Gemeinde

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1. Die Gemeinde ist Gottes Werk:

Die Gemeinde ist Gottes Ackerfeld und Bau. Menschen, in denen der Heilige Geist wohnt, sind gew�rdigt, bei diesem Bau mitzuwirken. Aber ohne Gottes Gnade k�nnen sie nichts tun (vgl. Joh 15,5). Wo dies nicht beachtet wird, wo Gemeinde nur als menschliche Organisation angesehen wird, entsteht ein Widerspruch zu dieser fundamentalen Aussage �ber die christliche Gemeinde: dass sie � trotz aller menschlichen Mitwirkung � einzig und allein Gottes Werk ist (vgl. 1. Kor 3,5-10). Wo dies �bersehen wird, bleibt aller menschlicher Aktivismus Leerlauf und f�hrt in die Irre. Demgegen�ber ist es wichtig, Gott um seine Wegweisung f�r den Gemeindebau zu fragen: im Gebet, durch Studium in seinem Wort und mit der Bereitschaft, falsche Vorstellungen �ber "Kirche" oder "Gemeinde" korrigieren zu lassen.

2. Die christliche Gemeinde ist die Gemeinde Jesu Christi. Er ist das Fundament seiner Gemeinde:

In Mt 16,18 spricht Jesus Christus zum Apostel Petrus:

"Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen."

Diese Stelle wird gern zur Begr�ndung des Papstprimats (Vorherrschaft des Papstes) herangezogen. Dabei sollte allerdings nicht �bersehen werden, dass es hier um den Christusprimat (Herrschaft Christi) geht: Christus will seine Gemeinde bauen. Die Gemeinde ist die Gemeinde Jesu Christi. Sie geh�rt ihm und niemandem sonst. Alle Funktionen, die Menschen in dieser Gemeinde wahrnehmen, sind nur ableitbar aus der Vollmacht und Beauftragung durch Jesus Christus. Dies wird auch deutlich aus dem Wort des Apostels Paulus:

"Einen anderen Grund (themelios) kann niemand legen au�er dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus" (1 .Kor 3,11).

Jesus Christus selber ist das Fundament seiner Gemeinde. Die Gemeinde wird mit einem Haus verglichen, das auf dem Fundament Jesus Christus errichtet wird. Ein anderes Fundament ist nicht tragf�hig.

3. Zur Gemeinde geh�rt, wer zu Jesus Christus umgekehrt und durch den Heiligen Geist wiedergeboren ist zum neuen Leben in Gott:

Aus dem Neuen Testament geht deutlich hervor, dass zur Gemeinde im eigentlichen Sinn nur solche Menschen gez�hlt wurden, die zu Jesus Christus geh�rten. Der Apostel Paulus etwa hat seine Gemeindebriefe wie folgt adressiert:

"an alle Geliebten Gottes (agapetois theou) und berufenen Heiligen (kletois hagiois) zu Rom" (R�mer 1,7);

"der Gemeinde Gottes zu Korinth, den Geheiligten in Christus Jesus, den berufenen Heiligen samt allen denen, die den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen an jedem Ort" (1. Kor 1,2);

"den Heiligen und Gl�ubigen (hagiois kai pistois) an Christus Jesus" (Eph 1,1);

"allen Heiligen in Christus Jesus zu Philippi" (Phil 1,1);

"den Heiligen zu Koloss� und den gl�ubigen Br�dern (pistois adelphois) in Christus" (Kol 1,2);

"der Gemeinde in Thessalonich in Gott, dem Vater, und dem Herrn Jesus Christus" (1. Thess 1,1).

"Heilig" (hebr. kadosch; griech. hagios) im biblischen Sinne bedeutet: "zu Gott geh�rig", "f�r Gott ausgesondert".

