. Kirchenversammlung im Lateran im Jahre 1215: "Es gibt nur eine allgemeine Kirche der Gl�ubigen. Ausser ihr wird keiner gerettet." Dieser Heilsanspruch wird mit der Dogmatisierung der Transsubstantiations-Lehre im Zusammenhang mit dem eucharistischen Opfergedanken verkn�pft:

"In ihr (der heilsvermittelnden Kirche) ist Jesus Christus Priester und Opfer zugleich. Sein Leib und Blut ist im Sakrament des Altars unter den Gestalten von Brot und Wein wahrhaft enthalten, nachdem durch Gottes Macht das Brot in den Leib und der Wein in das Blut wesensverwandelt sind" (Neuner-Roos Nr. 375).

In Verlautbarungen des 1. und 2. Vatikanischen Konzils wurde der Exklusivit�tsanspruch der KK, Heilsmittlerin zu sein, zwar grunds�tzlich beibehalten, aber in seiner Anwendung doch etwas modifiziert. Die Zugeh�rigkeit "dem Herzen nach" erlangte hier wesentliche Bedeutung. So heisst es im ersten Entwurf der Konstitution �ber die Kirche Christi des 1. Vatikanums aus dem Jahre 1870:

"Au�erhalb der Kirche kann niemand gerettet werden. Freilich sind nicht alle, die in un�berwindlicher Unwissenheit �ber Christus und seine Kirche leben, schon aufgrund dieser Unwissenheit ewig zu verdammen. Denn vor den Augen des Herrn trifft sie keine Schuld, der will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. Er schenkt auch jedem seine Gnade, der sich nach Kr�ften m�ht, so dass er die Rechtfertigung und das ewige Leben erreichen kann. Diese Gnade erh�lt aber keiner, der von der Einheit des Glaubens oder von der Gemeinschaft der Kirche aus eigener Schuld getrennt ist und so aus diesem Leben scheidet. Wer nicht in dieser Arche ist, wird in der Sintflut umkommen" (Neuner-Roos Nr. 369).

Das 2. Vatikanische Konzil hat die Beurteilung derer, die sich au�erhalb der "Arche" der RKK befinden, detailliert gestaltet. Darauf gehe ich im n�chsten Abschnitt ein.

3. Die Kirche wird definiert als die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche.

a. Die Kirche ist eine einzige .

In Anlehnung an Eph 4,3-6 wird im Katechismus die Einheit der Kirche folgenderma�en begr�ndet:

"Sie hat nur einen Herrn, bekennt nur einen Glauben, geht aus einer einzigen Taufe hervor, bildet nur einen Leib, wird von einem einzigen Geist beseelt auf eine einzige Hoffnung hin; ist diese einmal erf�llt, dann werden alle Trennungen �berwunden sein" (Kirchenverst�ndnis der R�misch-Katholischen Kirche Nr. 866).

Die Einheit der Kirche ist zun�chst eine innere, unsichtbare Gr��e, bestehend aus all jenen, die zu Jesus Christus als dem Haupt des Leibes geh�ren. Sie ist aber auch eine sichtbare Gr��e, die ihre Zusammenfassung im Amt des Nachfolgers Petri als dem sichtbaren Haupt der Kirche auf Erden findet. Die Kirchen, die von dieser sichtbaren Einheit noch getrennt sind, streben doch mehr oder weniger auf das Ziel der katholischen Einheit hin. In ihnen finden sich in unterschiedlichem Masse Elemente der Wahrheit, w�hrend die RKK die F�lle der Wahrheit und des Heils verk�rpert. Das 2. Vatikanische Konzil definiert:

"Die einzige Kirche Christi, die wir im Glaubensbekenntnis als die eine, heilige, katholische und apostolische bekennen ... in dieser Welt als Gesellschaft verfasst und geordnet, ist verwirklicht in der KK, die vom Nachfolger Petri und den Bisch�fen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird. Das schlie�t nicht aus, dass au�erhalb ihres Gef�ges vielf�ltige Elemente der Heiligung und der Wahrheit zu finden sind, die als der Kirche Christi eigene Gaben auf die katholische Einheit hindr�ngen" ("Lumen Gentium" 8; s. Neuner-Roos Nr. 411).

Das 2. Vatikanische Konzil unterscheidet drei Stufen der Zugeh�rigkeit oder des Hindr�ngens zur KK:

"Zu dieser katholischen Einheit des Gottesvolkes ... sind alle Menschen berufen. Auf verschiedene Weise geh�ren ihr zu oder sind ihr zugeordnet die katholischen Gl�ubigen, die anderen an Christus Glaubenden und schlie�lich alle Menschen �berhaupt, die durch die Gnade Gottes zum Heile berufen sind" ("Lumen Gentium" 13; s. Neuner-Roos Nr. 416).

Die katholischen Christen sind "der Gemeinschaft der Kirche voll eingegliedert". Mit den anderen Christen,

"die als Getaufte mit dem christlichen Namen geziert sind, den vollst�ndigen Glauben aber nicht bekennen oder die Gemeinschaft unter dem Nachfolger des Petrus nicht wahren, weiss sich die Kirche aus mehreren Gr�nden verbunden".

Viele von diesen halten z.B.

"die Schrift als Glaubens- und Lebensnorm in Ehren, zeigen einen aufrichtigen religi�sen Eifer, glauben in Liebe an Gott".

Sie "empfangen das Zeichen der Taufe" und zum Teil sogar andere Sakramente, wie etwa die orthodoxe Kirche, der

"nur wenig fehlt, um zu der F�lle zu gelangen, die zu einer gemeinsamen Feier der Eucharistie des Herrn berechtigt".

Die nicht-katholischen Kirchen stehen somit

"in einer gewissen, wenn auch nicht vollkommenen Gemeinschaft mit der KK" ("Lumen gentium" 14f. und "Unitatis redintegratio" 3.13-18; s. Neuner-Roos Nr. 417f. und Kirchenverst�ndnis der R�misch-Katholischen Kirche Nr. 837f.).

