Richard Foster
und das immerwährende Gebet

Klick auf den Kompass öffnet den IndexEs war das Jahr 1987 im lieblichen Chikaldara, Zentralindien. Neben mir saß Mohan Doss, damaliger Leiter von OTI, dem Jüngerschulungsprogramm der Indischen Evangelikalen Mission (IEM). Er erzählte mir, wie er Richard Fosters Bestseller "Celebration of Discipline" ("Nachfolge feiern") zu lesen begann. Das erste Kapitel hatte ihn sehr beeindruckt, wo Foster die Größe und Allmacht Gottes schilderte. Beim zweiten Kapitel sagte er wörtlich: "I had the shock of my life. It was pure Hinduism". "Ich hatte den Schock meines Lebens. Es war reiner Hinduismus.

" Wer ist nun dieser Mann mit diesen besonderen Meditationstechniken? Richard Foster lebt in Englewood, Colorado und ist Begründer der einflussreichen Renovaré-Bewegung, um die Methoden der Bild-Meditation und Visualisierung in Form einer neuen Spiritualität in der Christenheit zu verbreiten. Ein erklärtes Ziel ist die Rückführung und Neubelebung der mystischen Anfänge der katholischen Kirche.

Dave Hunt schreibt dazu:

Viele haben sich seiner "Renovaré-Bewegung" angeschlossen, die den fernöstlichen Mystizismus in der Kirche zu neuem Leben erwecken soll.
("Okkulte Invasion", S. 248)

Foster hat sich sogar erkühnt, zusammen mit anderen, eine eigene Bibel, die sogenannte "Spiritual Formation Bible" herauszugeben, die sich nicht an dem gängigen Kanon ausrichtet, sondern auch die apokryphen Bücher enthält. Das 1. Buch Mose ist für ihn ein Sammelwerk von Volksmärchen und Mythen. Der besondere Schwerpunkt dieser Bibel liegt auf "geistlichen Disziplinen", mit denen, den jeweiligen Bibelstellen entsprechend, eine "geistige Formung" erreicht werden soll. Foster ist besonders als Autor des Millionenbestsellers "Nachfolge feiern" bekannt geworden. Er empfiehlt darin u.a. die Methode der Visualisierung. Beispielsweise soll man sich vorstellen, wie man seinen Leib verlässt und immer tiefer in den Weltraum verschwindet, bis man schließlich nur noch in der warmen Gegenwart des ewigen Schöpfers verweilt.

Gestatte in deiner Phantasie deinem geistlichen Leib, der mit Licht erfüllt ist, sich aus deinem physischen Körper zu erheben. Schaue zurück, so dass du dich selbst im Gras liegen siehst und versichere deinem Körper, dass du gleich zurückkehren wirst. Stelle dir vor, wie dein geistliches Selbst, vibrierend mit Leben, sich über die Wolken und bis in die Stratosphäre erhebt. Beobachte wie dein physischer Körper, der Hügel und der Wald sich verkleinern während du die Erde verlässt. Gehe tiefer und tiefer in den äußeren Weltraum bis es nichts mehr gibt, außer der warmen Gegenwart des Schöpfers. Verweile in seiner Gegenwart. Höre still, erwarte das Unerwartete. Registriere sorgfältig jede gegebene Anleitung. Mit der Zeit und durch Erfahrung wirst du imstande sein, leicht zwischen bloß menschlichen Gedanken, die zum bewussten Geist aufsteigen, und dem wahren Geist zu unterscheiden, der sich innerlich über das Herz bewegt.
("Celebration of Discipline", Hodder & Stoughton, 1988, S. 27-28)

Hier hat man u.a. das Phänomen der Exkursion der Seele, eine Technik, die man besonders im Schamanismus, Hinduismus und Spiritismus kennt. Inzwischen ist sie auch bei uns im Zuge der okkulten New-Age-Erweckung, die den Westen überrollt, immer mehr verbreitet. Diese Form der astralen Projektion benutzen Schamanen, um mit ihren Kontrollgeistern in Verbindung zu kommen.