Heilig wird man durch das S�hneopfer Jesu Christi am Kreuz und die Annahme dieses Opfers im Glauben (pistis). Wer das S�hneopfer Jesu Christi im Glauben annimmt und sich ganz auf die Seite seines Erl�sers rufen l�sst, vollzieht einen Herrschaftswechsel. Er tritt aus dem Reich Satans, der S�nde und des Todes heraus und wird eingegliedert in das Reich Jesu Christi, der Gerechtigkeit und des ewigen Lebens. Diesen Herrschaftswechsel bezeichnet die Bibel mit "Umkehr" (hebr. schub, griech. metanoia). Als die Volksmenge beim Pfingstereignis die Apostel nach der geisterf�llten Predigt des Petrus fragte:

"Was sollen wir tun?",

da antwortete ihnen Petrus:

"Tut Bu�e (metanoesate)! Und ein jeglicher lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer S�nden, dann werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen ... Lasset euch erretten aus diesem verkehrten Geschlecht!" (Apg 2,38.40).

Durch die Abkehr vom alten Leben, die Umkehr zu Jesus Christus und die Taufe auf seinen Namen werden Menschen der Gemeinde eingegliedert. Wer zu Jesus geh�rt, hat seinen Geist empfangen. Und dieser Geist hat ihn wiedergeboren zu einem neuen Leben:

"Es sei denn, dass jemand von neuen geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen" (Joh 3,3). "Als ihr gl�ubig wurdet, seid ihr versiegelt worden mit dem Heiligen Geist" (Eph 1,13).

"Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder" (R�mer 8,14).

4. Ungl�ubige haben Zugang zur Gemeinde, geh�ren aber nicht im eigentlichen Sinn zu ihr:

Schon in neutestamentlicher Zeit stellt die Gemeinde ein corpus permixtum (vermischter Leib) dar. Die reine Gemeinde hat es nie gegeben. 1. Joh spricht von Menschen, die "von uns ausgegangen sind, aber nicht von uns waren". Sie werden als "Widerchristen" bzw. "Antichristen" bezeichnet (1. Joh 2,18f.). In 1. Kor 14,24 ist von "Ungl�ubigen oder Unkundigen" die Rede, die in die Versammlungen hineinkommen konnten und die ekstatischen Ph�nomene (Zungenrede) in Korinth nicht verstanden.

Die neutestamentliche Gemeinde ist somit nicht streng in sich geschlossen.

Das w�re auch gar nicht m�glich, denn

"der Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an" (1. Sam 16,7).

Trotzdem sind die Gemeindeglieder zumindest formell daran erkennbar, dass sie sich zu Jesus Christus als ihrem Herrn bekennen und sich auf seinen Namen haben taufen lassen. Taufe und Glaube geh�ren zusammen. Der Glaube wird im Bekenntnis verb�rgt.

"Wenn man von Herzen glaubt, dann wird man gerecht; und wenn man mit dem Munde bekennt, dann wird man gerettet" (R�m 10,10).

5. Die Glieder der Gemeinde sind der Leib Christi. Sie sind mit unterschiedlichen Geistesgaben beschenkt.

Christus ist das Haupt der Gemeinde. Die Gemeinde ist Christi Leib. So heisst es in Eph 4,15:

"Lasset uns aber wahrhaftig sein in der Liebe und wachsen in allen St�cken zu dem hin, der das Haupt ist, Christus, von welchem aus der ganze Leib zusammengef�gt ist und ein Glied am anderen h�ngt durch alle Gelenke, dadurch ein jegliches Glied dem anderen kr�ftig Handreichung tut nach seinem Ma�e und macht, dass der Leib w�chst und sich selbst auferbaut in der Liebe."

Von diesem Bild her ergibt sich das Wesen der Gemeinde als ein Organismus, in dem alle Glieder zusammenwirken zum gemeinsamen Nutzen und im Gehorsam gegen�ber dem Haupt. Das Band, welches sie zusammenh�lt und anspornt, ist die Liebe. Wie im k�rperlichen Leib soll es auch in der Gemeinde sein. Jedes Glied ist anders und hat unterschiedliche Gaben. Und doch sollen alle diese Gaben und ihre Tr�ger zusammenwirken in der Unterordnung unter Christus, das Haupt, und zum gemeinsamen Wohl und Nutzen der Gemeinde.

