Yoga (von der altindischen Wurzel yui, »zusammenbinden«, »unters Joch spannen«, »einen«) erstrebt die Rückverbindung des Einzelnen (Jivatma) mit dem Höchsten Selbst (Paramatma oder Brahma) und bedeutet sowohl den Weg dorthin als auch dessen Ende. Entsprechend der Vielzahl der Wege gibt es eine Vielzahl von Methoden:
Der klassische Yoga ist der Raja-Yoga (»königlicher Yoga«), den der indische Gelehrte Patanjali vermutlich im 2. Jh. v.Chr. im »Yoga-Sutra« als eines der sechs >hinduistischen phil. Systeme (Darshanas) systematisiert hat. Er beruht im wesentlichen auf der Sankhya-Philosophie. Diese unterscheidet zwischen Purusha (unveränderlichem reinem Geist, Akt) und Prakriti (veränderlicher Materie, Potenz). Deren Zusammenwirken ist für die Evolution notwendig, verursacht aber auch Leiden, indem Täuschung (Maja) über die wahre – geistige - Realität der Welt entsteht. Das Ziel ist die Befreiung von Täuschung und Leiden, die Befreiung des Geistes in der Überwindung des Gebundenseins an die Materie. Das geschieht im Sankhya durch metaphysische Erkenntnis (Jnana), im Raja-Yoga Patanjalis jedoch auf dem praktisch-methodischem Weg zu tiefster Versenkung und Konzentration (Samadhi). Dadurch kommt es zur »Erlösung« im hinduistischen Sinne, zur Wunsch- und Leidenschaftslosigkeit, zur »Einsamkeit« (Kaivalya).
Die Mittel zur Befreiung (Sadhanas) untergliedern sich in acht Yogangas (Glieder des Yoga):
Der im Westen vor allem praktizierte Hatha-Yoga (»grober Yoga«, »Yoga der körperlichen Übungen«) beruht auf den Stufen Asana und Pranayama des Raja-Yoga und wird daher zu Unrecht für eine reine Körper- und >Entspannungstechnik gehalten. Er geht genauso wie die anderen Yoga-Formen
»von der hinduistischen Grund-voraussetzung aus, daß das Selbst des Menschen ... durch die Materie verhüllt und deshalb in Täuschung befangen ist, die es ihm nicht ermöglicht, sich selbst bewußt zu werden ... Hatha-Yoga ... will nichts anderes sein als die Vorbereitung auf den klassischen Yoga, dem es allein zukommt, die Kaivalya, die menschliche Selbsterlösung, herbeizuführen« (Hoppenworth, Neue Heilswege aus Fernost, 1978, 55.58).
Die gesundheitlichen und »übernatürlichen« Auswirkungen (Siddhis) des Yoga sind umstritten (vgl. Klostermaier, Hinduismus, 1965, 264f). Vor allem aber ist der Yoga in seinen verschiedenen Gestalten als Versuch zur >Selbsterlösung unvereinbar mit dem Evangelium von der Erlösung des Sünders allein aus Gnaden (Röm 3,28). Er führt – entgegen der biblischen Warnung, wachsam und nüchtern zu sein (1Petr 5,8) – zur Versenkung und Ausschaltung des bewußten Denkens (Passivität; Trance). Sein Ziel ist die Kontaktaufnahme mit hinduistischen Gottheiten, hinter denen sich gemäß bibl. Lehre gottfeindliche Dämonen verbergen.
Seid nüchtern, wachet; euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge.
(1Petr 5,8)
Lit.: S. N. Dasgupta: Yoga as Philosophy and Religion, 1924; K. Hoppenworth: Neue Heilswege aus Fernost – Hilfen oder Gefahren?, 1978; K. Klostermaier: Hinduismus, 1965.
Lothar Gassmann
Etliche Texte sind auch in gedruckter Form erschienen in verschiedenen Handbüchern (je 144-200 Seiten, je 9,80 Euro):
1. Kleines Sekten-Handbuch
2. Kleines Kirchen-Handbuch
3. Kleines Ökumene-Handbuch
4. Kleines Endzeit-Handbuch
5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
10. Kleines Theologie-Handbuch
Weitere Handbücher (über Theologie, Esoterik, u.a.) sind geplant. Informationen bei www.l-gassmann.de