Der Anspruch der RKK geht aber noch weiter. Sie betrachtet sich als "der Ort, an dem die Menschheit ihre Einheit und ihr Heil wiederfinden soll. Sie ist 'die vers�hnte Welt`" (Kirchenverst�ndnis der R�misch-Katholischen Kirche Nr. 845). Deshalb sind auch die Angeh�rigen nichtchristlicher Religionen "auf das Volk Gottes in verschiedener Weise hingeordnet". Am engsten ist das Verh�ltnis zum j�dischen Volk, denn dieses besitzt "die Sohnschaft, die Herrlichkeit, die Bundesordnungen, ihm ist das Gesetz gegeben, der Gottesdienst und die Verhei�ungen, sie haben die V�ter und dem Fleisch nach entstammt ihnen der Christus". Die n�chst-engere Verbindung besteht zu den anderen monotheistischen Religionen. So wird � unter Au�erachtlassung von Stellen wie Apg 16,30f. und 1. Joh 2,22f.! � formuliert:

"Die Heilsabsicht umfasst auch die, welche den Sch�pfer anerkennen, unter ihnen besonders die Muslime, die sich zum Festhalten am Glauben Abrahams bekennen und mit uns den einzigen Gott anbeten, den barmherzigen, der die Menschen am J�ngsten Tag richten wird."

Und schlie�lich wird unter Berufung auf den ersten Glaubensartikel ("Gott der Sch�pfer") von einer "Verbindung der Kirche mit den nichtchristlichen Religionen" �berhaupt gesprochen, die "im gemeinsamen Ursprung und Ziel des Menschengeschlechts" liege. Die Religionen suchen "in Schatten und Bildern" nach Gott. In ihnen findet sich neben "Grenzen und Irrt�mern" doch "Wahres und Gutes". Dieses Wahre und Gute betrachtet die Kirche

"als Vorbereitung f�r die Frohbotschaft und als von dem gegeben ... der jeden Menschen erleuchtet, damit er schlie�lich das Leben habe" ("Lumen gentium" 16; Kirchenverst�ndnis der R�misch-Katholischen Kirche Nr. 839ff.).

Die Verlautbarungen des 2. Vatikanums zum �kumenismus waren teilweise von Karl Rahners 1961 vorgetragener Ansicht �ber die "anonymen Christen" in anderen Religionen beeinflusst und wurden auf dem Konzil heftig diskutiert (vgl. K. Rahner, "Das Christentum und die nichtchristlichen Religionen", 1961, abgedruckt in: Schriften zur Theologie, Bd. V, 1962).

Die Spannung zwischen katholischer Exklusivit�t, christlichem Missionsauftrag und �kumenischer Unversalit�t wird z.B. in folgender zusammenfassender Formulierung aus dem Dekret �ber die Missionst�tigkeit der Kirche "Ad gentes" (1965) deutlich:

"Wenngleich Gott Menschen, die das Evangelium ohne ihre Schuld nicht kennen, auf Wegen, die er weiss, zum Glauben f�hren kann, ohne den es 'unm�glich` ist, ihm 'zu gefallen` (Hebr 11,6), so liegt doch auf der Kirche die Notwendigkeit und zugleich das heilige Recht der Verk�ndigung der Frohbotschaft" ("Ad gentes" 7; Kirchenverst�ndnis der R�misch-Katholischen Kirche Nr. 848).

b. Die Kirche ist heilig .

Sie ist von Christus erw�hlt und ausgesondert als das "heilige Volk Gottes". Sie besitzt die F�lle der sakramentalen Heilsmittel. Sie vertraut auf die F�rsprache der vollendeten Heiligen und besonders der Gottesmutter Maria. Weil in ihrem Schoss S�nder sind, ist sie zugleich heilig und erneuerungsbed�rftig. So wird im Katechismus definiert:

"Die Kirche ist heilig: Der heilige Gott ist ihr Urheber; Christus, ihr Br�utigam, hat sich f�r sie hingegeben, um sie zu heiligen; der Geist der Heiligkeit belebt sie. Zwar geh�ren ihr auch S�nder an, doch ist sie 'die S�ndenlose, die aus S�ndern besteht`. In den Heiligen erstrahlt ihre Heiligkeit; in Maria ist sie schon vollkommen heilig" (Kirchenverst�ndnis der R�misch-Katholischen Kirche Nr. 867).

c. Die Kirche ist katholisch .

"Katholisch" kommt vom griech. "katholikos" = "das Ganze betreffend", "allumfassend". Seit Augustin wird der Begriff im geographischen Sinn ("�ber die ganze Erde verbreitet"), im numerischen Sinn ("zahlenm��ig die gr��te Kirche") und im zeitlich-geschichtlichen Sinn ("was �berall und immer von allen geglaubt worden ist"; vgl. Vinzenz von Lerinum) verwendet. Auch das 2. Vatikanische Konzil und der von ihm gepr�gte Katechismus von 1993 nennen den quantitativen (geographischen, numerischen und geschichtlichen) Aspekt:

"Zum neuen Volk Gottes werden alle Menschen gerufen. Deswegen muss dieses Volk eines und ein einziges bleiben und sich �ber die ganze Welt und durch alle Zeiten hin ausbreiten ... Diese Eigenschaft der Universalit�t, die das Volk Gottes auszeichnet, ist eine Gabe des Herrn selbst, mit deren Hilfe die KK tatkr�ftig und stetig danach strebt, die ganze Menschheit mit all ihren G�tern unter dem Haupt Christus zusammenzufassen in der Einheit seines Geistes" ("Lumen gentium" 13; Kirchenverst�ndnis der R�misch-Katholischen Kirche Nr. 831).

Wichtiger erscheint nun aber der qualitative, geistliche Aspekt des "Katholischen", der folgenderma�en definiert wird: Die Kirche "ist katholisch, weil in ihr Christus zugegen ist. 'Wo Jesus Christus ist, da ist die KK`" (Kirchenverst�ndnis der R�misch-Katholischen Kirche Nr. 830; Zitat im Zitat: Ignatius von Antiochia, Smyrn. 8,2). "Katholisch" wird hier freilich im konfessionellen Sinne ("r�misch-katholisch") verstanden, denn nur die RKK als Ursakrament, als mystischer Leib Christi ist es, welche

"die F�lle der Mittel zum Heil"

besitzt, n�mlich

"das richtige und ganze Glaubensbekenntnis, das vollst�ndige sakramentale Leben und das geweihte Dienstamt in der apostolischen Sukzession" (Kirchenverst�ndnis der R�misch-Katholischen Kirche Nr. 830).

