Der Begriff Akupunktur ist gegen Ende des 17. Jahrhunderts von Europäern aus den lateinischen Worten acus (die Nadel) und pungere (stechen) gebildet worden.
China- Reisende der damaligen Zeit beschrieben damit ihre Beobachtungen, wie chinesische Ärzte ihre Patienten behandelten, indem sie ihnen eine oder mehrere Nadeln in den Körper einstachen. Akupunktur ist ein Teil von zhenjiu, einer Therapie, die sich seit etwas 2200 Jahren methodisch entwickelt hat. zhenjiu heißt auf deutsch "Nadeln und Moxen”. Die Aku-Moxi-Therapie bildet als die so genannte äußere Therapie die Ergänzung und das Gegenstück zur Verabreichung von rezeptierter Arznei, der so genannten inneren Therapie. Das besagt, dass man durch die Aku-Moxi-Therapie von außen, über Reizpunkte, die an der Körperoberfläche liegen, energetisch auf bestimmte Funktionskreise einwirkt, durch Verabreichung von Arznei hingegen vom Körperinneren her.
Die Akupunktur zielt damit auf die Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen Yin und Yang. Hierfür ist das freie Fließen von Qi, der Lebensenergie, wichtig. Denn eine Störung von Qi führt nach Ansicht der >Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) zur Krankheit. Die traditionelle chinesische Medizin ist ein Teil der großen philosophischen Richtungen Taoismus und Konfuzianismus. Beide Philosophien definieren den Zustand von Glück als die absolute Harmonie zwischen Mensch und Natur. Dieses Gleichgewicht erreicht man durch eine entsprechende Lebensweise. Gesund ist ein Mensch dann, wenn sich alle seine Energien in Harmonie und im Gleichgewicht befinden.
Neben der klassischen Nadelung an den dafür vorgesehenen Akupunktur-Punkten wird das Grundprinzip der TCM auch angewandt bei :
Religiös-weltanschauliche Grundlagen der Akupunktur sind: Lebensenergie Qi, die Polarität von Yin / Yang und der Glaube an übersinnliche Energiebahnen (Meridiane). Siehe hierzu ausführlich unter Alternativmedizin. Hinzu kommt die Lehre von den Akupunkten. Die Akupunktur-Punkte werden in den verschiedenen klassischen Werken auch Qi-Punkte (qixue) oder Löcher (kongxue) genannt.
Stefan Kappstein meint dazu,
"dass die alten Chinesen, die auf die Punkte aufmerksam geworden sind, in ihnen Löcher erblickten, durch die die Energie aus dem Kosmos in die Organfelder des Menschen einströmen und durch die der Organismus verbrauchte Energie abstoßen kann.”
An diesen Stellen sollen die Zang- und Fu Organe sowie die Leitbahnen mit Qi und Blut versorgt werden. Sie reagieren auf jegliche Art physiologischer Reize oder pathologischer Veränderungen in den Organen. Durch entsprechende Stimulationen (Akupunktur, Moxibustion, Massage, Elektro-Akupunktur, Injektion usw.) kann in ihnen der Fluss von Qi gefördert oder gehemmt werden. 361 reguläre Akupunktur-Punkte liegen auf den 12 Hauptmeridianen, dem du- und dem ren-Meridian. Jeder dieser Akupunktur-Punkte hat einen eigenen an Landschaftsbezeichnungen angelehnten Namen.
Der chinesische Arzt muss auf seiner Suche nach der Krankheitsursache feststellen, wo und wie das gegenseitige Gleichgewicht von yin und yang gestört ist und welche Auswirkungen das auf den Gesamtorganismus bzw. auf die verschiedenen Organgruppen hat. Ständig wirkt in irgendeiner Weise yin auf yang und yang auf yin ein. Wenn beispielsweise Hitze (yang) auf Kälte (yin) einwirkt, ist yang aktiv und schwächt yin, was zu funktionalen Störungen einzelner Zang-Organe und den damit verbundenen Fu-Organen führen kann. Ein Ungleichgewicht zwischen yin und yang führt zu einem Konflikt zwischen krankheitsabwehrendem Qi und krankheitsverursachendem Qi. Dadurch wird das notwendige Gleichgewicht des Qi gestört und das überwiegende, krankmachende Qi ruft psychische und organische Auffälligkeiten hervor. Diese Störungen können energetisch gesehen auch dadurch verursacht werden, dass das entsprechende Qi entgegengesetzt der normal als angesehenen Funktion auf- oder absteigt (das Qi der oberen Organe soll herab- und das der unteren Organe heraufsteigen).