Richard Foster gehört zu den vielen Bewunderern von Agnes Sanford. Er schreibt:

Agnes Sanford und mein lieber Freund, Pfarrer Bill Vaswig, haben mir sehr geholfen, die Bedeutung der Phantasie für die Fürbitte besser zu verstehen.
(ibid., S. 36)

Diese Frau, eine der einflussreichsten christlichen Schriftstellerinnen Amerikas, war allerdings ein Medium der Geisterwelt. Sie ist die Schlüsselgestalt für die Techniken der sogenannten "Inneren Heilung" und Heilungsdienste im charismatischen aber auch, jedenfalls zum Teil, im evangelikalen Lager. Ihr Buch Heilendes Licht nannte John Wimber den Klassiker zu dem Thema Heilung schlechthin. Dave Hunt meint, die Methode des "Inner Healing" sei eine Hauptquelle eines Großteils des Okkultismus in der charismatischen Bewegung. Agnes Sanford berichtet nun in ihrer Autobiographie, wie sie einmal in China in einen Buddhatempel ging. Ihre Eltern waren amerikanische Chinamissionare. Aus Trotz, gerade auch weil ihre Eltern vor diesen Götzen warnten, betete sie wie die chinesischen Buddhisten diese Statue an.

Ein Gedanke kam mir – Was, wenn diese Götzen doch auch Kraft hätten? ... Ich faltete meine Hände zusammen, beugte mich vor dem gelassen ruhenden vergoldeten Götzen, der mir ganz offensichtlich keine Aufmerksamkeit schenkte, und murmelte ‚O-meto-fu‘, wie es die Mönche taten. Nichts geschah. Oder doch? Denn allmählich kam in mir eine andere Stimme hoch, die mich verhöhnte, verachtete und verspottete. Ich habe mir über diesen inneren Dialog wenig Gedanken gemacht.
("Sealed Orders", Logos International, 1972, S. 14)

In ihrem Bestseller "Heilendes Licht", findet sich nun folgende Schilderung, wo Agnes Sanford die Verbindung mit Verstorbenen als einen Zustrom geistlicher Kraft beschreibt:

Auch seine Engel und geistlichen Boten wirken durch uns, und es ist uns vielleicht oft gegeben, ihrer Mithilfe und Unterstützung gewahr zu werden. Auch die "Geister der vollendeten Gerechten", für die wir vielleicht gebetet haben, als sie noch auf Erden waren, sind Gegenwart (Hebr. 12) und wirken durch uns, denn die Brücken, die von Geist zu Geist gebaut wurden, dauern über den Abgrund des Todes hinüber ... In der Bitte um sein Kommen und in der Mitarbeit der anderen "Heiligen" erleben wir einen Machtzustrom. Viele von uns empfinden ihn als einen wirklichen Strom voller Leben, der ins Innerste des Körpers dringt und durch das Rückgrat aufwärts steigt. Er ist so kräftig, daß wir gezwungen sind, uns ganz gerade zu halten und ganz leicht und ruhig zu atmen. Für eine kleine Weile können wir vielleicht auch nicht sprechen . . . Diese Fülle muß weitergegeben werden.
(»Heilendes Licht«, Oekumenischer Verlag Dr. R. F. Edel, 1978, Seite 150-151)

Und besonders hat sie diese "Fülle" offensichtlich an Richard Foster weitergegeben. Richard Foster erklärt: Lade Gott ein, in die Tiefe deines inneren Geistes (mind) zu fließen und die Sorgen der Vergangenheit zu heilen. Stell dir die Heilung bildlich vor. Danke Ihm dafür. Von diesem Gebetsdienst schreibt Agnes Sanford. ("Celebration of Discipline", S. 136) In diesem Buch "Nachfolge feiern" finden sich auch sehr ansprechende Passagen, doch tragisch ist wiederum die Naivität gegenüber Strömungen und Gestalten, die die Gemeinde Gottes zerstörten und verfolgten. So empfiehlt Foster die Exerzitien des Gründers des Jesuitenordens, Ignatius von Loyola, und versteigt sich sogar zu der Behauptung:

Sein (Ignatius’ Anm.) dünnes Büchlein über Meditationsübungen mit seiner Betonung der Phantasie (imagination) hatte einen unglaublich positiven Einfluß zum Guten im 16. Jahrhundert.
(ibid., S. 23)

In diesem Jahrhundert aber begann dank Ignatius von Loyola die Gegenreformation, in deren Verlauf Abertausende Nachfolger Christi getötet wurden.