"Es sind mancherlei Gaben; aber es ist ein Geist. Und es sind mancherlei Dienste; aber es ist ein Herr. Und es sind mancherlei Kr�fte; aber es ist ein Gott, der da wirket alles in allen. In einem jeglichen offenbaren sich die Gaben des Geistes zu gemeinsamem Nutzen" (1. Kor 12,4-7).

Die UrGemeinde war eine charismatische Gemeinde im besten Sinn. Jeder hatte die M�glichkeit, seine Gaben konstruktiv und kooperativ einzubringen. Wie 1. Kor 14 deutlich macht, war der Gottesdienst keine "Ein-Mann-Veranstaltung", sondern geschah unter der Beteiligung vieler:

"Wenn ihr zusammenkommt, dann hat ein jeglicher einen Psalm, er hat eine Lehre, er hat Offenbarung, er hat Zungenrede, er hat Auslegung. Lasset es alles geschehen zur Erbauung!" (V. 26).

Zugleich wurden Leitlinien f�r einen geordneten Ablauf gegeben (V. 27-32), denn es gilt:

"Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens" (V. 33).

6. Wo krasse Irrlehre oder ethisches Fehlverhalten ohne Aussicht auf Umkehr auftritt, wird Gemeindezucht ge�bt:

Die neutestamentliche Gemeinde war zwar keine "reine Gemeinde" aus lauter Heiligen, aber sie war doch an dem Ideal orientiert, nur Gl�ubige als ihre eigentlichen Glieder anzusehen. Ungl�ubige und Unkundige hatten zwar Zutritt zu ihr, aber es sollte ihnen nicht erlaubt sein, sie mit ihrem "Sauerteig zu durchs�uern" � und das heisst: evangeliumswidrige Lehr- und Lebensauffassungen in die Gemeinde hineinzutragen. Das w�rde das Wesen der Gemeinde pervertieren. Deshalb warnt der Apostel Paulus im klassischen Kapitel �ber Gemeindezucht 1. Kor 5:

"Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchs�uert? Darum schafft den alten Sauerteig weg, damit ihr ein neuer Teig seid, wie ihr ja unges�uert seid" (1. Kor 5,6f.).

Dieses Hinaustun des alten Sauerteigs � und das heisst: eines dem alten �on der S�nde und des Todes verhafteten Lebens und Lehrens � bezieht sich nicht auf die Welt allgemein ("sonst m�sstet ihr ja die Welt r�umen"; V. 10), sondern auf Menschen, die in der Gemeinde leben und andere mit ihrem falschen Reden und Tun anstecken w�rden. Deshalb mahnt Paulus:

"Ihr sollt nicht mit einem zu schaffen haben, der sich Bruder nennen l�sst und ist ein Unz�chtiger oder ein Geiziger oder ein G�tzendiener oder ein L�sterer oder ein Trunkenbold oder ein R�uber; mit so einem sollt ihr auch nicht essen" (1. Kor 5,11).

Bei all diesen S�nden gibt es die M�glichkeit zur Umkehr und zum Neuanfang im Glauben und christlichen Leben. Das Hinaustun aus der Gemeinde sollte daher nicht zu schnell erfolgen, sondern erst nach gr�ndlichen Gespr�chen mit dem Betroffenen. In Mt 18,15-17 ist die Vorgehensweise im Fall von offensichtlicher Schuld in drei Stufen beschrieben:

"S�ndigt dein Bruder an dir, so geh hin und weise ihn zurecht zwischen dir und ihm allein. H�rt er auf dich, dann hast du deinen Bruder gewonnen. H�rt er nicht auf dich, so nimm noch einen oder zwei zu dir, damit jede Sache durch den Mund von zwei oder drei Zeugen best�tigt werde. H�rt er auf die nicht, dann sage es der Gemeinde. H�rt er auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er f�r dich wie ein Heide und Z�llner."

Man beachte, dass unmittelbar vor dieser Gemeinderegel im Mt-Evangelium das Gleichnis vom verlorenen Schaf erz�hlt wird. Es schlie�t mit dem Satz:

"So ist es auch nicht der Wille bei eurem Vater im Himmel, dass auch nur eines von diesen Kleinen verloren werde" (Mt 18,14).