Eine direkte Wirkung durch die Nadelung klassischer Akupunktur-Punkte auf die entsprechenden Hirnbereiche konnte durch Zang-Hee Cho von der Universität von Kalifornien nachgewiesen werden.
Eindeutig auf eine biochemische Reaktion zurückgeführt werden kann die schmerzlindernde Wirkung der Akupunktur. Das gilt insbesondere für die unabhängig von der klassischen Akupunktur entwickelte Nadelstichanalgesie (Schmerzbekämpfung mit Nadeln). Diese bedenkenlose Einsatzmöglichkeit wurde bereits von verschiedenen medizinischen Organisationen der UNO oder der Nationalen Gesundheitsinstitute der USA (1997) bestätigt.
1. Über das Gehirn: Das durch die Nadelung ausgesandte Signal erreicht durch das Rückenmark den Hirnstamm (Mittelhirn), wo es die Freisetzung von Enkepalin (körpereigenem Morphin) bewirkt. Dieses aktiviert über die absteigende Schmerzbahn die Freisetzung von Serotonin und Noradrenalin (schmerzhemmende Überträgersubstanz). Serotonin und Noradrenalin wiederum hemmen im Rückenmark die Schmerzweiterleitung ins Gehirn. Gleichzeitig gibt die Hypophyse Beta-Endorphin (körpereignes Morphin) ins Blut ab, das so im ganzen Körper wirken kann.
2. Im Rückenmark überlagert das Signal der Nadelung das Signal des Schmerzes und verhindert so die Schmerzempfindung im Gehirn.
3. Ohne Beteiligung des Hirns werden direkt im Rückenmark Endorphine ausgeschüttet.
Eine entzündungshemmende Wirkung der Akupunktur scheint ebenfalls nachweisbar. So konnte der kanadische Forscher Bruce Pomeranz von der Universität Toronto nachweisen, dass die Nadelstiche das Hormon ACTH freisetzen, das in der Nebennierenrinde die Ausschüttung von Cortisol bewirkt, welches im menschlichen Körper entzündungshemmend wirkt.
Für alle über Schmerz- und Übelkeitsbekämpfung hinausgehenden Therapieangebote der Akupunktur liegen keine überzeugenden klinischen Studien vor. Außerdem lässt sich eine darüber hinaus gehende Wirkung heute weder naturwissenschaftlich erklären noch beweisen. Aus dieser Erfahrung heraus warnen Ärzte im Allgemeinen vor einer pauschalen Anwendung der Akupunktur für alle Erkrankungen. Wichtig ist dieser Aspekt auch insofern, als die Schmerz- bzw. Übelkeitsbekämpfung erst in diesem Jahrhundert unabhängig von der klassischen Akupunktur entwickelt wurde, also am Wenigsten von dem Weltbild der TCM beeinflusst ist.
Dass die Hautregionen in irgendeiner Verbindung zu bestimmten Organen stehen, scheint nach bisheriger Forschung höchst unwahrscheinlich. Felix Mann, der Gründer der britischen Gesellschaft für Akupunktur bestätigt diese Beurteilung aus seiner eigenen Praxis. Zum einen berichtet er von einer Ärztin, die durch eine Verwechslung jahrelang einen "falschen” Nadelpunkt nutzte, allerdings mit dem gleichen therapeutischen Erfolg wie ihre Kollegen, die den "richtigen” verwandten. Nun experimentierte er selbst, und zwar mit "Leber 3”, einem häufig genutzten Punkt auf der Oberseite des Fußes. Er stach die Nadeln in immer größerer Entfernung von diesem Punkt — bis hin zum Knie — in die Haut, und trotzdem trat die erwartete Wirkung ein. Ausgehend von diesen Erfahrungen, vertritt Mann die Auffassung, dass weder Meridiane noch feste Akupunktur-Punkte real existieren und weder für die Theorie noch für die Praxis der Akupunktur von Belang sind. Mann konnte demgegenüber bislang 25 Areale an der Oberfläche des menschlichen Körpers lokalisieren, deren Reizung auf bestimmte andere Körperregionen und Organe wirkt. Auch wenn diese Ergebnisse in den kommenden Jahren noch weiter bestätigt werden müssen, verweisen sie überdeutlich auf den rein weltanschaulich-religiösen Gehalt der fernöstlichen Erklärungsmodelle der Akupunktur.
