Die biblische �berlieferung berichtet in 1. Mose 6,5-8,22 von einem gewaltigen g�ttlichen Flutgericht, der Sintflut, einer �berschwemmung, durch die die gesamte Erdoberfl�che verw�stet wurde. Ihrer Beschreibung wird auffallend viel Raum gewidmet; die zahlreichen, geradezu protokollarisch anmutenden Zeitangaben �ber den Verlauf der Flut machen neben vielem anderen deutlich, dass hier �ber ein reales Geschehen berichtet wird.
Der Sintflutbericht umfasst einen erheblichen Teil der biblischen Urgeschichte (1. Mose 1,1-11,27). Die Urgeschichte ist von der mit den V�tern Israels beginnenden Heilsgeschichte (ab 1. Mose 11,28) abgegrenzt, weil Gott in ihr (noch) mit der ganzen Menschheit handelt, und wegen der noch andersartigen Lebens- und Umweltbedingungen. Auch wenn 1. Mose 1-11 die von allen sp�teren Zeiten abgegrenzte, andersartige Urgeschichte ist, wird dennoch wirkliche Geschichte berichtet; sie ist keineswegs eine Folge unhistorischer, mythologischer Erz�hlungen (diese bibelkritische Sicht ist nach M�ller (4) leider "Gemeingut der alttestamentlichen Wissenschaft geworden"). F�r die Realit�t der biblischen Urgeschichte spricht insbesondere auch, dass viele ihrer Themen (wenn auch in ver�nderter Gestalt, die die Gottesferne des Menschen widerspiegeln) von zahlreichen V�lkern weltweit m�ndlich (z.T. auch schriftlich) �berliefert wurden (vgl. u.a. Westermann, 24-89).
Die Herkunftsorte der Sintflutwasser (40 Tage lang von oben: "Fenster des Himmels" und 150 Tage lang von unten: "Quellen der gro�en Tiefe") konnten bisher nicht zweifelsfrei rekonstruiert werden. Gem�� der Schilderung muss es sich um au�ergew�hnliche Wasserreservoire gehandelt haben, sozusagen um einen "Ozean unter der Erde" und einen "Himmelsozean" (Seebass, 215), die jeden Vergleich mit heutigen Verh�ltnissen sprengen. Durch die Sintflut kamen alle Menschen sowie die land- und luftlebenden Tiere um; nur in Noahs Arche gab es Rettung (zu ihrer Gr��e und Schwimmf�higkeit vgl. Gitt). Die Sintflut dauerte etwa ein Jahr (gemessen am Ein- und Ausstiegstag). �ber den geographischen Umfang der Sintflut bestehen zwar unterschiedliche Auffassungen; der Bibeltext beschreibt aber offenkundig eine weltweite Flut, da viele Details sonst unverst�ndlich w�ren: Der Bau der Arche zur Rettung der Tiere und Menschen; die Betonung, dass "alles Fleisch" umkam; das Versprechen, nie wieder eine Flut mit derartigem Ausma� zu verh�ngen u.a. So bedeutet 7,20: "Kein Lebewesen konnte sich auf den h�chsten Bergen retten". Nicht zuf�llig wirkt der Sintflutbericht "wie ein biologisches Ereignis der Species Mensch, wie eine Umweltkatastrophe der Erdgeschichte" (Seebass, 216. 47).
Die in der historisch-kritischen alttestamentlichen Theologie vielfach �bliche Aufteilung des Sintflutberichts in zwei Quellen ist nicht zwingend (dagegen z.B. Wacker), ebenso wenig die Datierung (der aufgeteilten Textteile) in sp�tere Zeiten (K�nigszeit Israels bzw. babylonische Gefangenschaft).
Theologisch bedeutsam sind vor allem Bez�ge zum NT: Jesus vergleicht die Zeit vor seiner Wiederkunft mit der Zeit vor der Sintflut (Mt 24,37-39). Er behandelt den Sintflutbericht ebenso wie die anderen "geschichtlichen Erz�hlungen des Alten Testaments wie historische Aufzeichnungen von Fakten" (Wenham, 27). Petrus zieht eine Parallele zwischen dem einstigen globalen Wassergericht und dem zuk�nftigen weltweiten Feuergericht (2 Pt 3,3-7); die Rettung durch die Sintflut dient als Sinnbild f�r die Rettung durch Jesus Christus und die Taufe (1 Pt 3,20f.). Diese Zusammenh�nge machen ebenfalls deutlich, dass die biblischen Autoren von einer realen und globalen Sintflut ausgehen.
