Pendel und "Wünschelrute" sind sog. radiästhetische Instrumente. Radiästhesie setzt sich als lateinisch-griechisches Kunstwort zusammen aus radius = Strahl und aisthesis = Empfindung und bedeutet "Strahlenfühligkeit".
Radiästheten sind "Strahlenfühlige", die angeblich Strahlen fühlen, die mit physikalischen Messgeräten nicht nachweisbar sind. Ein Pendel besteht aus einer etwa 30 cm langen Schnur, an deren Ende ein kleines Gewicht befestigt ist. Der Pendelnde hält den Anfang der Schnur zwischen Daumen und Mittelfinger und führt die Schnur über den Zeigefinger, so dass sie frei hängen kann. Ohne willentliche Beeinflussung beginnt das Pendel bei ruhiggehaltener Hand unter dem Einfluss der Schwerkraft zu schwingen, linear oder in Kreisbewegungen — mit und gegen den Uhrzeiger, links- oder rechtsdrehend.
Die Bewegungsrichtung wird vom Pendler als Antwort auf eine gestellte Frage festgelegt:
Wie ein Pendel in Bewegung gesetzt wird, ist wissenschaftlich zweifelsfrei bewiesen: Ein Pendel bewegt sich durch Pulswellen, Muskelanspannung, Atembewegungen, Vorstellungen, Erwartungen und Gefühle. Diese wirken als sog."Carpenter-Effekt", benannt nach dem englischen Arzt W. B. Carpenter (1813-1855), der feststellte:
"Jede Bewegungsvorstellung bewirkt bereits einen Antrieb zum Vollzug dieser Bewegung".
Bereits 1640 hatte der Jesuit Athanasius Kirchner vermutet, dass unwillkürliche Muskelbewegungen die Ursache für das Pendeln sind. Heute kann die Medizin beweisen, dass es einen absoluten Ruhezustand der Muskeln nicht gibt. Beim Pendeln kommt es durch Ermüdung zusätzlich zu unmerklichem Muskelzittern. Diese geringen Impulse schaukeln sich nach dem physikalischen Resonanzgesetz hoch zu immer größeren Schwingungen im gleichen Rhythmus.
In ihrem Handbuch "Die andere Medizin" fasst die "Stiftung Warentest" (Berlin) zusammen:
"Die Bewegung des Pendels ist nicht von kosmischen Energien abhängig. Die Impulse stammen aus Muskelspannungsänderungen ... Sie werden von unbewussten Vorstellungen des Pendelnden gesteuert. Die Wissenschaft nennt dieses Phänomen ideometrische Bewegung" (S. 322).
Ein Pendel macht die Bewegung, die ein Pendler sich vorstellt. Erwartet er, dass sein Pendel nach links ausschlägt, wird es das tun, ebenso nach rechts oder im Kreis. Legt man ein Pendel über einen feststehenden Gegenstand, steht es absolut still und beweist damit, dass es gar nichts spürt oder weiß. Pendeln zu Diagnose- oder Therapiezwecken ist Betrug oder Wahrsagerei.
Der esoterische Fachhandel bietet eine Fülle Pendel verschiedenster Materialien und Beschaffenheit an:
Zahlreiche Arbeitskreise, Heilpraktikerschulen und Esoterik-Institute führen Kurse und Lehrgänge in Pendeln und Rutengehen durch:
Das Institut für Parapsychologie und Grenzwissenschaften, Eggenfelden, bietet vier Lehrgänge in Parapsychologie, Astrologie, Chirologie und "das große Studium" an — zum Gesamtpreis zwischen 742 und 2549 Euro:
Innerhalb des 1. Lehrgangs "Parapsychologie" lernt der Vorauszahlende u.a. Bewusstseinserweiterung, Berechnung der Sternstunde, Geistige Selbstheilung, Außersinnliche Wahrnehmungen, Hellsehen, Levitation, Materialisation, Telepathie, Psychokinese, Pendeln und Rutengehen. In der Werbebroschüre "Die IPG-Lehrgänge – der Schlüssel zum Erfolg" wird das Interesse mit fantastischen Behauptungen zu wecken versucht. Unter dem Stichwort "Radiästhesie" heißt es z.B.:
"US-Soldaten, die dafür in speziellen Lehrgängen ausgebildet wurden, suchten in Vietnam erfolgreich mit Wünschelruten nach Minen und Mörsergranaten-Blindgängern ... Noch effektiver arbeiteten die sowjetischen Geologen N.N. Sotschewanow und V.S. Matewejew. In Karelien, der Ukraine und Tadschikistan konnten sie bedeutende Mineralvorkommen entdecken, indem sie große Gebiete mit dem Hubschrauber überflogen und dabei eine Wünschelrute in der Hand hielten ... Evelyn Penrose, die weltweit dafür bekannt ist, Wasser und Ölquellen aufzuspüren, arbeitet bei ihrer Suche mit Pendel und Landkarte. Sie ist der Auffassung, dass ihre Fähigkeit, Wasser und Öl auch über große Entfernungen hinweg festzustellen, auf übersinnlichen Wahrnehmungen beruht ...."