Feng Shui geht über den Wirkzusammenhang der Akupunktur noch hinaus, indem sie offensichtlich okkulte Praktiken in ihre Therapie einbezieht. Das gilt beispielsweise für die Orakel, heilkräftigen Steine und Altäre im Feng Shui. Deutlich wird in beiden Fällen auf übernatürliche Krafteinwirkungen und magische Hilfen abgehoben, die sich für einen Naturwissenschaftler erst einmal einer Überprüfung entziehen und die für einen Christen inakzeptabel sind. Das "Wörterbuch Naturheilkunde” fasst dazu zusammen:
"Die Grundlagen des Verfahrens sind weitgehend spekulativ mit einer Tendenz zum Okkultismus.”
- In der klassischen Akupunktur finden wir einen unverhältnismäßigen Selbstanspruch. Durch die Methoden der TCM sollen nicht nur alle körperlichen, psychischen und seelischen Krankheiten geheilt, es sollen auch religiöse Werte und Ziele wie Friede, Ruhe und Heil vermittelt werden.
"Ärzte, die wie Dr. Hempen vorwiegend oder ausschließlich TCM betreiben, können belegen, dass diese sanfte Heilmethode bei fast allen Krankheiten und Beschwerden erstaunliches zu leisten vermag, vom simplen Schnupfen bis zum Krebs, ja sogar in der Notfallmedizin.”
"Der schmalbrüstigen Gesundheit unserer Schulmedizin steht die Vollgesundheit der orientalischen Heilkunde gegenüber. Gesund sein heißt im Osten heil sein. Heilung kann nicht von Heil getrennt werden. ... Heilheit ist Ganzheit. Ganz sein heißt eins sein ... mit Gott, mit dem Mitmenschen, mit sich selbst, mit der Natur und mit dem Augenblick.”
Ein solcher Anspruch von Akupunktur-Vertretern ist für eine einzelne Heilmethode überzogen und eher Zeichen einer Ideologie als einer wissenschaftlich ernstzunehmenden, medizinischen Variante.
- Da nach chinesischer Überzeugung ein energetisch ausgeglichenes Leben keine Krankheiten zuließe, müsste ewiges Leben theoretisch möglich sein. Höchstens die mangelnde Einsicht oder Konsequenz könnte das verhindern. Tatsache ist jedoch, dass auch nach den Regeln der TCM lebende Chinesen dem Alterungsprozess unterworfen sind und schließlich sterben. Zumindest werden hier also wichtige Krankheitsfaktoren (Genetik, Umweltbedingungen) außer Acht gelassen und unrealistische Hoffnungen geweckt.
- Die maßgebliche Theorie der TCM wird durch einige Aspekte des Aberglaubens bestimmt. Dazu gehört die Annahme der Beeinflussung durch die Ahnen, die energetische Belebung der unbelebten Natur, deren Einflussnahme auf den Menschen, die Bedeutung der Astrologie für die chinesische Pharmakologie und Feng Shui, die Annahme anatomisch nicht existenter Organe (Dreifacher Erwärmer, Meridiane) usw.
- Offensichtliche Fehldeutungen (z.B. wird Malaria entsprechend der TCM durch den Wind übertragen) sollten Zweifel an der medizinischen Kompetenz der TCM wecken.
- Die Systematik der Akupunktur entstammt einem magischen Weltbild. Diese Systematik wurde unter neuen Theorieansätzen lediglich uminterpretiert, prinzipiell aber übernommen.
"Das Akupunkturverfahren existierte bereits im therapeutischen Arsenal der Dämonenmedizin. Insgesamt 13 Einstichpunkte zur Bekämpfung von Dämonen weist ein medizinisches Vorschriftenwerk auf. ... Die Einstichpunkte richten sich unmittelbar auf die vermuteten Sitze der bösen Geister, worauf auch ihre Namen hindeuten: Dämonenherz, Dämonenhalle, Dämonenlage, Dämonenweg.”