Nach diesem Selbstverst�ndnis der RKK ist es unerl�sslich, dass die anderen Kirchen auf die Einheit mit ihr zustreben, um auch zur F�lle des katholischen Glaubens und Heils zu gelangen.

d. Die Kirche ist apostolisch ,

und zwar in dreifacher Hinsicht. Zum ersten ist sie

"gegr�ndet auf das Fundament der Apostel und Propheten",

also der ersten, von Jesus selbst erw�hlten J�nger (Apostolizit�t des Ursprungs � apostolicitas originis; vgl. Eph 2,20). � Zum zweiten ist ihr aufgetragen, die apostolische Lehre zu bewahren und weiterzugeben, wof�r ihr der Beistand des Heiligen Geistes verhei�en ist (Apostolizit�t der Lehre � apostolicitas doctrinae; vgl. Mt 28,19f.; 1. Tim 1,13f.). � Zum dritten steht sie mit den Uraposteln in einer geistlichen Gemeinschaft, indem von diesen ausgehend in einer ununterbrochenen Kette bis heute ihren Nachfolgern, den Bisch�fen, unter Handauflegung bei der Weihe die F�lle des Heiligen Geistes und damit die Bevollm�chtigung zu ihrem Amt �bertragen wurde (Apostolizit�t der Sukzession � apostolicitas successionis). W�hrend sich f�r die ersten beiden Formen der Apostolizit�t leicht biblische Belege beibringen lassen, f�llt dies bei der Annahme einer apostolischen Sukzession schwer. Neutestamentliche Apostolizit�t setzte in der Regel Augenzeugenschaft des Lebens Jesu voraus und war un�bertragbar (Apg 1,15ff.). Auch der Kirchenverst�ndnis der R�misch-Katholischen Kirche stellt dies fest:

"Im Auftrag der Apostel liegt eine un�bertragbare Aufgabe: erw�hlte Zeugen der Auferstehung des Herrn und Fundamente der Kirche zu sein."

Dann jedoch wird behauptet:

"Gleichzeitig liegt darin aber auch eine �bertragbare Aufgabe."

Begr�ndet wird dies mit dem Sendungsauftrag, der �ber den Tod der Apostel hinaus fortdauert:

"Wie aber das Amt fortdauert, das vom Herrn in einzigartiger Weise Petrus, dem Apostel, gew�hrt wurde und seinen Nachfolgern �bertragen werden sollte, so dauert auch das Amt der Apostel, die Kirche zu weiden, fort, das von der geheiligten Ordnung der Bisch�fe immerw�hrend ausge�bt werden muss."

Darum lehrt die RKK, "dass die Bisch�fe aufgrund g�ttlicher Einsetzung an die Stelle der Apostel nachger�ckt sind, gleichsam als Hirten der Kirche; wer sie h�rt, h�rt Christus, und wer sie verachtet, verachtet Christus und den, der Christus gesandt hat" ("Lumen gentium" 20; Kirchenverst�ndnis der R�misch-Katholischen Kirche Nr. 860ff.).

B. Die Kritik der Reformatoren am katholischen Kirchenverst�ndnis

1. Die Kirche ist ein christliches heiliges Volk. Sie wird konstituiert durch das Wort Gottes in seiner unterschiedlichen Gestalt.

Die klassische reformatorische Definition der Kirche findet sich � von Philipp Melanchthon formuliert � im Augsburger Bekenntnis, Artikel 7: "Item docent, quod una sancta ecclesia perpetuo mansura sit. Est autem ecclesia congregatio sanctorum, in qua evangelium pure docetur et recte administrantur sacramenta " ("Es wird auch gelehret, da� alle Zeit musse ein heilige christliche Kirche sein und bleiben, welche ist die Versammlung aller Glaubigen, bei welchen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakrament lauts des Evangelii gereicht werden").

Hier finden sich alle wesentlichen Elemente der Kirche nach reformatorischem Verst�ndnis: Sie ist heilig. Sie ist christlich. Sie wird alle Zeit bleiben. Sie besteht aus Heiligen � und das hei�t: Gl�ubigen im neutestamentlichen Sinn �, die sich versammeln. Diesen wird das Evangelium rein gepredigt, und die Sakramente werden ihnen evangeliumsgem�� gereicht.

Das Evangelium und die Sakramente sind unterschiedliche Ausgestaltungen des g�ttlichen Wortes. Man kann deshalb zusammengefa�t auch so formulieren: Die Kirche � Luther bevorzugt den Begriff "Gemeinde" � ist eine Versammlung von Menschen, die konstituiert wird durch Gottes Wort. Oder noch k�rzer:

"Ubi est verbum, ibi est ecclesia"
("Wo das Wort ist, da ist die Gemeinde") (WA 39/2, 176).

Begriffe wie "congregatio" ("Versammlung"), "coetus" ("Zusammenkunft") und �hnliches beschreiben die horizontale Dimension: die Zusammenkunft von Menschen, die das Wort aufnehmen m�chten, als Gottes Volk. Das Wort selber stellt die vertikale Dimension dar: Gott spricht sein Wort auf unterschiedliche Weise in die menschliche Versammlung hinein. Beide Dimensionen geh�ren untrennbar zusammen. So f�hrt Martin Luther 1539 in seiner Schrift "Von den Conciliis und Kirchen" aus:

"Gottes Wort kann nicht ohne Gottes Volk sein. Wiederum, Gottes Volk kann nicht ohne Gottes Wort sein. Wer wollte es sonst predigen oder predigen h�ren, wo kein Volk Gottes da w�re? Oder was k�nnte oder wollte Gottes Volk glauben, wo Gottes Wort nicht da w�re?" (Walch 16, 2276).

Betrachten wir zun�chst die horizontale Dimension . Nach Luther ist die Gemeinde das "heilige christliche Volk" :

"Aber Ecclesia soll hei�en das heilige christliche Volk, nicht allein der Apostel Zeit, die nun l�ngst todt sind, sondern bis an der Welt Ende." "Christlich" hei�t: Sie besteht aus Christen. Das Christsein wird definiert durch den rechten Glauben: "Denn wer nicht recht an Christum glaubt, der ist nicht christlich oder ein Christ." "Heilig" hei�t: Ihre Glieder sind vom Heiligen Geist erf�llt und f�r Gott ausgesondert:
"Wer den Heiligen Geist nicht hat wider die S�nde, der ist nicht heilig ... Denn christliche Heiligkeit ... ist die, wenn der Heilige Geist den Leuten Glauben gibt an Christum und sie dadurch heiliget."
Diese Christlichkeit und Heiligkeit kommt nicht zustande durch �u�ere Werke, Gebr�uche oder Gew�nder wie bei den "Papisten", sondern allein durch die Wirkung von Gottes Wort im Herzen des Menschen: "Denn Gottes Wort ist heilig und heiliget alles, was es r�hret, ja es ist Gottes Heiligkeit selbst" (Walch 16, 2270ff.).