Eine Antwort auf die Frage, warum Pendel und Wünschelrute mit den gleichen Schwingungen bzw. Ausschlägen einmal auf Wasser, dann auf Störfelder, Krankheiten, Nahrungsmittel, Minen, Erz, Gold u.a. reagieren, bleiben Radiästheten schuldig.
Die Wünschelrute oder "Glücksrute" wurde schon im Mittelalter aus gegabelten Haselnuss- oder Weidenzweigen hergestellt. Heute werden diese traditionellen Ruten ergänzt durch Metallbögen oder V- bzw. Y- förmige Drahtgestelle, die in beiden Händen gehalten werden, bis sie ausschlagen. Sie sollen "gefährliche Erdstrahlen", "Reizzonen", "gesundheitsschädigende Wasseradern" oder "Störzonen-Kreuzungen" aufspüren. Diese "krankmachenden Einflüsse", die angeblich aus der Erde aufsteigen und denen man durch Umstellen von Betten oder Schreibtischen ausweichen könne, gibt es nicht. Das beweisen eine Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen: Dr. Otto Bergmann, Wien, Versuchsleiter eines vom österreichischen Bundesministerium für Wirtschaftliche Angelegenheiten über mehrere Jahre geförderten Forschungsprojektes, stellt 1990 fest:
"Es ist so gut wie sicher, dass es keine Erdstrahlen im Sinne des Wortes gibt, dass dieser Begriff vielmehr aus dem Kausalitätsbedürfnis der Rutengänger entstanden ist. Messtechnisch sind über den Reizzonen noch nie Strahlen nachgewiesen worden."
Kommentatoren des Forschungsprojektes ergänzen:
"Zusammenfassend ist festzustellen, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Wiener Gruppe überhaupt keine, wie auch immer gearteten Reizzonen lokalisieren konnte" (Skeptiker 1 / 91, S. 11f).
Unter Begleitung des Hessischen Rundfunks führte die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchungen von Parawissenschaften – GWUP den "Wünschelruten-Test Kassel" durch:
Rund 100 Wünschelrutengänger hatten sich gemeldet. Die Mehrheit gab an, fließendes Wasser in künstlichen Leitungen mit 90 bis 100 prozentiger Sicherheit bestimmen zu können. Einige Radiästheten behaupteten, auch Bodenschätze wie Kohle, Metalle u.a. aufspüren zu können. Im Doppelblindversuch (d.h. weder der Versuchsleiter noch die Rutengänger kannten die Lage der Wasserrohre) und mit einem ausgesetzten Preisgeld von 10.000 Euro wollten die 20 für den Test übrig gebliebenen Rutengänger zunächst Störzonen ermitteln, um dann anschließend den Wassertest und 14 von ihnen auch das "Kisten-Experiment" durchzuführen, d.h. in Kisten deponierte, von ihnen ausgewählte Gegenstände aus Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Kohle oder einen Magneten aufspüren. Das Ergebnis war für alle Wünschelrutengänger erschütternd: Jeder Rutengänger ermittelte "Störzonen" an anderen Stellen, die in erheblicher Entfernung voneinander lagen. Jeder Versuchsteilnehmer erklärte "seine" Störzone mit einer anderen Ursache: Wasseradern, vergrabene Metalle, "Globalgitter-Netz" usw. Die Treffer beim Wassertest und Kistenexperiment waren Zufallsergebnisse.
Zusammenfassend stellten die Versuchsleiter fest:
"Keiner der Rutengänger konnte unter den gesetzten Bedingungen mit der erforderlichen Trefferquote Wasser in Rohren oder Gegenstände in Behältern finden ... Das Versuchsergebnis bestätigt damit die Zufallshypothese" (ebd.).
Das heißt mit andern Worten:
Die Treffer hätten auch von jedem beliebigen Teilnehmer durch Raten erbracht werden können. In zahlreichen Versuchen wurden Wohnungen von mehreren Rutengängern (nacheinander) auf "Erdstrahlen" untersucht – mit dem Ergebnis, dass unter Betten, die an "störfreie" Stellen verschoben worden waren, von anderen Rutengängern "besonders schädliche Kreuzungszonen" geortet wurden.
Studien beweisen:
Erfolge von Rutengängern bei der Wassersuche beweisen nicht ihre "Strahlenfühligkeit", sondern bestätigen nur, dass in Deutschland nahezu überall Wasser gefunden werden kann – höher oder tiefer -, da nach geologischem Befund das Grundwasser flächig steht. Schädigende Wirkungen von Erdstrahlen gibt es nicht, da es keine Erdstrahlen gibt.