- Die Vielzahl möglicher Zuordnungen eines Symptoms oder einer Erkrankung durch eine Unzahl denkbarer oder realer Abhängigkeiten und Beziehungen machen eine sinnvolle Systematisierung fast unmöglich. Die unübersichtliche Systematik der Akupunktur eröffnet unendliche Kombinations- und Interpretationsmöglichkeiten. Prinzipiell hat jede Handlung, Schmerzempfindung, Stimmungsäußerung, jede Geschmacks- oder Wohnungsveränderung Auswirkungen auf das energetische Gleichgewicht des Menschen und damit auf eine denkbare Erkrankung.
- Viele Angaben in der TCM sind zu allgemein und nicht quantifizierbar, wodurch eine objektive Unterscheidung zwischen gesund und krankhaft weitgehend verunmöglicht wird. Was versteht man unter zuviel Freude oder zu großem Ärger, zu schnellem Atem oder zu roter Zunge? Alle diese Maßstäbe berücksichtigen nicht die individuellen, auch die angeborenen Unterschiede der Menschen, dementsprechend einer immer sehr fröhlich ist oder ein anderer leichter zu schwitzen beginnt. Außerdem lassen sich Freude oder Trauer nicht messen. Dadurch eröffnet sich für den Arzt eine spekulative Grauzone, die eine Diagnose nicht nachvollziehbar macht.
- In Akupunktur, Moxibustion und Kräutermedizin existieren, trotz gleicher weltanschaulicher Grundlage, verschiedene Angaben über Ort und Zahl von Akupunktur-Punkten, Wirkung bestimmter Pharmaka oder Entstehung verschiedener Krankheiten. Bei gleichem medizinischem Hintergrund stimmen nur etwa 70% der Akupunkteure mit der Lokalisierung der Akupunktur-Punkte am konkreten Menschen überein.
Selbst die Anzahl und die Lokalisation der Einstichpunkte weichen stark voneinander ab. Felix Mann, Gründer der englischen Gesellschaft für Akupunktur, ist durch seine jahrelangen Forschungen zu dem Ergebnis gekommen, dass sowohl Meridiane als auch fest definierte Einstichpunkte naturwissenschaftlich und medizinisch nicht existieren.
- Trotz zahlreicher individueller Berichte über die Wirksamkeit der Akupunktur muss deutlich darauf hingewiesen werden, dass ein neutraler medizinisch eindeutiger Nachweis für die Wirksamkeit der chinesischen Medizin in den wenigsten Einsatzbereichen vorliegt. So weist Dr. Steyn darauf hin, dass beispielsweise für die Akupunktur, nach gründlicher epidemiologischer Forschungsarbeit in Holland, der Nachweis einer über den Placebo-Effekt (Scheinmedikament) hinausgehenden Wirksamkeit, nicht erbracht werden konnte.
- Schwere Nebenwirkungen sind bei einer korrekt durchgeführten Akupunktur nicht zu erwarten. Bei einer unkorrekten Stichtechnik können unter Umständen Organe und Blutgefäße verletzt werden oder Nadeln abbrechen.
- Das Konzept des Ausgleichs der Kräfte:
Die grundlegende Denkkategorie der Akupunktur ist die Aufteilung aller Wesen, Substanzen und Eigenschaften in die polaren Kräfte yin und yang. Krankheit wird immer durch ein verschobenes Gleichgewicht dieser Kräfte ausgelöst und wird durch die Wiederherstellung der notwendigen Harmonie behoben. Die sich hinter dieser Idee verbergende Beobachtung, dass es von allem zuviel und zuwenig geben kann, so dass bei allen Zuständen auf Ausgeglichenheit geachtet werden muss, ist Allgemeingut. Speziell ist hier allein die Ausschließlichkeit der Zuordnung und der Ausschluss anderer Krankheitsursachen. Die Aufteilung in yin- und yang-Bereiche aber verläuft willkürlich, ohne rationale Begründung oder spontan einsehbare Kriterien.
