In Daniel 2 und 7 ist von vier Reichen die Rede, die aufeinander folgen. Die Ausleger sind sich einig, dass es sich bei den drei ersten Reichen um das babylonische (625 538 vor Christus), das medo-persische (538 331 vor Christus) und das griechisch-hellenistische Weltreich (331 168 vor Christus) handelt. Das vierte Reich wird h�ufig auf Rom (seit 168 vor Christus) gedeutet: Es ist zun�chst geeint, bricht dann in Ost- und Westrom auseinander, verschwindet eine Zeitlang von der politischen Weltb�hne und steht am Ende der Zeiten wieder auf (vergleiche Dan 2,39 43; Offb 17,8). Das wiedererstandene r�mische Reich teilt sich dann in zehn Staaten (vergleiche die zehn H�rner in Offb 17,12), die manche Ausleger mit den Staaten der Europ�ischen Gemeinschaft (EG) gleichgesetzt haben. Die Geschichte hat gezeigt, dass diese Rech-nung nicht stimmt, denn bereits 1986 wurde die Zehnzahl �ber-schritten.
Deshalb neige ich eher der Deutung zu, die zum Beispiel Arnold Fruchtenbaum (Handbuch der biblischen Prophetie) gibt, und aktualisiere sie nachfolgend. Fruchtenbaum begrenzt das vierte Reich nicht nur auf Rom, sondern fasst es weiter: als imperialisti-sches Reich, das die anderen L�nder "frisst" (Dan 7,19). Dieses Reich durchl�uft f�nf Phasen. Die ersten vier sind die folgenden:
= R�misches Reich.
= die Teilung in Ost- und Westrom, die sich im politisch-religi�sen Zweigestirn Rom-Konstantinopel und im zwanzigsten Jahrhundert schliesslich im Ost-West-Konflikt fortsetzt. Dieses Stadium h�rte meines Erachtens im Jahr 1989 auf, als der "kalte Krieg" endete. Als n�chstes kommt:
Der Gedanke der ">Neuen Weltordnung" wird verk�ndet und gewinnt immer mehr Einfluss. Diesem wiederum folgt:
Die zehn Reiche sind vielleicht zehn Verwaltungsbezirke, in welche die Welt zwecks besserer �berschaubarkeit und Kontrollierbarkeit aufgeteilt wird. Diese M�glichkeit ist meines Erachtens realistischer als die (�berholte) Deutung auf >Europa oder einen Staatenblock um das Mittelmeer herum.
Die letztere Deutung vertritt mit aller gebotenen Vorsicht zum Beispiel Marius Baar. Er schreibt:
"1968 haben sich in Beirut zehn arabische L�nder zur OAPEC (Organisation arabischer �lausf�hrender L�nder) zusammengeschlossen ... Wenn ich noch nicht davon ausgehe, dass wir hier schon die zehn K�nige finden, so bin ich deshalb nicht weniger davon �berzeugt, dass die zehn K�nige, die ihre Macht dem Tier das nicht ist und wiederkommt �bergeben, in dem f�nften Reich aus Daniel 2 demnach in der Welt der Propheten zu suchen sind (siehe Offb 17,13), die in Verbindung mit oder gerade um Israels willen die Weltb�hne betreten und eines Sinnes gegen Jahweh und seinen Gesalbten sein werden."
Obwohl diese Deutung im Blick auf die Situation Israels manches f�r sich hat, gehe ich doch vom biblischen Gesamtkontext her davon aus, dass es sich beim antichristlichen System (bzw. seiner Vorstufe) um eine weltweite Herrschaftsaus�bung handelt. Die Staaten um das Mittelmeer herum oder auch Europa k�nnten innerhalb dieses Systems eher einzelne Verwaltungsbezirke von den zehn sein.
Solche Pl�ne finden sich �brigens in Ver�ffentlichungen des einflussreichen Club of Rome. Der Club of Rome teilte in Pl�nen aus den 70er und 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts die Welt in die folgenden zehn Wirtschaftsr�ume auf:
Vorstufen solcher Verwaltungsbezirke k�nnten zum Beispiel auch die bereits existierenden wirtschaftlichen Zusammenschl�sse sein, die in ihrer Zielsetzung der EG entsprechen, zum Beispiel die arabischen OPEC-L�nder, die Contadora-Staaten, die Staaten des Zentralamerikanischen Gemeinsamen Marktes, die AKP- (Afrika-, Karibik-, Pazifik-)-Staaten und die ASEAN-Staaten (Ostasien).
Welches ist nun das f�nfte Stadium, das noch kommt? Es ist:
W�hrend des Zehn-Reiche Stadiums wird der Antichrist auftreten, drei Reiche vernichten und die restlichen sieben unterwerfen (vergleiche Dan 7,7f.24; Offb 17,12ff.). Dann kann er seine absolute Herrschaft aus�ben. Zentren der antichristlichen Herrschaft k�nnten durchaus in Rom (vergleiche Offb 17f.; 1. Petr 5,13) und in Jerusalem (vergleiche Dan 9,27; 2. Thess 2,4) liegen.
Ergebnis: Die Weltgeschichte entwickelt sich � besonders auffallend seit dem Ende des 20. Jahrhunderts � auf einen Punkt zu, an dem die Menschheit aus eigener Kraft versucht, ein Friedensreich zu bauen. Sie betreibt damit nichts anderes als den Versuch, das tausendj�hrige messianische Friedensreich Jesu Christi (vergleiche Offb 20,1-6) aus eigener Kraft vorwegzunehmen. Die Bibel spricht deutlich davon, dass diese Bem�hungen der vereinigten Menschheit ohne den einen, lebendigen Gott der Bibel im Antichristlichen im zweiten Turmbau von Babel (1.Mose 11,1 9; Offb 17) enden werden. Doch dieses Friedensreich hat keinen Bestand. Es ist ein Reich "aus Ton und Eisen gemischt" eine Einheit ohne >Wahrheit, eine Einheit durch Vermischung unterschiedlicher Ideologien und Religionen (vgl. Dan 2,33.43). Jesus wird sein Gericht �ber dieses "Sein-Wollen-wie-Gott" der Menschheit halten: "Wenn sie sagen werden: Es ist Frieden! Es hat keine Gefahr! dann wird das Verderben schnell �ber sie kommen" (1. Thess 5,3).
S. auch: Globalisierung, Neue Weltordnung, Vernetzung.
Lothar Gassmann
Etliche Texte sind auch in gedruckter Form erschienen in verschiedenen Handb�chern (je 144-200 Seiten, je 9,80 Euro):
1. Kleines Sekten-Handbuch
2. Kleines Kirchen-Handbuch
3. Kleines �kumene-Handbuch
4. Kleines Endzeit-Handbuch
5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
10. Kleines Theologie-Handbuch
Weitere Handb�cher (�ber Theologie, Esoterik, u.a.) sind geplant. Informationen bei www.l-gassmann.de