Loyolas Exerzitien gelten als eine Art Standardwerk zum Thema Visualisierungen. Was bedeutet nun Visualisierung? Dave Hunt nennt sie die wirksamste Okkult-Technik. Wieso?

Der Anthropologe Michael Harner, selbst praktizierender Schamane, ist eine der weltweit führenden Autoritäten in Sachen Schamanismus. Eine Anzahl der grundlegenden Elemente, die nach Harners Angaben seit Tausenden von Jahren den Schamanismus ausmachen, sind in den Kirchen weit verbreitet: Visualisierung, Hypnose, Positives Denken und fernöstliche Meditationstechniken. ... Schamanismus gründete sich in jedem historischen Kulturkreis auf den Glauben, dass man durch im Geist fixierte Gedanken, durch Wortwiederholungen und durch in der Vorstellungskraft erzeugte Bilder Einfluss auf die Geisterwelt nehmen könne. Die moderne Anwendung dieser antiken schamanischen Überzeugungen findet sich in der "Kraft positiven Denkens", "positivem Sprechen" und der Visualisierung. ... Tatsächlich ist Visualisierung als die wirksamste Okkulttechnik bekannt und wird von den meisten Schamanen als Methode zur Kontaktaufnahme mit Geistführern benutzt.
(Dave Hunt, "Okkulte Invasion",
CLV, 1999, S. 50, 113 und 475)

In der in frommen Kreisen praktizierten Visualisierung wird der Jesus des Wortes durch einen "Jesus" des Bildes bzw. der Vorstellung ersetzt. Es beinhaltet die Überzeugung, dass man durch eine bildliche Vorstellung von Jesus seiner göttlichen Kräfte teilhaftig wird. Während der Glaube ausdrücklich als das Gegenteil von Schauen definiert ist (2. Kor. 5,7; Hebr. 11,1), begibt man sich hier in die Welt der sinnlichen Wahrnehmung. Jedoch der Versuch, die Wirklichkeit durch gedankliche Kraft oder visualisierte Bilder zu verändern, ist das Wesen der Magie.

Der im Glauben wandelnde Christ dagegen wird nicht durch eigene Vorstellungen versuchen, seine Situation zu ändern, sondern vielmehr durch das gläubige Gebet und den inneren Hilferuf zu dem lebendigen Gott, von dem er sich abhängig weiß, auf göttliches Eingreifen von außen hoffen. Er erwartet also eine Veränderung seiner Umstände nicht aus sich heraus, z.B. durch positives Denken, sondern von dem Schöpfer selbst. Man werfe nur einen Blick in das "Gebetsbuch" der Christen, den Psalter. Zwei Drittel dieser Psalmen sind Hilferufe. Gott kann dann tatsächlich durch sein Handeln die Situation ändern. Das war der Glaube und das Vertrauen der Psalmschreiber und -beter.

Bei Richard Foster jedoch begegnet man Gott durch eine Visualisierungsmethode irgendwo tief im Universum, obwohl die Bibel ausdrücklich sagt, dass der wahre Gott in einem unzugänglichen Licht wohnt (1. Tim. 6,16).

Foster ist davon überzeugt, durch solche Visualisierungen dem wahren Christus zu begegnen.