Aufgrund heutiger medizinischer Kenntnis sind zwar nicht alle Funktionsweisen des menschlichen Körpers geklärt, immer stärker zeichnen sich allerdings die Komplexität des Organismus und die Vielschichtigkeit von Krankheitsursachen ab. Die Reduktion aller Erkrankungen auf ein yin-yang-Ungleichgewicht greift da viel zu kurz und lässt die meisten Mediziner Patienten davon abraten, allein auf Akupunktur zu vertrauen. Stattdessen schlagen sie Akupunktur höchstens als Ergänzungstherapie für bestimmte Erkrankungen vornehmlich aus dem psychosomatischen Bereich vor. Viruserkrankungen, Bakterieninfektionen, Gelenkverschleiß oder Krebs auf überschüssige yin- oder yang-Energie zurückzuführen (die selbst unnachgewiesen und höchst spekulativ sind) ist nur durch die krampfhafte Vereinfachung aller Körpervorgänge möglich, die das eigene Konzept (yin-yang-Harmonie) sozusagen als Überwissenschaft etabliert und damit jeder Überprüfungsmöglichkeit entzieht. Dann wäre es möglich zu behaupten, dass erst das yin-yang-Ungleichgewicht den Körper so geschwächt hätte, dass Bakterien oder Viren den Körper schädigen oder Krebs ausbrechen können. Da dieses Grundkonzept bisher allerdings unbewiesen ist und sich alle zugänglichen Daten eher gegen die Annahme solcher polarer Urenergien sprechen, muss das Konzept naturwissenschaftlich abgelehnt werden.
- Beeinflusst von taoistischem, konfuzianistischem und buddhistischem Denken fallen im Weltbild der TCM jenseitige (Gott) und diesseitige (Natur) Welt zusammen, da sich das Tao in der ganzen Natur verwirklicht.
"Es gibt nur mehr eine Rettung für uns: die "Rückkehr zur Ganzheit, die das Wesen unseres Universums ist” (Sabatti). Die Trennung in belebte und unbelebte Materie ist eine Illusion, ... Die alten Chinesen und Asiaten trachteten ihre Leben einzubetten in den Rhythmus der Natur.”
Auch wird keine Unterscheidung von zerstörerischer (Teufel) und hilfreicher Macht (Gott) der jenseitigen Welt gemacht. Moralische Urteile und damit auch die gebotenen Lebensregeln werden aus dem Zustand der Natur abgeleitet und stehen lediglich für ein der Natur gemäßes oder ihr widerstrebendes Verhalten. Diese Auffassung, in der alles zusammenfällt, wird Monismus genannt. Christliches Denken hingegen unterscheidet zwischen verschiedenen übernatürlichen Mächten, trennt Gott von der gottlosen Welt, leitet Verhaltensweisen nicht unmittelbar aus einem natürlichen Zustand ab und sucht keinen Ausgleich der Gegensätze um jeden Preis (Mt.12,24; Jak.4,4; 5Mo.4,5).
- Die Akupunktur beschreibt die Natur und den Menschen weitgehend im Gegensatz zu wissenschaftlich fassbaren Daten und alltäglicher Wirklichkeitswahrnehmung. Das zeigt sich beispielsweise in der Annahme vom Organ des Dreifachen Erwärmers oder den Energieleitbahnen des Körpers (Meridianen), entgegen anatomischem Wissen. Besonders fällt das bei der generellen Einstellung der sichtbaren Welt gegenüber ins Gewicht. In der TCM ist das alles durchströmende Qi das Eigentliche, alle materiellen Erscheinungen oder Eindrücke von Individualität hingegen vordergründige Täuschungen bzw. Illusionen. Dem widerspricht die Bibel deutlich, indem sie der sichtbaren materiellen Welt und der Erfahrung individueller Persönlichkeit von Gott gewollte Realität zuspricht (1Mo.1,31; Joh.1,10,14; 1Mo.1,26-31; 1Kor.3,13-17; 15,35-40, 52).
- Wie schon mehrfach beschrieben, ist Krankheit in der Akupunktur letztlich auf die mangelnde Harmonie der Kräfte und Säfte des menschlichen Körpers und die gestörte Beziehung zur Natur zurückzuführen. Dabei nicht berücksichtigt wird die im christlichen Denken wichtige Überzeugung, das Krankheit auch als Folge göttlicher Strafe trotz gesundem naturkonformen Leben oder als Folge erblicher (genetischer) Belastung versteht. Die in der Akupunktur angestrebte Wiederherstellung von energetischer Harmonie lässt die eigentliche Ursache in diesem Fall unberücksichtigt (Apg.5,1-11; 1Kor.11,29f; Jak.5,16).