Wie kommt nun Gottes Wort � als die vertikale Dimension � zum Menschen, zur Gemeinde? Erstens im fleischgewordenen Wort: Jesus Christus. Zweitens im schriftgewordenen Wort: der Bibel. Drittens im zeichenhaften Wort: den Sakramenten. Luther sagt:

"Wo das Wort ist, da ist auch die Kirche, da ist der Geist, da ist Christus und alles" (Walch 1, 709).

"Das ist allein die Kirche, welche das reine Wort und die reinen Sakramente hat" (Walch 6, 579).

Auch Calvin definiert:

"Denn �berall, wo wir wahrnehmen, da� Gottes Wort lauter gepredigt und geh�rt wird und die Sakramente nach der Einsetzung Christi verwaltet werden, l��t sich auf keinerlei Weise daran zweifeln, da� wir eine Kirche Gottes vor uns haben" (Institutio IV,1,9).

2. Als Gemeinschaft der Glaubenden ist die Kirche unsichtbar und unter ihren Fehlern verborgen. Als Gemeinschaft des Wortes, des Bekenntnisses und der �u�eren Zeichen ist sie sichtbar, allerdings als corpus permixtum (vermischter Leib) aus Gl�ubigen und Heuchlern.

Grundlegend f�r die Auseinandersetzung der Reformatoren mit dem Papsttum ist die Unterscheidung zwischen sichtbarer und unsichtbarer Kirche (ecclesia visibilis et invisibilis). W�hrend die r�misch-katholische Ekklesiologie die unsichtbare Kirche, den mystischen Leib Christi, als "Ursakrament" an die sichtbare Kirche als Mittlerin der Heilsf�lle bindet und den Papst als Stellvertreter Christi auf Erden betrachtet, ist f�r die Reformatoren eine solche Identifizierung unm�glich.

In seiner Schrift "Von dem Papsttum zu Rom" aus dem Jahre 1520 spricht Luther unter Ankn�pfung an Stellen wie Lk 17,20f. und Joh 18,36 von der Kirche als einer "Versammlung im Geist" und betont,

"da� das Reich Gottes ... ist nit zu Rom, auch nit an Rom gebunden, weder hie noch da, sondern wo da inwendig der Glaub ist ... Also da� es erlogen und erstunken ist, und Christo als einem L�gener widerstrebt, wer do sagt, da� die Christenheit zu Rom oder an Rom gebunden sei, viel weniger, da� das H�upt und Gewalt da sei aus g�ttlicher Ordnung ... Die erste Christenheit, die allein ist die wahrhaftige Kirch, mag und kann kein H�upt auf Erden haben, und sie mag von niemand auf Erden, weder Bischof noch Bapst, regiert werden, sondern allein Christus im Himmel ist hie das H�upt und regieret allein ... Wie kann ein Mensch regieren, das er nit wei� noch erkennet? Wer aber kann wissen, welcher wahrhaftig gl�ubt oder nit?" (WA 6, 292ff.).

Die unsichtbare Kirche ist also die Gemeinschaft der Glaubenden , und sie ist deshalb unsichtbar, weil kein Mensch vom anderen wissen kann, ob er wirklich glaubt. Gott allein sieht das Herz an (vgl. 1. Sam 16,7). Und dennoch ist die Kirche auch sichtbar , denn in der sichtbaren wird die unsichtbare Kirche erkennbar, manifest , wobei letztere unter vielen Fehlern und Schw�chen � unter dem "Fleisch" � verborgen ist. Wirklich erkennbar ist sie deshalb nur dem Glauben. Die Kirche, wie Jesus Christus sie gewollt hat, will und kann nicht "ersehen", sie mu� "erglaubt" sein. Deshalb sei es nochmals gesagt: Unter der sichtbaren liegt die unsichtbare Kirche verborgen. In der sichtbaren wird die unsichtbare Kirche manifest.

Luther vergleicht die unsichtbare und sichtbare Kirche oder "Christenheit" mit Seele und Leib des Menschen:

"Die erste, die nat�rlich, grundlich, wesentlich und wahrhaftig ist, wollen wir hei�en ein geistliche innerliche Christenheit. Die andere, die gemacht und �u�erlich ist, wollen wir hei�en ein leibliche "�u�erlich Christenheit. Nit da� wir sie voneinander scheiden wollen, sondern zugleich, als wenn ich von einem Menschen rede und ihn nach der Seelen ein geistlichen, nach dem Leib ein leiblichen Menschen nenne ..." (a.a.O.)

�ber die Verborgenheit der Kirche Christi f�hrt er aus: "Es ist dies St�ck (Ich gl�ube eine heilige christliche Kirche) ebensowohl ein Artikel des Glaubens als die anderen. Darum kann sie keine Vernunft, wenn sie gleich alle Brillen aufsetzt, erkennen, der Teufel kann sie wohl zudecken mit �rgernissen und Rotten, da� du dich m�ssest dran �rgern; so kann Gott sie auch mit Gebrechen und allerlei Mangel verbergen, da� du mu�t dr�ber zum Narren werden und ein falsch Urteil �ber sie fassen" (WA DB 7,418).

W�hrend die wahre Kirche der Glaubenden verborgen und nur f�r den Glauben erkennbar ist, sind f�r die Wahrnehmung der sichtbaren Kirche gewisse Kennzeichen vorhanden. Luther hat in verschiedenen Schriften eine unterschiedliche Zahl solcher Kennzeichen der Kirche (notae ecclesiae) genannt. Sie lassen sich verstehen als unterschiedliche Ausgestaltungen des g�ttlichen Wortes.

Die wichtigsten und immer wieder betonten Kennzeichen sind die Verk�ndigung des Evangeliums sowie die Sakramente Taufe und Abendmahl . Dabei besitzt die Verk�ndigung des in der Bibel bezeugten Wortes absolute Priorit�t:

"Ein Zeichen ist n�tig, und wir habens auch, n�mlich die Taufe, das Brot, und am ersten von allem das Euangelion: diese drei sind der Christen Wahrzeichen, Marken und Kennzeichen (symbola, tesserae et caracteres) ... Wo du aber siehest, da� das Euangelion nicht sei (als wir sehen bei der Synagoge der Papisten und Thomisten), da sollst du nicht zweifeln, da� nicht Kirche sei, wenn sie gleich taufen und essen vom Altar ..., sondern sollst wissen, da� allda Babylon sei ... Denn das Euangelion ist vor dem Brote und der Taufe das einzige, das allergewisseste und das vornehmlichste Wahrzeichen der Kirche, dieweil sie durchs Euangelion allein wird empfangen, gebildet, gen�hrt, geboren, erzogen, geweidet, gekleidet, geziert, gest�rkt, gewappnet, erhalten. Kurz, das ganze Leben und Wesen der Kirche steht im Worte Gottes" (WA 7, 720ff.).

