Die Waldenser sind eine erste Form protestantischer Kirchen.
Zwar hatten sie bis zum 16. Jahrhundert auch noch katholische Züge, aber nachdem sie über den Reformator Guilaume Farel mit der Reformation in Verbindung kamen, nahmen sie diese 1532 auf der Synode von Chanforan an. Die böhmischen Waldenser gingen bereits im 15. Jahrhundert in den Böhmischen Brüdern (Hussiten) auf.
1176 bekehrte sich der Kaufmann Petrus Waldus in Lyon. Er betrachtete sich nicht in Opposition zur Katholischen Kirche und wollte auch keine neue Gruppierung gründen. Petrus Waldus sammelte Laienchristen um sich, die sich zu äußerer Armut verpflichteten, und zog mit ihnen predigend durch Frankreich und Italien. Man nannte sie auch die "Armen von Lyon". Diese Wanderprediger nahmen das Wort Gottes sehr ernst, deshalb verwarfen sie den Eid, den Krieg, die Todes- und Leibesstrafen, die Seelenmessen, Almosen und Gebete für Tote, die Fegefeuerlehre sowie Ablässe. Die Waldenser bestritten die Wirksamkeit der Sakramente von ungläubigen Priestern. Als Laienpredigergemeinschaft wirkten sie volksmissionarisch. Sie achteten darauf, daß sich keine schwärmerischen Elemente in ihre Reihen einschlichen, deshalb konnte man erst nach sechsjähriger Probezeit Mitglied (Prediger) werden. Überall predigten sie, am Stil der Jünger Jesu orientiert, gemäß Mt 10,5-15, Buße. Die Waldenser missionierten bis ins Brandenburgische und bis nach Österreich.
Der weltlichen und reichen Katholischen Kirche waren diese ernsten Christen ein Dorn im Auge. Weil sie ohne offizielle kirchliche Erlaubnis predigten, wurden sie 1184 von der katholischen Kirche exkommuniziert. Zeitweise gab es richtiggehende Pogrome durch die Katholische Kirche. Kreuzritter wüteten unter den Waldensern, bevor sie auszogen, um mordend und sengend für die Ökumenische (weltweite) Kirche des Mittelalters
"das heilige Grab von den Ungläubigen (Moslems, Juden und Orthodoxen) zu befreien".
Die Waldenser hatten später sehr stark unter der Gegenreformation in Frankreich und Italien zu leiden. Herzog Viktor Amadeus II. von Savoyen verbot 1686 den evangelischen Glauben in seinem Land, dem damaligen Hauptsiedlungsgebiet der Waldenser. Nach einem schrecklichen Vernichtungskrieg mussten alle Waldenser, die ihrem Glauben nicht abgeschworen hatten, das Land verlassen. Mehrere Versuche der Rückkehr blieben fast erfolglos. Nachdem 1690 Savoyen Frankreich den Krieg erklärte, rief man die Waldenser zurück und lud auch französische Waldenser und Hugenotten ein, ins Land zu kommen. Sie bekamen eine begrenzte Religionsfreiheit. Unter König Carlo Alberto erhielten sie 1848 die Religionsfreiheit. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts zählt die Gemeinschaft in Italien ca. 30.000 Mitglieder. Sie leben dort in enger Beziehung mit der Evangelisch-methodistischen Kirche (Methodisten).
Nach der Zuerkennung ihrer religiösen Rechte im Jahre 1848 gründeten die Waldenser in ganz Italien verschiedene soziale Einrichtungen (Altenheime, Kinderheime, Schulen, Begegnungszentren — wie zum Beispiel Agape bei Turin), um die herum sich auch die heutigen Gemeinden der waldensischen Diaspora gründeten, die in ganz Italien verstreut sind. Geographisches Zentrum der Waldenser bilden nach wie vor die so ge-nannten Waldenser Täler in den Cottischen Alpen östlich von Turin, wo sich die meisten und größten Gemeinden finden. Das theologische Zentrum in Form einer theologischen Fakultät liegt dagegen in Rom, wo auch die Tavola — die demokratisch gewählte Kirchenverwaltung und der gewählte Repräsentant — der Moderatore — ihren Sitz haben. In Argentinien und Uruguay leben ca. 14.000 Waldenser, auf der ganzen Welt etwa 1,9 Millionen.
In Deutschland gibt es kleine Gruppen evangelischer Christen, deren Wurzeln die Waldenser sind. Sie gehören zur evangelischen Landeskirche. Ihre heutige Lehre ist der der evangelischen Landeskirchen vergleichbar. Sie gehören zum ÖRK. Eine lose Vereinigung verschiedener deutscher Waldenser-Gemeinden steht hinter der Deutschen Waldenservereinigung e.V., 75443 Ötisheim-Schönenberg. Sie gibt die Zeitschrift "Der Deutsche Waldenser" (DDW) heraus.
Lit.: A. Molnar, Die Waldenser, 1980.
Rainer Wagner
Etliche Texte sind auch in gedruckter Form erschienen in verschiedenen Handbüchern (je 144-200 Seiten, je 9,80 Euro):
1. Kleines Sekten-Handbuch
2. Kleines Kirchen-Handbuch
3. Kleines Ökumene-Handbuch
4. Kleines Endzeit-Handbuch
5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
10. Kleines Theologie-Handbuch
Weitere Handbücher (über Theologie, Esoterik, u.a.) sind geplant. Informationen bei www.l-gassmann.de