Folglich können Sie dem lebendigen Christus in diesem Ereignis begegnen, von seiner Stimme angesprochen und durch seine heilende Kraft berührt werden.
("Celebration of Discipline", S. 26)

Es geht hier also keineswegs um Phantasie und Vorstellung, sondern um reale unsichtbare Personen (Geister), mit denen man kommuniziert. Weiter empfiehlt Foster:

Wir müssen einfach davon überzeugt werden, wie wichtig es ist, mit Bildern Erfahrungen zu machen und in Bildern zu denken. ... In seiner Autobiographie beschreibt C.G. Jung, wie schwierig es für ihn war, sich selbst zu demütigen und noch einmal die kindischen Phantasiewelten erneut durchzuspielen und deren Wert zu erkennen. ... Ignatius von Loyola in seinen "Geistlichen Exerzitien" hat ständig seine Leser ermutigt, die Evangeliumsgeschichten zu visualisieren.
("Celebration of Discipline", 1988, S. 22)

Diese Art "Kronzeugen" sind einigermaßen entlarvend. C. G. Jung war Spiritist von Kindesbeinen an und sein Kontrollgeist Philemon war für ihn so real wie ein Wesen aus Fleisch und Blut. Der andere, Loyola, war eine der verhängnisvollsten Gestalten der Kirchengeschichte überhaupt. Er war voller Christus- und Marienvisionen, nannte sich am liebsten Anti-Luther und hatte verblüffend ähnliche Inspirationsphänomene wie Friedrich Nietzsche. Es handelt sich hier eigentlich um ungeschminkte Lehren der Dämonen (1. Tim. 4,1).

Stellungnahme zu Fosters Gebetsempfehlung in der EINS

Während ich noch meine Ausarbeitung zum Thema Hörendes Gebet bzw. Prophetisches Beten (ideaSpektrum 6/07) überarbeitete und verschickte, kam die neueste Ausgabe der Allianzzeitschrift EINS (1/2007). Zentrales Thema ist das Gebet. Was finde ich u.a. für einen Artikel? Das immerwährende Gebet von Richard Foster (EINS, S. 13-14).

Ich muss hier bekennen, dass ich wirklich schockiert und erschrocken war, denn in diesem Beitrag werden im Prinzip genau die Techniken empfohlen, die ich in besagter Stellungnahme versuchte zu analysieren. Vorgeschlagen wird ein Programm in vier Stufen, um solch einen "permanenten Zustand" zu erreichen. Er empfiehlt das "Atemgebet", ähnlich wie Wilhard Becker. In der alten Kirchengeschichte kannte man die Praxis des "Atemgebets". ... So entstand die Idee eines ganz kurzen Gebetes, das man ständig wiederholen kann und in dem man auf den Lippen trägt, was im Herzen ist; etwa das bekannte "Jesusgebet":

"Jesus Christus, Sohn Gottes, hab Erbarmen über mich als Sünder!" Man beginnt dieses Gebet zu beten, immer und immer wieder, bis es ganz tief in den Körper eingedrungen ist.
(EINS, S. 13)

Dies erinnert an die Methoden der Transzendentalen Meditation, wo man eine Silbe ständig wiederholen soll, um sein Unterbewusstsein für göttliche (kosmische) Kräfte zu öffnen. Hier wird der Name Jesus bzw. das Jesusgebet wie ein Mantra eingesetzt. Es besteht die Gefahr der Erreichung eines passiven Zustandes und damit die Öffnung für verführerische Mächte (1 Petr. 5,8), die auch tatsächlich körperlich wahrgenommen werden können. Wer meint, durch Atemtechniken Gott näher zu kommen, befindet sich im Weltbild des New Age. In seinem Bestseller empfiehlt Richard Foster, sich seines Atmens bewusst zu werden:

"Herr, ich atme die Angst wegen meiner Geometrieprüfung aus, ich atme deinen Frieden ein. Ich atme meine geistliche Trägheit aus, ich atme dein Licht und Leben ein".
("Celebration of Discipline", S. 25)

Praktisch jeder New-Ager wird bestätigen können, wie ihm solche Methoden sehr bekannt vorkommen, auch wenn es nicht immer Christus ist, der in diesen Kreisen "ein- und ausgeatmet" wird. Gott wird zu einer kosmischen Kraft, die mit Atemtechniken verinnerlicht wird. Das aber sind typisch hinduistische Praktiken.

