Befreiungstheologie

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Befreiungstheologie (auch: Theologie der Befreiung; >Genitivtheologien) ist die Bezeichnung einer umstrittenen kirchlichen Lehre und Bewegung, die in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts in den lateinamerikanischen katholischen Kirchen entstanden ist. Befreiungstheologie geht davon aus, dass die unter gesellschaftlichen Zw�ngen der kapitalistischen Gesellschaftsordnung lebenden Menschen befreit werden m�ssen. Befreiungstheologie sieht in der biblischen Botschaft einen Zuspruch der politisch-gesellschaftlichen Befreiung und geht davon aus, dass diese Freiheit n�tigenfalls auch mit Gewalt errungen werden darf. Theologische Begr�ndung ist die Befreiungsgeschichte Israels aus �gypten. Diese Begr�ndung geht eine Verbindung mit marxistischen Gesellschaftsvorstellungen ein. In der Befreiungstheologie wird S�nde nicht mehr individuell, sondern als gesellschaftliches Problem, aus dem es Befreiung geben muss, verstanden. Die Befreiungstheologie steht, wenn auch damals ohne den marxistischen Hintergrund, in der Tradition �hnlicher Gedanken unter extremen Anh�ngern des Pr�millennialismus und der Chiliasten (Thomas M�ntzer, T�uferreich zu M�nster und einige Puritaner).

Das politische Eintreten der Befreiungstheologie hat diese kirchliche Bewegung im scharfen Gegensatz zu den oft politisch extrem rechts stehenden Regierungen Lateinamerikas am Ende des 20. Jahrhunderts gebracht. Seit den 80er Jahren geriet die Befreiungstheologie in zunehmende Spannungen mit der Glaubenskongregation (Nachfolgerin der Inquisition) des Vatikans. Bischof Leonardo Boff (geb 1938), der katholische Hauptvertreter der Befreiungstheologie, bekam Redeverbot vom Vatikan. Ernesto Cardinal trat, obwohl er katholischer Priester war, in die marxistische Regierung Nicaraguas als Kulturminister ein. Ihm wurden daraufhin seine Priesterrechte durch den Vatikan entzogen. Befreiungstheologie wurde auf Afrika �bertragen (anglik. Erzbischof Tutu) und war ein Hintergrund der s�dafrikanischen Antiapartheid-Theologie. Die >Feministische Theologie �bertrug die Gedanken von klassen- und rassenk�mpferischer Befreiung auf die Befreiung von patriarchalen Strukturen in der Gesellschaft und Kirche (u.a. D. S�lle). Gro�es Aufsehen erregte die Befreiungstheologie bei der Weltmissionskonferenz 1973 in Bangkok. Dort wurde auf dem Hintergrund der Befreiungstheologie die These der Wirkung des Heiligen Geistes auch in den Befreiungsbewegungen vertreten. Finanzelle Unterst�tzung marxistischer Befreiungsbewegungen durch den �RK (u.a. f�r Mugabe im damaligen Rhodesien, den ANC in S�dafrika und die PLO in Pal�stina) f�hrte zu langen Spannungen vor allem mit der W�rttemberger und Schaumburg-Lippischen Landeskirche, die zeitweise aus dem �RK austraten.

S. auch: Kommunismus; >Genitivtheologien; Theologie der Hoffnung; Feminismus.

Lit.: P. Beyerhaus, Bangkok 73 � Anfang oder Ende der Weltmission?, 1973.

Rainer Wagner


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Etliche Texte sind auch in gedruckter Form erschienen in verschiedenen Handb�chern (je 144-200 Seiten, je 9,80 Euro):

1. Kleines Sekten-Handbuch
2. Kleines Kirchen-Handbuch
3. Kleines �kumene-Handbuch
4. Kleines Endzeit-Handbuch
5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
10. Kleines Theologie-Handbuch

Weitere Handb�cher (�ber Theologie, Esoterik, u.a.) sind geplant. Informationen bei www.l-gassmann.de