In seiner Schrift "Von den Conciliis und Kirchen" hat Luther die Dreizahl zu einer Siebenzahl ausgeweitet. Als notae ecclesiae nennt er jetzt: Wort Gottes, Taufe, Abendmahl, das Amt der Schl�ssel (Beichte und Absolution), kirchliche �mter, Gebet, Kreuz (Leidensnachfolge Christi) . Als weiteres Erkennungszeichen klingt der neue Wandel der Christen, die Frucht der Heiligung an, doch relativiert er dieses als nicht eindeutiges Zeichen gegen�ber den anderen:

"Wiewohl aber solch Zeichen nicht so gewi� angesehen mag werden, als die droben, weil auch etliche Heiden sich in solchen Werken ge�bt ..." (Walch 16, 2291).

Allerdings sind auch die anderen Zeichen � au�er dem reinen Wort Gottes � durch die r�misch-katholische Kirche pervertiert oder durch weitere � abergl�ubische � Sakramentalien erg�nzt worden, welche die wahre Heilswirksamkeit der echten Zeichen verdeckten: "Da nun der Teufel sahe, da� Gott eine solche heilige Kirche bauete, feierte er nicht und bauete seine Capelle dabei, gr��er denn Gottes Kirche ist ... Er sahe, da� Gott �u�erliche Dinge nahm, als Taufe, Wort, Sakrament, Schl�ssel usw., dadurch er seine Kirche heiligte ... nahm er auch �u�erliche Dinge vor sich, die sollten auch heiligen ... Also hat er durch die P�pste und Papisten lassen weihen oder heiligen Wasser, Salz, Kerzen, Kr�uter, Glocken, Bilder, Agnus Dei, Pallia, Altar, Caseln, Platten, Finger, H�nde; wer will�s alles erz�hlen?" (Walch 16, 2292).

Ein wichtiges Kennzeichen der wahren Kirche ist schlie�lich das richtige Bekenntnis . Gemeint ist bei Luther zun�chst das Petrusbekenntnis ("Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes"; Mt 16,16), sp�ter � vor allem bei Melanchthon und Calvin � zunehmend die Bekenntnisse der Reformation. So f�hrt Luther aus: "Die Kirche ist der Haufe oder die Versammlung, die mit Petro bekennen, da� Jesus der Christ und des lebendigen Gottes Sohn sei" (Walch 13, 1179). "Die christliche Kirche ist weder an Ort, Zeit, Person noch anderes gebunden, sondern allein an das Bekenntnis von Christo" (Walch 13, 1176). "Es ist nur eine einige Kirche oder Gottes Volk auf Erden, die da einerlei Glauben, Taufe und Bekenntni� hat, und bei solchem eintr�chtiglich bleibt und h�lt" (Walch 12, 898). Philipp Melanchthon zitiert in der Apologie zur Confessio Augustana (Apol. CA 7,22) aus dem Jahre 1531 Nikolaus von Lyra: "Darum stehet die Kirche auf denjenigen, in welchen ist ein recht Erkenntnis Christi, ein rechte Confession und Bekenntnis des Glaubens und der Wahrheit."

Zur Zeit des �lteren Melanchthon und Calvins hatte sich zunehmend ein verfa�tes evangelisches Kirchentum herausgebildet. Demzufolge gewann der Gedanke der sichtbaren Kirche und der sie konstituierenden Zeichen wachsende Bedeutung. Deutlich l��t sich verfolgen, wie das Gewicht der sichtbaren Kirche gegen�ber der unsichtbaren in den verschiedenen Schriften Melanchthons � von der Apologie der Confessio Augustana (1531) bis zur letzten Fassung der "Loci communes" (1559) � st�ndig zunimmt. Ulrich K�hn hat diese Entwicklung bei Melanchthon anhand mehrerer Zitate aus den verschiedenen Schaffensepochen aufgezeigt (U. K�hn, Kirche, G�tersloh, 2. Aufl. 1990, S. 39ff.).

So hat Melanchthon in den "Loci communes" von 1559 schlie�lich die Kirche als "coetus vocatorum" , als Zusammenkunft der sichtbar durch Gottes Wort Gerufenen, bezeichnet � in deutlicher Abgrenzung von fr�heren pr�destinatianischen Bezeichnungen wie "coetus electorum" ("Zusammenkunft der Erw�hlten"), die sich rein auf die unsichtbare Kirche bezogen:

"Jedesmal, wenn wir an die Kirche denken, sollen wir schauen auf die Versammlung der Berufenen (coetum vocatorum), welche ist die sichtbare Kirche, und sollen nicht davon tr�umen, da� irgendwelche Erw�hlten anderswo seien au�er in eben dieser sichtbaren Versammlung. Denn Gott will anders nicht angerufen noch erkannt werden, denn wie er sich offenbart hat, und er hat sich nicht anderswo offenbart au�er in der sichtbaren Kirche, in der allein die Stimme des Evangeliums erschallt. Und wir sollen nicht erdichten eine andere unsichtbare und stumme Kirche von Menschen, die doch in diesem Leben leben, sondern die Augen und der Sinn sollen schauen auf die Versammlung der Berufenen, d. i. derer, die das Evangelium Gottes bekennen ... Aber dies sei die Definition: die sichtbare Kirche ist die Versammlung derer, die das Evangelium von Jesus Christus annehmen und die Sakramente recht brauchen, in welcher Versammlung Gott durch den Dienst am Evangelium (ministerium evangelii) wirksam ist und viele zum ewigen Leben wiedergebiert, jedoch viele sind, die nicht wiedergeboren sind, aber die wahre Lehre eintr�chtig halten" (CR 21, 825ff.).