Naturwissenschaftlich stellt sich die Frage nach "Spuren der Sintflut". In den geologischen Schichten sind unz�hlige umgekommene Lebewesen als Fossilien �berliefert. Die Fossilien sind jedoch nicht regellos in der Schichtenfolge abgelagert, sondern in einer weltweit �hnlichen Ordnung. So finden sich beispielsweise in tieferen Schichten nur Wasserorganismen; erst in h�heren Lagen sind auch Landlebewesen �berliefert, deren verschiedene Gruppen ebenfalls zeitlich gestaffelt im Fossilbericht auftreten (z. B. Reptilien fr�her als S�ugetiere). Vor allem aber ist die feingestaffelte Ordnung der Leitfossilien �bereinander als Problem zu nennen. Es hat sich als schwierig erwiesen, die viele Kilometer m�chtigen Ablagerungsgesteine mit der geordneten Fossilienabfolge mit dem einen Jahr der biblischen Sintflut zu korrelieren. Eher d�rfte es m�glich sein, viele Ablagerungsgesteinsfolgen in die Zeit vor bzw. nach der Flut zu stellen, die nach den Abstammungsfolgen der Urgeschichte (1. Mose 5 und 11) eine Gr��enordnung von Jahrhunderten bis Jahrtausenden umfasste. Die der Hl. Schrift verpflichtete biblisch-urgeschichtliche Geologie stellt sich dieser schwierigen Aufgabe (vgl. Stephan & Fritzsche). Wichtig ist also, dass eine an der biblischen Urgeschichte orientierte Geologie nicht nur Bezug auf die Sintflut nimmt, sondern auch die Zeit davor (jedoch erst nach dem S�ndenfall) und auch danach (bis vor die Zeit Abrahams) einbezieht.
Immerhin l�sst sich an vielen geologischen Aspekten zeigen, dass die Vorg�nge in der Erdvergangenheit viel schneller, als �blicherweise im Rahmen der Schulgeologie (herk�mmliche Historische Geologie) angenommen wird, abgelaufen sein k�nnen oder gar m�ssen (vgl. z.B. Herzog; Herzog & Zimmermann; Egli-Arm; Stephan). Der mittlerweile wieder von vielen Geologen anerkannte Katastrophismus in den Geowissenschaften hat gezeigt, dass es in der Erdgeschichte �berregionale und sogar globale erdgeschichtliche Katastrophen gegeben hat, wenn auch ein konkreter Bezug solcher Katastrophen zur Sintflut beim derzeitigen Kenntnisstand nicht ohne weiteres hergestellt werden kann.
Es darf auch folgendes nicht au�er acht gelassen werden:
Da das Sintflutgeschehen zur biblischen Urgeschichte mit ihrer Andersartigkeit geh�rt (s.o.), k�nnte es sein, dass es sich als besonderes g�ttliches Gerichtshandeln m�glicherweise teilweise oder vollst�ndig der Erforschbarkeit entzieht.
Sintflutberichte und Regenbogensagen finden sich ebenso wie auch Turmbauerz�hlungen weltweit bei zahlreichen V�lkern und St�mmen in allen Erdteilen als gemeinsame Erinnerung der von Babel aus verstreuten V�lker (vgl. Hartmann; ferner z.B. Westermann, 536-546).
S. auch: Evolution.
Lit.: F. Egli-Arm: Durch neue Untersuchungen best�tigt: Granit-Plutone entstehen schnell. Stud. Int. J., 8 (2001), 63-72; W. Gitt: Das sonderbarste Schiff der Weltgeschichte. Fundamentum (2000), Sonderdruck, 4-49; F. Hartmann: Der Turmbau zu Babel. Holzgerlingen 2002 (Anhang mit Sintflutsagen); T. Herzog: Die Reliktlandschaften des Colorado Plateaus und Grand Canons, Teil1. Stud. Int. J., 8 (2001), 3-9; T. Herzog & A. Zimmermann: Die Reliktlandschaften des Colorado Plateaus und Grand Canons, Teil 2. Stud. Int. J., 8 (2001), 56-62; H.-P. M�ller: Mythos-Anpassung-Wahrheit. Vom Recht mythischer Rede und deren Aufhebung. ZThK 80 (1983), 1-25; H. Seebass: Genesis I. Urgeschichte (1,1-11,26). Neukirchen 1996; M. Stephan: Zur Bildungsdauer des Nusplinger Plattenkalks, Teil 1. Stud. Int. J., 9 (2002), 28-37; M. Stephan & T. Fritzsche: Sintflut und Geologie. Schritte zu einer biblisch urgeschichtlichen Geologie. Holzgerlingen 2000; M. Wacker: Die Einheitlichkeit der Sintfluterz�hlung. Jahrb. Evangelik. Theol. 5 (1991), 7-36; J. Wenham: Jesus und die Bibel. Holzgerlingen 2000; C. Westermann: Genesis 1-11. Biblischer Kommentar, AT I/1. Neukirchen 1974; J. C. Whitcomb & H. M. Morris: Die Sintflut. Neuhausen 1977 (amerik. Originalausgabe 1961; die geologischen Aspekte sind inzwischen z.T. �berholt).
Reinhard Junker / Hartmut Stephan
Etliche Texte sind auch in gedruckter Form erschienen in verschiedenen Handb�chern (je 144-200 Seiten, je 9,80 Euro):
1. Kleines Sekten-Handbuch
2. Kleines Kirchen-Handbuch
3. Kleines �kumene-Handbuch
4. Kleines Endzeit-Handbuch
5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
10. Kleines Theologie-Handbuch
Weitere Handb�cher (�ber Theologie, Esoterik, u.a.) sind geplant. Informationen bei www.l-gassmann.de