Das Kunstwort Enneagramm, eine Kombination aus den griechischen W�rtern ennea (f�r neun) und gramma (f�r Zeichen), ist sowohl der Name eines Symbols als auch die Bezeichnung der damit verbundenen Lehre, die den "ganzen Menschen" von seiner "psychologischen" und seiner "spirituellen Seite" her erfassen will.
Das Enneagramm besteht aus einem Kreis, auf dessen Umfang neun Punkte angeordnet sind, sowie Verbindungslinien zwischen diesen Punkten. Die Punkte 9-3-6 sind durch ein gleichschenkliges Dreieck und die Punkte 1-4-2-8-5-7 durch ein unregelm��iges Sechseck miteinander verbunden.
Von seinem Aussehen her erinnert das Enneagramm an okkulte Symbolik, vor allem an das Pentagramm. In den Verbindungen zwischen den einzelnen Punkten stecken verborgene Zahlenspielereien, die an die mathematischen Spekulationen der j�disch-mystischen >Kabbala erinnern. Bei okkulten Praktiken wird das Pentagramm (auch Drudenfu� oder F�nfstern genannt) zur Beschw�rung von Geistern verwendet. Wie im Enneagramm-Symbol bilden im Pentagramm die Verbindungslinien zwischen den einzelnen Punkten einen geschlossenen Weg. In der Kabbala, der Lehre der j�dischen Mystik, gilt das Pentagramm als das Symbol der vier (klassischen) Elemente und des �thers, die in der materiellen Welt wirken und das Wachstum aller Formen und Arten der Sch�pfung beeinflussen. Damit besteht eine gro�e �hnlichkeit zur Lehre des Esoterikers Gurdjieffs, der im Enneagramm-Symbol die "kosmischen Kr�fte" der "Drei" und der "Sieben" ansiedelt, mit denen auch Sch�pfung und Kosmos erkl�rt werden sollen.
Das Enneagramm ist eine urspr�nglich esoterische Lehre, die zu Beginn der 70er Jahre von der >Transpersonalen Psychologie aufgegriffen und mit verschiedenen psychologischen und psychoanalytischen Auffassungen vermischt zu einer Typenlehre weiterentwickelt wurde. Daraus entstand eine "christlich-spirituelle" Variante, die zun�chst in katholischen Kreisen in den USA verbreitet wurde. Von dort gelangte das Enneagramm vor allem durch den amerikanischen Franziskaner Richard Rohr �ber den Atlantik bis in deutschsprachige Gemeinder�ume. Das Enneagramm soll prim�r der eigenen Selbstfindung und spirituellen Reifung dienen, wird von seinen Anh�ngern aber auch in der Gemeindearbeit eingesetzt, um mit ihm "Energien und Str�mungen" aller Art ausfindig zu machen.
Die vermeintliche Glaubw�rdigkeit des Enneagramms wird von seinen Verfechtern durch den Mythos gespeist, es w�re eine "uralte" Charakterkunde der menschlichen Pers�nlichkeit. Alle Behauptungen, die in diese Richtung gehen, k�nnen weder durch einen historischen Nachweis noch durch einen arch�ologischen Befund gest�tzt werden. Sie entsprechen vielmehr reinem Wunschdenken. Nachweisbar ist das Enneagramm erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der Lehre des Esoterikers Gurdjieff zu finden, der in seinem verworrenen Gedankengeb�ude Anleihen aus nahezu allen fern�stlichen und mystischen Lehren sowie zahlreichen esoterischen und okkulten Schulen gemacht hat. Die erste schriftliche Nennung des Enneagramms findet sich sogar erst 1949 im Nachlass des Gurdjieff-Sch�lers P. D. Ouspensky.
Auch mit einer vermeintlich christlichen Einf�rbung ist und bleibt das Enneagramm eine esoterische Lehre. Besonders deutlich wird dies im Enneagramm-Buch von Rohr und Ebert, in dem eine �u�erst kritikw�rdige Umdeutung biblischer Begriffe im Sinne des esoterischen Denkrahmens des Enneagramms stattfindet. Unter dem Mantel frommen Vokabulars vermittelt ihr Buch ein unbiblisches S�ndenverst�ndnis, bei dem die S�nde des Menschen auf ein rein psychologisches Problem reduziert wird. Folglich ist die Erl�sung des Menschen ein rein innerweltlicher Akt, bestehend aus psychologischer Ver�nderung und geistlicher Reifung. Das Enneagramm verspricht dem Menschen einen Weg der Selbsterl�sung. Damit wird unausgesprochen der biblische S�hnetod Christi zur Erl�sung des Menschen verneint. Es werden offen Empfehlungen zur Praktizierung fern�stlicher Zen-Meditation ausgesprochen. Hier zeigt sich die Gefahr, die jedem droht, der sich auf das Enneagramm einl�sst; denn seine Weitergabe in Workshops ist eingebunden in die Praktizierung fern�stlicher, esoterischer und mystischer Meditations- und Versenkungstechniken, die zur Ausschaltung und Ausl�schung des eigenen Ichs f�hren sollen. In Enneagramm-Workshops setzt sich der Teilnehmer einem Geist aus, der nicht von Gott kommt.
Das unbiblische Konzept des Enneagramms � ein unheilvolles S�ndenverst�ndnis, ein Hang zur Selbsterl�sung und eine offenherzige Religionsvermischung � ist auch der Grund, von seiner Anwendung in der biblisch-therapeutischen Seelsorge und in der Gemeindearbeit unbedingt abzuraten. Es ist zwar durchaus positiv zu sehen, wenn sich Menschen grunds�tzlich Gedanken �ber ihre Verschiedenartigkeit und die Akzeptanz der Andersartigkeit ihres N�chsten machen. Dazu ist es aber nicht notwendig, sich mit dem Enneagramm zu besch�ftigen, denn diesen Zweck kann auch jede andere Typenlehre und ebenso gut eine Bibelarbeit zu 1.Korinther 12 erf�llen.
Fazit: Das Enneagramm ist aus drei gravierenden Gr�nden abzulehnen:
S. auch: Okkultismus.
Lit.: Klaus Schreber, Das Enneagramm, 1999.
Klaus Schreber
Etliche Texte sind auch in gedruckter Form erschienen in verschiedenen Handb�chern (je 144-200 Seiten, je 9,80 Euro):
1. Kleines Sekten-Handbuch
2. Kleines Kirchen-Handbuch
3. Kleines �kumene-Handbuch
4. Kleines Endzeit-Handbuch
5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
10. Kleines Theologie-Handbuch
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