Das Ziel auch der Gemeindezucht ist daher (neben dem Schutz der Gemeinde vor Verf�hrung und vor der Verl�sterung ihres Zeugnisses) die Zurechtbringung und Rettung des Ermahnten oder Ausgeschlossenen. Deutlich kommt dies auch in 1. Kor 5 zum Ausdruck:

"Wenn ihr in dem Namen des Herrn Jesus versammelt seid und mein Geist samt der Kraft unseres Herrn Jesus bei auch ist, soll dieser Mensch dem Satan �bergeben werden zum Verderben des Fleisches, damit der Geist gerettet werde am Tage des Herrn" (1. Kor 5,5).

Gemeindezucht ist somit letztlich ein eminent seelsorgerliches Anliegen. Sie ist nicht als Strafe zu verstehen, sondern als drastische Hilfe zur Sinnes�nderung und zum Neuanfang mit dem Herrn. Bei der "�bergabe an Satan", beim Hinaustun in den Machtbereich der Welt, soll das "Fleisch" (sarx), d.h. das alte, s�ndige Wesen sterben � aber nicht der Leib ("soma" steht nicht hier!) in der Art mittelalterlicher Inquisitionen und Ketzerverbrennungen. Gemeindezucht soll und kann nicht bei jeder S�nde ge�bt werden. Dann w�ren die Gemeinden schnell ausgestorben. Nein, sie wird gefordert und als notwendig befunden bei besonders schweren F�llen von Irrlehre und falschem Leben, und zwar dann, wenn der Betreffende best�ndig in seiner Fehlhaltung beharrt und sie in die Gemeinde hineintr�gt. Heute wird Gemeindezucht in vielen Kirchen wenn �berhaupt, dann nur in besonders krassen F�llen ge�bt. Zwischen Wahrheit und L�ge wird h�ufig eine breite Grauzone toleriert, die sich zum Schaden der Kirchen und Gemeinden auswirkt und zu verminderter geistlicher Kraft und Vollmacht beitr�gt.

7. Die Gemeinde und ihr Gottesdienst werden konstituiert durch Lehre, Gemeinschaft, Brotbrechen und Gebet:

In Apg 2,42 sind die unverzichtbaren Grundelemente des Gemeinde- und gottesdienstlichen Lebens genannt:

"Sie blieben aber best�ndig in der Lehre der Apostel (didache ton apostolon) und in der Gemeinschaft (koinonia) und im Brotbrechen (klasis tou artou) und im Gebet (proseuche)."

Die Lehre der Apostel ist die Botschaft vom Heil durch Jesus Christus, von Jesus als dem Heiland. Ohne sie gibt es keine Gemeinde, die sich christlich nennen kann. W�rde diese Lehre fehlen, dann w�re die Gemeinde eine Vereinigung wie jede andere, aber nicht die (aus der Welt) "Herausgerufene" (ekklesia), die der Welt etwas zu bringen hat, was diese sich selber nicht geben kann: Rettung von den S�nden und ewiges Leben. Gemeinschaft ist ein ebenso unverzichtbares Element der christlichen Gemeinde. Denn die Gemeinde ist ein Organismus aus mehreren Gliedern mit Christus als Haupt. In diesem Organismus soll ein Glied dem anderen dienen (1. Kor 12). Ein freiwillig gew�hltes "Einzelchristsein" kann zwar auch noch in der Gemeinschaft mit Christus als dem Haupt stehen, aber ohne die anderen Glieder wird es sehr schnell zum Torso und stirbt ab. Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf hat daher den Satz gepr�gt:

"Ich statuiere kein Christentum ohne Gemeinschaft."