Dann wird das Gebet in eine zweite Stufe übergehen. Dabei ist es so, dass wir ein Gebet sprechen, das ins Unbewusste geht. Wir merken gar nicht, dass wir es gesagt haben. (EINS, S. 14)

Abgesehen davon, dass dies genau der Ermahnung Jesu widerspricht, "nicht zu plappern wie die Heiden" (Matth. 6,7), also gedankenlos oder wie in Trance zu beten, möchte ich hier am liebsten Watchman Nee zitieren, der gerade wegen der Gefahr der Passivität erklärte: Der Christ muß ganz klar verstehen, daß alle seine Äußerungen das Resultat seines eigenen Denkens sein müssen. Jedes Wort, das den Denkprozeß umgeht, ist von bösen Geistern formuliert worden. ("Der geistliche Christ", Schwengeler-Verlag. 1976, S. 43) Das biblische Gebet ist immer aktiv: Ringet, bittet, suchet, widerstehet, und mehrmals spricht Paulus von einem Gebetskampf (z.B. Röm. 15,30). Die wiederholte Ermahnung zur Wachsamkeit ist das genaue Gegenteil solcher Vorschläge eines "immerwährenden Gebets".

Und dann, nach einer gewissen Zeit, begeben wir uns auf die dritte Stufe des unablässigen Gebets: wenn das Gebet ganz tief in unser Herz vordringt. Wir lassen es in unser Herz fallen und stehen in der Gegenwart Gottes.
(EINS, Seite 14)

Dies aber ist Mystik pur, die angebliche Begegnung mit "Gott" im Urgrund unseres Seins. Der Schreiber des Hebräerbriefs erklärt, wie wir durch das Blut Jesu die Freiheit zum Eingang in die Gegenwart Gottes haben (Hebr. 10,19). Gott ist nicht mehr der, vor dem Paulus seine Knie beugt (Eph. 3,14), sondern jemand, der in uns selber durch Vorstellung oder gedankliche Kraft aktiviert bzw. durch Visualisierung lebendig wird. Abgesehen davon, sind solche "Stufengänge" typisch für buddhistische Meditationsübungen. Es erinnert an die Warnung Jeremias:

Ich sandte die Propheten nicht, und doch laufen sie; ich redete nicht zu ihnen, und doch weissagen sie. ... Ich höre es wohl, was die Propheten reden, die Lüge weissagen in meinem Namen und sprechen: Mir hat geträumt, mir hat geträumt. Wann wollen doch die Propheten aufhören, die Lüge weissagen und ihres Herzens Trug weissagen. (Kap. 23, Verse 21 u. 25-26)

Der Gott, dem wir begegnen und den wir anbeten sollen, ist als allmächtiger Herrscher auf dem Thron der Gnade (Hebr. 4,16), zu dem wir Zugang haben im Glauben und nicht in mystischer Trance- oder Atemtechnik, wo wir angeblich tief in unserem Herzen auf Gott stoßen. Hier hat man das menschliche Herz mit dem Thron Gottes verwechselt. Diese Unio Mystica aber ist das Werk verführerischer Geister. Paulus musste schon in seinem Schreiben an die Korinther klagen:

Denn wenn einer zu euch kommt und einen andern Jesus predigt, den wir nicht gepredigt haben, oder ihr einen andern Geist empfangt, den ihr nicht empfangen habt, ... so ertragt ihr das recht gern! (2. Kor. 11,3-4)

Man muss dies leider so deutlich sagen.

Die Mystik aber ist immer konfessionsübergreifend und kennt so gut wie keine Abgrenzungen gegenüber der katholischen, der orthodoxen Kirche oder sogar extrem charismatischen Strömungen. Sie hat auf ihre Fahne groß die Einheit geschrieben und zitiert Johannes 17,21 zur Zeit und Unzeit. Der Todfeind der Mystik aber ist die Lehre, gerade auch, weil manche Phänomene und Betonungen dieser neuen Wellen mit Gottes Wort inkompatibel sind. Die neue Spiritualität hat keine Probleme mit Ikonen, Jesus- und Heiligenbildern und sieht darin Schätze der Kirchengeschichte, die es neu zu heben und zu beleben gilt. Sie propagiert Phantasiereisen und einen Jesus der Sinne, der mit allen Empfindungen wahrgenommen werden soll.