- Der religiöse Hintergrund der Akupunktur schließt eigentlich einen personalen, frei entscheidenden und der Welt gegenüberstehenden Gott aus. Zwar gibt es universelle Energien und kosmische Prinzipien, die den Ablauf der Welt und das Leben der Menschen bestimmen. Ein Gott, der mit dem Menschen in Kontakt steht, der Krankheit verursachen und bekämpfen kann, wird so allerdings unmöglich. Prinzipiell wird der direkte Einfluss übernatürlicher personaler Mächte vernachlässigt.
- Das Gottesbild der Akupunktur widerspricht dem biblischen eindeutig.
In der Akupunktur steht die kosmische Kraft Qi für die höchste übernatürliche Macht. Dabei handelt es sich um eine anonyme unpersönliche Energie, der aber gottgleiche Qualitäten zugeschrieben werden:
"Die Lebensenergie Qi ist der Schlüsselbegriff der östlichen Heilkunst. Sie wird umschrieben unter anderem mit Ursprungskraft, Universalkraft, Weltenatem, Lebenshauch, Urenergie, Primärenergie ... Wir Menschen sind wie die ganze Schöpfung von der Lebensenergie durchpulst, gleichsam von göttlichem Odem. Die lebensspendende Energie ist allgegenwärtig, sie durchwaltet den Mikro- und Makrokosmos. Sie ist Keimkraft des Lebens. ... Sie nährt den Kosmos. Sie ist die Triebkraft aller Erscheinungen wie die des Aufbaus und Abbaus der Organismen oder des Aufstiegs und Niedergangs der Welten. ... Sie hält unser Sonnensystem und die Welt zusammen.”
Christen hingegen wissen von einem personenhaften individuellen Gott, der sich ihnen eindeutig greifbar offenbart hat, und müssen damit diesem Konzept der TCM und der Anerkennung eines anderen über allem stehenden Gottes widersprechen (1Mo.1; 2.Mo.3,4; Off.7,17; 20,12-15; 5Mo.10,17; Ps.86,10; Joh.17,3).
- Da das Göttliche und die Natur im chinesischen Denken wenn überhaupt untrennbar miteinander verknüpft sind, bleibt kein Raum für willensmäßige Eingriffe Gottes, auch wenn diese den Naturgesetzen zuwiderlaufen. Gerade diese Unverfügbarkeit und Ungebundenheit des Handelns Gottes sind aber ein wesentliches Merkmal christlicher Gotteslehre (1Mo.1; Jos.10,12ff; Jes.14,27, 43,13, 46,10).
- Sünde als Vergehen gegen den Willen Gottes kennt die Akupunktur nicht. Stattdessen wird das Grundproblem der Menschen in der mangelnden Harmonie mit der vergöttlichten Natur gesehen. Diesen Mangel könne der Mensch allerdings durch vorgegebene Methoden beheben und sich so ein erfülltes, "gottgemäßes” Leben garantieren. Sowohl die Interpretation als auch der Umgang mit Sünde sind in dieser Weise für Christen nicht akzeptabel (Ps.51,6; Joh.8,21, 24; Apg.3,19; Röm.3,10ff, 20; Gal.2,16).
- Das chinesische Ideal eines Lebens in vollkommener Übereinstimmung mit dem Tao bzw. dem Qi und deren polaren Energien yin und yang entspricht formal der christlichen Überzeugung, dass erfülltes Leben nur in Harmonie mit den Ordnungen Gottes möglich ist. Handeln gegen diese Ordnungen nennt die Bibel Sünde, die wiederum für Leiden und Krankheit verantwortlich ist. Im Gegensatz zur Akupunktur geht christlicher Glaube aber davon aus, dass die von Gott gewollte Harmonie nicht in der Natur erkennbar oder gar zu verwirklichen ist. Christen wissen um einen Sündenfall, der die gute Ordnung Gottes auf Dauer pervertiert hat. Deshalb kann aus dem gegenwärtigen Zustand keine Harmonie oder direkte Verhaltensnorm für den Menschen abgeleitet werden. Darüber hinaus ist Krankheit auch immer eine Auswirkung dieses Sündenfalls. Deshalb kann sie auch nicht gänzlich durch ein naturharmonisches Leben beseitigt werden (1Mo.3,1-19; Röm.5,21-21, 8,19-21; Off.21,4).