Auch bei Calvin besitzt der Gedanke der sichtbaren Kirche wesentliche Bedeutung, wenn auch nicht in der starken Einseitigkeit wie beim sp�ten Melanchthon. Calvin h�lt durchaus an der unsichtbaren Kirche der Erw�hlten fest. So l��t er etwa im Catechismus Genevensis von 1545 auf die Frage "Was ist die Kirche?" den Sch�ler antworten:

"Die Gesamtheit und Gemeinschaft (Corpus et societas) der Gl�ubigen, die Gott zum ewigen Leben pr�destiniert hat ... Es gibt freilich auch eine sichtbare Kirche Gottes, welche er uns durch bestimmte Merkmale und Kennzeichen (indiciis notisque) kenntlich gemacht hat. Aber hier wird im eigentlichen Sinn (proprie) von der Versammlung (congregatione) derer gesprochen, welche er durch seine heimliche Erw�hlung zum Heile angenommen hat. Die aber wird weder allgemein mit den Augen gesehen noch durch Zeichen unterschieden" (Cat. Gen. 3; zit. nach: E. Hirsch, Hilfsbuch zum Studium der Dogmatik, Berlin, 4. Aufl. 1964, S. 210f.).

Dennoch legt Calvin vor allem in der letzten Fassung seiner "Institutio" im Jahre 1559 den Schwerpunkt eindeutig auf die Beschreibung der sichtbaren Kirche mit ihren Kennzeichen, ihren �mtern, ihren Bekenntnissen, ihrer Gesetzgebung und ihrer Kirchenzucht. Calvins Bem�hungen um die Begr�ndung eines sichtbaren Kirchenwesens in Stra�burg und Genf finden hier ihre dogmatische Verdichtung. Seine Vorbildung als Jurist d�rfte bei der starken Betonung der rechtlichen Seite der Kirche sowie ihrer Verzahnung mit der Gesellschaft nicht unbedeutend gewesen sein.

Alle Reformatoren bezeichnen die sichtbare Kirche als "corpus permixtum" (vermischten Leib) aus wahrhaft Gl�ubigen und Heuchlern (vgl. z.B. CA 8), aber sie ziehen daraus unterschiedliche Konsequenzen. W�hrend Luther den Akzent auf die Selbstwirksamkeit des Wortes Gottes legt, das die Heiligung bewirkt, spielt bei Melanchthon und vollends bei Calvin der Erziehungsgedanke eine zentrale Rolle. "Der Erziehungsgedanke mit dem Ziel der Heiligung der Christen und der Vollkommenheit ihrer Gemeinschaft ist grundlegend f�r Calvins Kirchenverst�ndnis" (U. K�hn, a.a.O., S. 60). Aus dem Erziehungsgedanken erkl�rt sich auch der gro�e Raum, den die Kirchenzucht in Calvins "Insitutio" einnimmt, ohne allerdings zu einer eigenen nota ecclesiae zu werden (das ist erst in sp�teren reformierten Bekenntnissen der Fall).

Dennoch sind weder Luther noch Melanchthon noch Calvin der Ansicht, da� die Vollkommenheit auf Erden je erreicht werden k�nne � in Abgrenzung gegen manche Schw�rmer, die donatistische und perfektionistische Vorstellungen vertraten. Die Folge der christlichen Erziehung ist ein neuer Lebenswandel im Gehorsam gegen Gottes Wort � trotz aller verbleibenden M�ngel und Schw�chen.

So vergleicht Melanchthon die Kirche mit einer "Versammlung �hnlich einer Schulklasse (scholastico coetui)" und nennt als dritte nota ecclesiae neben Wort und Sakrament den

"Gehorsam, der dem Dienst am g�ttlichen Wort ... geschuldet" wird (CR 21, 835; 23, 37f.).

Und Calvin definiert:

"Danach sollen wir die Menschen als Glieder der Kirche erkennen, die durch das Bekenntnis des Glaubens, durch das Beispiel ihres Lebens und durch die Teilnahme an den Sakramenten mit uns den gleichen Gott und Christus bekennen" (Institutio IV,1,8).

C. Das Verst�ndnis von "Gemeinde" nach dem Neuen Testament

1. Die christliche Gemeinde ist die Gemeinde Jesu Christi. Er ist das Fundament seiner Gemeinde.

In Mt 16,18 spricht Jesus Christus zum Apostel Petrus: "Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen." Diese Stelle wird gern zur Begr�ndung des Papstprimats herangezogen. Dabei sollte allerdings nicht �bersehen werden, da� es hier zun�chst einmal um den Christusprimat geht: Christus will seine Gemeinde bauen. Die Gemeinde ist die Gemeinde Jesu Christi. Sie geh�rt ihm und niemandem sonst. Alle Funktionen, die Menschen in dieser Gemeinde wahrnehmen, sind nur ableitbar aus der Vollmacht und Beauftragung durch Jesus Christus.

Dies wird auch deutlich aus dem Wort des Apostels Paulus: "Einen anderen Grund (themelios) kann niemand legen au�er dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus" (1. Kor 3,11). Jesus Christus selber ist das Fundament seiner Gemeinde. Die Gemeinde wird mit einem Haus verglichen, das auf dem Fundament Jesus Christus errichtet wird. Ein anderes Fundament ist nicht tragf�hig.

In seinem Buch "Bilder der Gemeinde" (Kassel 1964) listet Paul S. Minear 96 biblische Bilder und Bildbegriffe auf, die das Wesen der Gemeinde und ihrer Glieder beschreiben. Sie sind folgenden Bereichen entnommen: Sch�pfung, Landwirtschaft, Fischerei, K�che, Bauwesen, Familienleben, Heiratsbrauchtum, Kultus, Gerichtswesen und verschiedene Begebenheiten. Die meisten Bilder betonen dabei die Verbundenheit zwischen Christus bzw. Gott und seiner Gemeinde. Als Beispiele seien genannt: die Gemeinde als Gottes Ackerfeld (1. Kor 3,9), Gottes Bau (1. Kor 3,9), Christi Braut (Offb 21,9; 22.17), Gottes Volk (Tit 2,14; 1. Petr 2,9; Offb 21,3; 24,26); Gottes Tempel (1. Kor 3,17; 6,19; 2. Kor 6,16; Eph 2,21); Gottes Stadt (Offb 3,12; 21,2), neue Sch�pfung (Kol 3,9�11; 2. Kor 5,17), Christi Leib (R�m 12,5; 1. Kor 12,27; Eph 1,23; 4,12; Kol 1,24; 2,19), Christi Haus (1. Petr 2,5), Christi Priesterschaft (1. Petr 2,9f.). Im folgenden greife ich drei wichtige Bilder heraus.

a. Die christliche Gemeinde ist das Volk Gottes .