Das Brotbrechen geh�rt zur Gemeinde als sinnenf�lliges Zeichen, als Erinnerung daran und Vergegenw�rtigung dessen, was Jesus Christus am Kreuz f�r uns getan hat: Dort lie� er sich zur S�hne f�r unsere Schuld "zerbrechen" und t�ten. Dies ist das Zentrum des Heilsgeschehens und die Grundlage der Gemeinde als Christi Leib. Das Brotbrechen wird auch als "Herrenmahl" oder � in Ankn�pfung an das letzte Passah Jesu Christi mit seinen J�ngern am Gr�ndonnerstagabend � als "Abendmahl" bezeichnet. Das Gebet ist der Lebensfaden der Gemeinde, an dem alles h�ngt: das Lob und die Verherrlichung Gottes, der Dank, die Bitte und F�rbitte. Ohne Gebet bewegt sich nichts im Reich Gottes und in der christlichen Gemeinde. Das Gebet definiert die Gemeinde als v�llig von Gott abh�ngigen Organismus. Christliches Gebet erfolgt "in Jesu Namen" und richtet sich an Gott den Vater oder an Jesus, Gottes Sohn. Jesus Christus spricht: "Was ihr bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun, damit der Vater verherrlicht werde im Sohn. Was ihr mich bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun" (Joh 14,13f.).

8. Die neutestamentliche Gemeinde ist geistlich eine Einheit:

Die Christenheit vermittelt heute ein sehr uneinheitliches Bild. Der Leib Christi erscheint arg zerrissen. Kirchen, Freikirchen und Sekten erheben oft gegeneinander den Anspruch, die wahre Gemeinde zu repr�sentieren oder zumindest dem neutestamentlichen Ideal am n�chsten zu kommen. Dabei ist diese Zerrissenheit bereits in urchristlicher Zeit angelegt. Man denke nur an die unterschiedlichen Auffassungen der Apostel etwa in Fragen der Heidenmission, der Mahlgemeinschaft zwischen Juden- und Heidenchristen (vgl. Gal 2), an gesetzliche (Gal 4,8ff.) oder libertinistische (1. Kor) Tendenzen in den fr�hchristlichen Gemeinden und �hnliches. Auch bildeten sich in den ersten Gemeinden bereits Parteien heraus, welche die Zugeh�rigkeit zu verschiedenen Gr�ndern � und sicherlich auch deren theologischer Position � beanspruchten, ein bekanntes Ph�nomen in der sp�teren Kirchen- und Konfessionsgeschichte. So muss Paulus an die Korinther schreiben:

"Es ist mir bekannt geworden �ber euch, liebe Br�der, durch die Leute der Chloe, dass Streit unter euch ist. Ich meine aber dies, dass unter euch der eine sagt: Ich geh�re zu Paulus, der andere: Ich zu Apollos, der dritte: Ich zu Kephas, der vierte: Ich zu Christus."

In dieser Situation mahnt Paulus seine Adressaten inst�ndig zur Einheit:

"Ich ermahne euch aber, liebe Br�der, im Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr alle mit einer Stimme redet und lasst keine Spaltungen (griech. Schismata) unter euch sein, sondern haltet einander fest in einem Sinn und in einer Meinung."

Als Begr�ndung f�r die Forderung der Einheit stellt der Apostel die Fragen:

"Ist Christus etwa zerteilt? Ist Paulus denn f�r euch gekreuzigt? Oder seid ihr auf den Namen des Paulus getauft?" (1. Kor 1,10ff.).

Die Grundlage der Einheit ist also die Zugeh�rigkeit zu Christus als dem Haupt des einen Leibes, seiner Gemeinde, die er durch seinen Tod am Kreuz erworben hat und deren Glieder auf seinen Namen getauft sind. Geradezu programmatisch wird diese Einheit im Eph verk�ndigt:

"Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; ein Gott und Vater aller, der da ist �ber allen und durch alle und in allen" (Eph 4,4-6).

Diese Einheit wird hier insbesondere definiert als Einheit zwischen Juden und Heiden, die zu einem Leib zusammenwachsen durch das Kreuzesopfer Jesu Christi:

"Er ist unser Friede, der aus beiden eines gemacht und den Zaun abgebrochen hat, der dazwischen war, n�mlich die Feindschaft" (Eph 2,14).