- Die Stellung Jesu wird in der Akupunktur durch die Möglichkeit jedes Menschen, die Harmonie mit dem Göttlichen selbst zu erreichen, und der Beurteilung von Sünde als vorübergehender Harmoniestörung entwertet. Wenn dieses Gedankenkonzept stimmt, wäre es überflüssig, sich bei Krankheit oder Sünde an Jesus Christus zu wenden. Stimmt es jedoch nicht, kann uns die Akupunktur kein erfülltes, harmonisches Leben oder gar die Vorbereitung auf die Göttlichkeit vermitteln (2Mo.20,1-7; Joh.3,16ff; Apg.4,12).
- Das Konzept und die Praxis der Akupunktur hat sich aus magischen und okkulten Anfängen entwickelt:
"Die Heilkunde jener Zeit versteht Krankheit als Resultat feindseliger, dämonischer Angriffe. ... Krankheit ist Besessenheit in diesem Sinne. Folgerichtig müssen sich auch die therapeutischen Methoden einer Dämonenmedizin magischer Elemente bedienen. So finden wir Amulette, Talismane (Fu) oder Siegel (Yin) als Vertreiber des dämonischen Übels. Bannsprüche und Besprechungsformeln tauchen auf, und auch Arzneimittel gegen den Einfluss dämonischer Geister werden entwickelt.”
Ahnenkulte sollen den Einfluss der Toten regulieren.
"Das Akupunktur-Verfahren existierte bereits im therapeutischen Arsenal der Dämonenmedizin. Insgesamt 13 Einstichpunkte zur Bekämpfung von Dämonen weist ein medizinisches Vorschriftenwerk auf. ... Die Einstichpunkte richten sich unmittelbar auf die vermuteten Sitze der bösen Geister.”
Dieses Medizinkonzept wurde mehrfach modernisiert und weiterentwickelt, beruht jedoch nach wie vor auf der Annahme medizinischer Heilung durch den Austausch magisch-energetischer Kräfte (yin, yang, Qi) und magischer Wirkungsverknüpfung verschiedener Stoffe und Zustände aufeinander (z.B. Fünf Wandlungsphasen) (3Mo.19,31, 20,6; 5Mo.18,9-12; Mk.1,24, 34, 5,1-15; Apg.8,9-12).
- In der Bibel sind übernatürliche Mächte und Kräfte Realität. Paulus warnt allerdings deutlich davor, sich auf diese kosmischen Kräfte statt auf Jesus Christus zu verlassen (Kol.2,8). Im ersten Korintherbrief stellt er den Geist Gottes und den kosmischen Geist einander als Gegensätze gegenüber:
"So weiß auch niemand, was in Gott ist, als nur der Geist Gottes. Wir aber haben nicht den Geist des Kosmos (gr. kosmos auch für ´gottlose Welt`) empfangen, sondern den Geist Gottes, so dass wir wissen können, was uns von Gott gegeben ist.” (1Kor.2,11f).
Die Bibel spricht deutlich davon, dass Menschen, die sich auf den Kontakt mit übernatürlichen Geistern und Kräften einlassen, in tiefe Abhängigkeit von diesen geraten können, und nennt diesen Zustand Besessenheit (Mt.12,43ff; Mk.5,1-15, 9,22). Besessene können unter Krankheitssymptomen leiden (Mt.9,32, 12,22; Mk.5,1ff; 9,18ff), die verschwinden, sobald sie nicht mehr unter dem Einfluss dieses Geistes stehen.
Literatur:
- Michael Kotsch: Chinesische Medizin 1. Weltbild — Menschenbild — Krankheitsbild. Religiöse und ideologische Hintergründe, 2000; Michael Kotsch: Chinesische Medizin 2. Alternative Heilmethoden auf dem Prüfstand, 2000; Manfred Porkert: Die chinesische Medizin, 1986; Pschyrembel — Wörterbuch Naturheilkunde und alternative Heilverfahren, 2. Aufl., 1999
Michael Kotsch
Etliche Texte sind auch in gedruckter Form erschienen in verschiedenen Handbüchern (je 144-200 Seiten, je 9,80 Euro):
1. Kleines Sekten-Handbuch
2. Kleines Kirchen-Handbuch
3. Kleines Ökumene-Handbuch
4. Kleines Endzeit-Handbuch
5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
10. Kleines Theologie-Handbuch
Weitere Handbücher (über Theologie, Esoterik, u.a.) sind geplant. Informationen bei www.l-gassmann.de