Dieses Bild mit seinen zahlreichen verwandten Bildern (Tempel, Stadt Gottes, Priesterschaft, auserw�hltes Geschlecht, zw�lf St�mme u.a.) bringt die historische Verbindung mit dem Alten Bund, mit Israel zum Ausdruck. W�hrend beim Sinai-Ereignis (Ex 19) noch das ganze Israel als Gottes Volk betrachtet wurde, ging diese Bezeichnung sp�ter auf den Rest �ber, der Gott treu geblieben war (Jes 1,9; 10,22). Dieser Restgedanke wiederum fand seine Erf�llung in der neutestamentlichen Gemeinde, die als "das auserw�hlte Geschlecht", "die k�nigliche Priesterschaft" durch die Begnadigung in Christus das neue Volk Gottes darstellt: "Ihr aber seid das auserw�hlte Geschlecht, die k�nigliche Priesterschaft, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, da� ihr verk�ndigen sollt die Wohltaten dessen, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht; die ihr einst ,nicht ein Volk� wart, nun aber ,Gottes Volk� seid, und einst nicht in Gnaden wart, nun aber in Gnaden seid" (1. Petr 2,9f.). Der Unterschied zwischen der christlichen Gemeinde und dem alten Bundesvolk Israel liegt z.B. in folgenden Punkten: Israels Berufung ist irdisch, die Berufung der Gemeinde ist himmlisch (Phil 3,20); Israel betet Gott im Tempel an, die Gemeinde betet zu ihm im Geist (Lev 17,8f.; Joh 4,24); Israel erwartet seine Wiederherstellung im verhei�enen Land, die Gemeinde wird beim Herrn sein allezeit (Dtn 30,4f.; 1. Thess 4,17). Zwischen Israel und der Gemeinde besteht jedoch auch eine Kontinuit�t, weil viele Juden an Jesus als den Messias glauben und die Gemeinde sowohl aus bekehrten Juden als auch aus bekehrten Heiden besteht (Eph 2,11ff.).

b. Die Gemeinde ist die Braut Christi .

Immer wieder wird die Beziehung zwischen Christus und seiner Gemeinde mit einer Verlobung oder Ehe verglichen. Die Ehe ist das Geheimnis, bei dem "die zwei ein Fleisch werden" (Gen 2,24), das Symbol innigster Verbundenheit. So wird Christus als der Br�utigam bezeichnet, der die Seinen zum Hochzeitsmahl l�dt (Mt 9,15; Offb 19,17), der die Jungfrauen erwartet, die das �l f�r ihre Lampen bereithalten (Mt 25,1), der wiederkommen wird, um die Gemeinde, das himmlische Jerusalem "wie eine geschm�ckte Braut" zu empfangen (Offb 21,2). Der Apostel Paulus schreibt an die Korinther:

"Ich eifere um euch mit g�ttlichem Eifer; denn ich habe euch verlobt mit einem einzigen Mann, damit ich Christus eine reine Jungfrau zuf�hrte" (2. Kor 11,2).

Diese reine Jungfrau ist die Gemeinde, die � im Blut des Lammes gewaschen � einst ohne Flecken und Runzeln ihrem Herrn entgegengehen darf (Offb 7,14; Eph 5,27).

c. Die Gemeinde ist der Leib Christi .

Dieses Bild stellt die h�chste Steigerung im Blick auf die Einheit zwischen Christus und der Gemeinde dar. Christus ist das Haupt, die Gemeinde die Gesamtheit seiner Glieder. Beides geh�rt untrennbar zusammen. Christus will nicht ohne die Gemeinde existieren. Die Gemeinde kann nicht ohne Christus existieren. Der Leib Christi ist der gekreuzigte Leib. Als ein solcher hat die Gemeinde an Christi Leiden Anteil (Joh 15,18ff.). Der Leib Christi ist ein reiner Leib. Als ein solcher sollen sich auch die Glieder der Gemeinde reinhalten und etwa die Unzucht fliehen (1. Kor 6,13ff.). Der Leib Christi ist ein herrlicher Leib. Als ein solcher wird auch die Gemeinde an Christi Herrlichkeit Anteil bekommen (1. Kor 15,42ff.).

2. Zur Gemeinde geh�rt, wer zu Jesus Christus umgekehrt und durch den Heiligen Geist wiedergeboren ist zum neuen Leben in Gott.

Aus dem Neuen Testament geht deutlich hervor, da� zur Gemeinde im eigentlichen Sinn nur solche Menschen gez�hlt wurden, die zu Jesus Christus geh�rten. Der Apostel Paulus etwa hat seine Gemeindebriefe wie folgt adressiert:

"an alle Geliebten Gottes (agapetois theou) und berufenen Heiligen (kletois hagiois) zu Rom" (R�m 1,7);

"der Gemeinde Gottes zu Korinth, den Geheiligten in Christus Jesus, den berufenen Heiligen samt allen denen, die den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen an jedem Ort" (1. Kor 1,2);

"den Heiligen und Gl�ubigen (hagiois kai pistois) an Christus Jesus" (Eph 1,1);

"allen Heiligen in Christus Jesus zu Philippi" (Phil 1,1);

"den Heiligen zu Koloss� und den gl�ubigen Br�dern (pistois adelphois) in Christus" (Kol 1,2);

"der Gemeinde in Thessalonich in Gott, dem Vater, und dem Herrn Jesus Christus" (1. Thess 1,1).

"Heilig" (hebr. kadosch; griech. hagios) im biblischen Sinne bedeutet: "zu Gott geh�rig", "f�r Gott ausgesondert". Heilig wird man durch das S�hneopfer Jesu Christi am Kreuz und die Annahme dieses Opfers im Glauben (pistis). Wer das S�hneopfer Jesu Christi im Glauben annimmt und sich ganz auf die Seite seines Erl�sers rufen l��t, vollzieht einen Herrschaftswechsel. Er tritt aus dem Reich Satans, der S�nde und des Todes heraus und wird eingegliedert in das Reich Jesu Christi, der Gerechtigkeit und des ewigen Lebens. Diesen Herrschaftswechsel bezeichnet die Bibel mit "Umkehr" (hebr. schub, griech. metanoia). Heilig sind also alle, die an Jesus Christus glauben und durch sein Opfer am Kreuz erl�st sind � und nicht etwa eine besondere "Elite", die von Menschen "heiliggesprochen" wird.

Als die Volksmenge beim Pfingstereignis die Apostel nach der geisterf�llten Predigt des Petrus fragte:

"Was sollen wir tun?",

da antwortete ihnen Petrus:

"Tut Bu�e (metanoesate)! Und ein jeglicher lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer S�nden, dann werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen ... Lasset euch erretten aus diesem verkehrten Geschlecht!" (Apg 2,38.40).