Entscheidend f�r die Bewahrung der Einheit ist die Orientierung auf Jesus Christus als das Haupt der Gemeinde, als den gekreuzigten, auferstandenen und wiederkommenden Sohn Gottes. Wo diese Orientierung da ist, ist die innere, geistliche Einheit vorhanden (selbst dort, wo sich Gemeinden durch ihre �u�ere Form und Organisation teilweise unterscheiden). Wo diese Orientierung fehlt oder wo sie durch andere Lehren verdeckt wird (z.B. durch das Aufstellen bestimmter Satzungen, Gebote und Tage als "heilsnotwendige" Verhaltensweisen ; vgl. Gal 4,8ff.), da ist die Einheit verloren oder zumindest gef�hrdet. Freilich lehrt das Neue Testament keine Einheit um jeden Preis, keine Einheit auf Kosten der christlichen Wahrheit. An Irrlehren oder Verhaltensweisen, welche die Gemeindezucht erfordern, findet die Einheit der Gemeinde ihre notwendige Grenze. Auch unterscheidet das Neue Testament sehr deutlich zwischen wahrer und falscher Einheit.

Wahre Einheit ist christozentrisch: Sie umfasst nur diejenigen, die an Jesus Christus glauben und zu ihm geh�ren, die sein Wort als "die Wahrheit" behalten, die in der Welt, aber nicht von der Welt sind und die daher von der Welt gehasst werden (Joh 17). �

Falsche Einheit hingegen m�chte fremde Glieder zu dem Leib Christi hinzuf�gen, sie m�chte Licht und Finsternis vermischen. Dabei aber m�ndet sie ins Antichristliche: Sie umfasst die ganze Menschheit, "hurt" mit allen Ideologien und Religionen und verfolgt diejenigen mit Zwang, Terror und schlie�lich Gewalt, die Jesus Christus als einzigem Herrn, Erl�ser und Friedensbringer die Treue halten (Apk 13 und 17f.). Diese Weltanpassung war bereits in der Zeit der ersten Christen ein Problem, etwa als die Verfolgungen zunahmen und sich viele dem Kaiserkult unterwarfen. Sie wird der biblischen Prophetie zufolge in der Zeit vor Jesu Wiederkunft ein noch gr��eres Problem werden.

9. Die Gemeinde findet ihr Ziel im Bau des Reiches Gottes und in der Verherrlichung seiner Majest�t:

Das letzte Ziel der Gemeinde liegt im Daheimsein beim Vater, im Eingehen in die Gottesherrschaft, in der Verherrlichung seines Namens. Gemeinde soll sich als das erweisen, was sie nach Gottes Plan ist: eine Schar von Menschen, die Gott treu bleiben und ihm die Ehre geben in Zeit und Ewigkeit. Wenn dies erreicht ist, dann ist aus der angefochtenen und k�mpfenden Gemeinde unserer Zeit (ecclesia temptata et militans) die triumphierende und jubilierende Gemeinde der Ewigkeit (ecclesia triumphans et jubilans) geworden (vgl. Offb 7,9f.14ff.). Doch noch leben wir in der Zeit der k�mpfenden Gemeinde. Sie ist aufgerufen, das Reich Gottes zu bauen, indem sie Menschen aus allen Sprachen und Nationen zu Jesus Christus als ihrem Herrn und Erl�ser ruft (Mt 28,19f.). Erst wenn die Vollzahl der Erw�hlten aus Juden und Heiden gesammelt ist, wird der Herr in Macht und Herrlichkeit erscheinen und seine Gemeinde in sein himmlisches Reich holen:

"Es wird gepredigt werden dies Evangelium vom Reich in der ganzen Welt zum Zeugnis f�r alle V�lker, und dann wird das Ende kommen" (Mt 24,14.30 f.).

S. auch: Ekklesiologie.

Lit.: L. Gassmann, Kirche in der Diskussion. Papstkirche, Staatskirche oder Gemeinschaft der Glaubenden?, 2004.

Lothar Gassmann


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Etliche Texte sind auch in gedruckter Form erschienen in verschiedenen Handb�chern (je 144-200 Seiten, je 9,80 Euro):

1. Kleines Sekten-Handbuch
2. Kleines Kirchen-Handbuch
3. Kleines �kumene-Handbuch
4. Kleines Endzeit-Handbuch
5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
10. Kleines Theologie-Handbuch

Weitere Handb�cher (�ber Theologie, Esoterik, u.a.) sind geplant. Informationen bei www.l-gassmann.de