So empfiehlt z.B. Reinhard Deichgräber im selben EINS-Magazin:

Ich versuche meinen Text wachsam und mit allen Sinnen wahrzunehmen: Ich lausche dem Klang ihrer Worte; sehe die Geschichte vor mir wie die Bilder eines Films. Ich vergegenwärtige mir die einzelnen Szenen, spüre, fühle, schmekke, rieche.
(EINS, S. 9)

Wenn dies hier auch so ungeschminkt gesagt wird, möchte ich nochmals betonen, dass zwischen persönlichen und theologischen Fehlern zu unterscheiden ist. Die hier erwähnten Leute sind sicherlich ebenso sympathisch wie freundlich und haben gewiss nur die besten Absichten für das Volk Gottes, und der Verfasser dieser Zeilen ist keineswegs besser als sie. Wir sollen nicht richten, doch die Geister sollen wir prüfen, und das ist nur möglich anhand des ungebrochenen Maßstabs der Heiligen Schrift.

Der letzte Satz in diesem Artikel von Richard Foster lautet:

Wenn wir erleben und erfahren, dass Gott genau da ist, wo wir jetzt sind, dann lernen wir, ihm für die Zukunft zu vertrauen und sein Gebet ganz in unserem Inneren zu verankern.
(EINS, S. 14)

In der Bibel ist es genau umgekehrt. Der Anker unserer Seele ist nicht in uns, sondern in Gottes Allerheiligstem, bei Gott selbst (Hebr. 6,18-19; 9,3). Nicht zufällig wird auf Seite 14 eine junge Frau in einer Gebetshaltung abgebildet, wie sie typisch ist für Yogis, New-Ager, Anhänger der Transzendentalen Meditation usw. Man sitzt in passiver Erwartungshaltung, meint sich im Gebet mit Gott zu befinden, und öffnet sich tatsächlich den kosmischen Kräften. Gott ist nicht mehr das Gegenüber, von dem ich abhängig bin, sondern derjenige, der mich jetzt durchströmt, nicht aufgrund von Buße, also veränderter Herzenshaltung, sondern infolge bestimmter Atemtechniken. Dies führt genau zu diesem veränderten Bewusstseinszustand, wie er in der neuen Spiritualität propagiert wird.

Ähnlich ist die Anleitung einzustufen:

Wie kann man das Atemgebet einüben? ... Und dann stellt man sich still vor Gott, liest einen kurzen Bibeltext – und erlaubt Gott dann, einen beim Namen zu rufen. Und vielleicht die folgende Frage zu stellen: "Was möchtest du?", "Was brauchst du?" (EINS, S. 14)

Man muss sich bei diesen Ausführungen fragen, welches Gottesbild Richard Foster vertritt. Seit wann können wir Gott gestatten uns zu rufen und noch dazu vorschreiben, welche Fragen er uns stellen will? In der Bibel ist es genau umgekehrt.

Außerdem, wenn etwas in diesem Sinne eingeübt werden kann, dann ist es eine Technik, dann habe ich eine Methode. Damit aber wird der Heilige Geist verfügbar und wir befinden uns auf einmal in einem magischen Weltbild, wo Gott weniger an ein personales Du, sondern mehr an eine universale Kraft erinnert, die man wie eine kosmische Batterie anzapfen kann. Gott aber gibt seinen Geist bekanntlich denen, die ihm gehorchen (Apg. 5,32).

Hier aber wird Gott nach einer bestimmten Methode "gestattet", Fragen zu stellen und einen beim Namen zu rufen. Dies sind Konzepte, die vielmehr mit New Age und Esoterik zu tun haben, denn mit dem Gott der Bibel. Es passt diese Spiritualität und dieser "Jesus" allerdings gut in eine Zeit, in der Harry Potter-Bücher oder "Das Sakrileg" Megabestseller sind und diese Generation über Computer und Internet in eine virtuelle Welt der elektronischen Bilder eintauchen kann. Doch die Bibel wird für sie immer mehr zu einem toten Buchstaben und hat immer weniger Autorität.