Die auf dem Esoterikmarkt angebotenen "Strahlenschutzgeräte" werden häufig mit der Warnung geliefert:
"Vorsicht! Beim Öffnen des Gerätes geht die Wirkung verloren."
Wer das Gerät dennoch öffnet, findet oft wertlose Altmaterialien. Zu Diagnosezwecken führt der Radiästhet die Rute an der "Aura" des Patienten entlang, bis die Rute ausschlägt. Um Ferndiagnosen zu erstellen, werden Fotos oder persönliche Gegenstände auf "Vibrationen" mit der Rute untersucht. Abgesehen davon, dass es keine Aura gibt, kann der Rutenausschlag zweifelsfrei als unwillkürliche Muskelbewegung erklärt werden. Nicht "Strahlungen" bewirken die Bewegungen einer Wünschelrute, sondern das "Kohnstamm-Phänomen": Die angespannte Hand- und Armhaltung beim Führen der Rute, Wunschvorstellungen, Gefühle und andere vom "Carpenter-Effekt" bekannte Reaktionen führen in kurzer Zeit zu einem geringen Muskelkrampf, der das Ausschlagen der Rute bewirkt.
Weil der Glaube an Erdstrahlen eine Selbsttäuschung ist, können auch "Entstrahlungsgeräte", "Strahlenschutzdecken" u.a. vom Esoterikmarkt angebotenen Hilfen keine Wirkung haben. Sie sind Betrug, Geschäftmacherei und Verführung zum Aberglauben. Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz warnt vor Personen, die "Hausbegehungen" mit der Wünschelrute anbieten, da es keinerlei Beweise für Erdstrahlen gibt. Das Oberlandesgericht Karlsruhe verurteilte einen Sägewerksbesitzer zu einer Geldstrafe, weil er "Matten zum Schutz gegen Strahlen" verkauft und Kranken die Hände an Körperstellen aufgelegt hatte, die angeblich von Erdstrahlen belastet waren. Diese Körperstellen hatte er zuvor mit einer Wünschelrute ermittelt.
In dem Grundsatzurteil heißt es u.a.:
Das Tun des "Magnetisierers zielt darauf ab, die Behandelten zu heilen oder ihnen Erleichterungen zu verschaffen".
Darin erkannte das Gericht einen Verstoß gegen das Heilpraktikergesetz (Az: 2 Ss 1/93). Das Bundesverwaltungsgericht bestätigt in seinem Urteil vom 11.11.1993 (Az: 3 C 45/91), dass es ein Verstoß gegen das Heilpraktikergesetz ist, wenn
"berufs- oder gewerbsmäßig" versucht werde, "von körperlichen Beschwerden durch sog. Heilmagnetisieren (durch Wünschelrute oder Handauflegung) zu befreien."
Eine Vielzahl ähnlicher Gerichtsurteile und zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen beweisen: Krankmachende Erdstrahlen gibt es nicht. Die auf dem Esoterik-Markt angebotenen Pendel, Wünschelruten und Messgeräte verschiedener Ausführungen und in allen Preisklassen sind aus juristischer Sicht "Hilfsmittel betrügerischen Handelns."
Wer zu diagnostischen bzw. therapeutischen Zwecken pendelt, ist entweder ein Scharlatan, ein Betrüger, oder er macht sich der Wahrsagerei schuldig:
"Mein Volk befragt sein Holz, sein Stab (Rute) soll ihm Auskunft geben. Der Geist der Unzucht hat sie betört: Sie entfernen sich buhlend (durch Götzendienst) von ihrem Gott"
(Hosea 4, 12).
Christen, die pendeln oder für sich auspendeln lassen, versündigen sich gegen das 1. Gebot Gottes, das Götzendienst verbietet:
"Ihr sollt weder Wahrsagerei noch Zauberei treiben!"
(3. Mose 19, 26).
"Niemand finde sich bei dir, der Wahrsagekünste betreibt. Denn ein Gräuel für den Herrn ist jeder, der solches tut"
(5. Mose 18, 10).
S. auch: Alternativmedizin; Esoterische Medizin; Okkultismus.
Adelgunde Mertensacker
Etliche Texte sind auch in gedruckter Form erschienen in verschiedenen Handbüchern (je 144-200 Seiten, je 9,80 Euro):
1. Kleines Sekten-Handbuch
2. Kleines Kirchen-Handbuch
3. Kleines Ökumene-Handbuch
4. Kleines Endzeit-Handbuch
5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
10. Kleines Theologie-Handbuch
Weitere Handbücher (über Theologie, Esoterik, u.a.) sind geplant. Informationen bei www.l-gassmann.de