Durch die Abkehr vom alten Leben, die Umkehr zu Jesus Christus und die Taufe auf seinen Namen werden Menschen der Gemeinde eingegliedert. Wer zu Jesus geh�rt, hat seinen Geist empfangen. Und dieser Geist hat ihn wiedergeboren zu einem neuen Leben:

"Es sei denn, da� jemand von neuen geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen" (Joh 3,3).

"Als ihr gl�ubig wurdet, seid ihr versiegelt worden mit dem Heiligen Geist" (Eph 1,13).

"Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder" (R�m 8,14).

Man beachte besonders Eph 1,13: Der Heilige Geist wird in dem Moment verliehen, wenn jemand gl�ubig wird!

3. Ungl�ubige haben Zugang zur Gemeinde, geh�ren aber nicht im eigentlichen Sinn zu ihr.

Schon in neutestamentlicher Zeit stellt die Gemeinde ein corpus permixtum (vermischter Leib) dar. Die reine Gemeinde hat es nie gegeben. Der 1. Johannesbrief spricht von Menschen, die "von uns ausgegangen sind, aber nicht von uns waren". Sie werden als "Widerchristen" bezeichnet (1. Joh 2,18f.; vgl. auch Gal 2,4; Jud 4 u.a.). In 1. Kor 14,24 ist von "Ungl�ubigen oder Unkundigen" die Rede, die in die Versammlungen hineinkommen konnten und die unbekannten Ph�nomene (Sprachenrede) in Korinth nicht verstanden.

Die neutestamentliche Gemeinde ist somit nicht streng in sich geschlossen. Das w�re auch gar nicht m�glich, denn

"der Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an" (1. Sam 16,7).

Trotzdem sind die Gemeindeglieder zumindest formell daran erkennbar, da� sie sich zu Jesus Christus als ihrem Herrn bekennen und sich auf seinen Namen haben taufen lassen. Taufe und Glaube geh�ren zusammen. Der Glaube wird im Bekenntnis und in der Nachfolge � in Wort und Tat � verb�rgt.

"Wenn man von Herzen glaubt, dann wird man gerecht; und wenn man mit dem Munde bekennt, dann wird man gerettet" (R�m 10,10).

4. Die Gemeinde und ihr Gottesdienst werden konstituiert durch Lehre, Gemeinschaft, Brotbrechen und Gebet.

In Apg 2,42 sind die unverzichtbaren Grundelemente des Gemeinde- und gottesdienstlichen Lebens genannt:

"Sie blieben aber best�ndig in der Lehre der Apostel (didache ton apostolon) und in der Gemeinschaft (koinonia) und im Brotbrechen (klasis tou artou) und im Gebet (proseuche)."

a. Die Lehre der Apostel

ist die Botschaft vom Heil durch Jesus Christus, von Jesus als dem Heiland. Ohne sie gibt es keine Gemeinde, die sich christlich nennen kann. W�rde diese Lehre fehlen, dann w�re die Gemeinde eine Vereinigung wie jede andere, aber nicht die (aus der Welt) "Herausgerufene", die der Welt etwas zu bringen hat, was diese sich selber nicht geben kann: Rettung von den S�nden und ewiges Leben.

b. Gemeinschaft

ist ein ebenso unverzichtbares Element der christlichen Gemeinde. Denn die Gemeinde ist ein Organismus aus mehreren Gliedern mit Christus als Haupt. In diesem Organismus soll ein Glied dem anderen dienen (1. Kor 12). Ein freiwillig gew�hltes "Einzelchristsein" kann zwar auch noch in der Gemeinschaft mit Christus als dem Haupt stehen, aber ohne die anderen Glieder wird es sehr schnell zum Torso und stirbt ab. Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf hat daher den Satz gepr�gt:

"Ich statuiere kein Christentum ohne Gemeinschaft."

c. Das Brotbrechen

geh�rt zur Gemeinde als sinnenf�lliges Zeichen, als Erinnerung daran und Vergegenw�rtigung dessen, was Jesus Christus am Kreuz f�r uns getan hat: Dort lie� er sich zur S�hne f�r unsere Schuld "zerbrechen" und t�ten. Dies ist das Zentrum des Heilsgeschehens und die Grundlage der Gemeinde als Christi Leib. Das Brotbrechen wird auch als "Herrenmahl" oder � in Ankn�pfung an das letzte Passah Jesu Christi mit seinen J�ngern am Gr�ndonnerstagabend � als "Abendmahl" bezeichnet. Brot und Wein vergegenw�rtigen also f�r den Glaubenden den Leib und das Blut Jesu Christi und damit das Opfer des Herrn am Kreuz auf Golgatha. Dankbar empf�ngt der Gl�ubige diese Elemente im Gedenken daran, da� auf Golgatha seine S�nden in den Tod gegeben wurden. Nirgends in der Bibel jedoch findet sich ein Hinweis, da� auf dem Altar ein erneutes Opfer durchgef�hrt w�rde oder Brot und Wein ihr substantielles Wesen ver�ndern, wie es die R�misch-Katholische Kirche lehrt. Das Opfer Jesu am Kreuz war einmalig (vgl. Hebr 9f.).

d. Das Gebet

ist der Lebensfaden der Gemeinde, an dem alles h�ngt: das Lob und die Verherrlichung Gottes, der Dank, die Bitte und F�rbitte. Ohne Gebet bewegt sich nichts im Reich Gottes und in der christlichen Gemeinde. Das Gebet definiert die Gemeinde als v�llig von Gott abh�ngigen Organismus. Christliches Gebet erfolgt "in Jesu Namen" und richtet sich an Gott den Vater oder auch an Jesus, Gottes Sohn, nirgends in der Bibel jedoch an den Heiligen Geist. Jesus Christus spricht:

"Was ihr (sc. den Vater ) bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun, damit der Vater verherrlicht werde im Sohn. Was ihr mich bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun" (Joh 14,13f.).

Der Heilige Geist hingegen vertritt uns � gerade auch beim Gebet �

"mit unaussprechlichem Seufzen" (R�m 8,26).

Lothar Gassmann


Index

Etliche Texte sind auch in gedruckter Form erschienen in verschiedenen Handb�chern (je 144-200 Seiten, je 9,80 Euro):

1. Kleines Sekten-Handbuch
2. Kleines Kirchen-Handbuch
3. Kleines �kumene-Handbuch
4. Kleines Endzeit-Handbuch
5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
10. Kleines Theologie-Handbuch

Weitere Handb�cher (�ber Theologie, Esoterik, u.a.) sind geplant. Informationen bei www.l-gassmann.de