Jeder Esoteriker sehnt sich danach, göttlich durchströmt und von diesen Energien erfasst und mit ihnen eins zu werden. Er wird freudig Atemtechniken, Mantras, Methoden der Versenkung oder der Erreichung eines passiven Zustandes und Ähnliches anwenden. Nur mit dem Kreuz kann er nichts anfangen und er wird es zu umgehen versuchen. Der Gedanke, dass eine unendlich große Schuld uns von dem wahren Gott trennt, ist dem heutigen Menschen zuwider. Gerade deswegen schrieb Paulus an eine Gemeinde, die in einer Zeit und einem Volk lebte, in der Mysterienreligionen boomten:

Denn ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, den Gekreuzigten. (1. Kor. 2,2)

Fazit:

Richard Foster ist ein christlich getarnter Esoteriker, der über seine Renovaré-Bewegung weltweiten Einfluss gewonnen hat. Besonders auch die Zeitschrift und Redaktion Aufatmen sieht sich dem geistlichen Erbe dieses Mannes verbunden. Wörtlich heißt es:

Auch die von Foster gegründete Renovaré- Bewegung trägt dazu bei. Ausdruck der neuen Betonung der persönlichen Gottesbeziehung war 1996 auch die Gründung (Herv. v. A. Seibel) der Zeitschrift AUFATMEN, die sich dieser Thematik besonders verpflichtet weiß. Selbst in dieser Kolumne wird zugegeben, wie sich diese Spiritualität nicht nur aus eindeutig christlichen Quellen speist – eine Entwicklung, die mit Chancen und Risiken verbunden ist.
(Aufatmen, 4/2005, S. 15)

Schon in der ersten Nummer ist ein Gebet beim Kaffeetrinken von Foster abgedruckt. Darin wird die Wärme der Kaffeetasse in seinen Händen für ihn die Wahrnehmung, die ihn tröstet und mit ihm darüber spricht, wie warm die Liebe Jesu sein muss (Aufatmen, Nr. 1/1996, S. 52). Es hat sich meines Erachtens ein Paradigmenwechsel ereignet. Man mag noch so oft betonen, die Allianz habe sich nicht geändert, doch die Tatsache, dass so ein Artikel wie Das immerwährende Gebet, wohl nicht zuletzt durch den Einfluss von Aufatmen, in der offiziellen Allianzzeitschrift erscheinen konnte, zeigt, wie man sich immer mehr einer ökumenischcharismatischen Einheitsmystik annähert und der Sauerteig der Irrlehren bis in die höchsten Ränge vorgedrungen ist, bzw. geduldet wird.

Man muss sich leider mit der Begebenheit vertraut machen, dass in der Hauptveröffentlichung der Evangelischen Allianz eine Gebetstechnik empfohlen wird, die den ahnungslosen Christen nicht für vermehrten Segen Gottes, sondern für die Geisterwelt öffnet. Man sollte wirklich in gewissen Fragen großzügig sein und auch andere Überzeugungen stehen lassen. Kann man aber hier noch neutral bleiben und mit Betonung auf Liebe und Einheit zur Duldung verschiedener Frömmigkeitsstile aufrufen? Wird nicht gerade die Liebe versuchen, hier noch zu warnen?

Alexander Seibel, Februar 2007


Index

Etliche Texte sind auch in gedruckter Form erschienen in verschiedenen Handbüchern (je 144-200 Seiten, je 9,80 Euro):

1. Kleines Sekten-Handbuch
2. Kleines Kirchen-Handbuch
3. Kleines Ökumene-Handbuch
4. Kleines Endzeit-Handbuch
5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
10. Kleines Theologie-Handbuch

Weitere Handbücher (über Theologie, Esoterik, u.a.) sind geplant. Informationen bei www.l-gassmann.de