Justin der M�rtyrer

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Leben

Justin der M�rtyrer, geb. in Flavia Neapolis (Sichem, Nablus), war christlicher Philosoph, Lehrer und gilt als der bedeutendste altkirchliche Apologet des 2. Jhd.s n. Chr.

Nach seiner philosophischen Ausbildung im mittleren >Platonismus in Ephesus erfolgte seine Bekehrung zum Christentum; er blieb aber dem mittleren Platonismus gegen�ber bei einer positiven Einstellung. Danach verstand er sich als "christlicher Philosoph" und wirkte zun�chst in Pal�stina und bezeichnete die Samariter als sein Volk; sp�ter war er Lehrer in Rom, zu einer Zeit, als seine Schule relativ unabh�ngig von der r�mischen Kirchenleitung war.

Lehre

Von seinen hinterlassenen Schriften sind nur drei erhalten geblieben: zwei Apologien gegen die Heiden an Antonius Pius (ca. 155 n. Chr.), Dialog mit dem Juden Tryphon �ber das j�dische Gesetz und den Monotheismus (ca. 160 n. Chr.). Diese drei Schriften bilden zusammen mit seinen M�rtyrerakten und einigen Erw�hnungen bei sp�teren Schriftstellern, vornehmlich bei seinem Sch�ler Tatian und dem Kirchenhistoriker Euseb, die Hauptquelle, um �ber sein Leben und Denken etwas in Erfahrung zu bringen. Die Schriften zeigen, da� Justin der M�rtyrer Vertreter einer bewu�ten Synthese zwischen griechischer >Philosophie und Christentum ist, ohne dessen Offenbarungsanspruch aufgeben zu wollen. Aus dem Dialog mit dem Juden Tryphon ergibt sich, wie sich Philosophie und Christentum im Denken Justins zueinander verhalten. In den M�rtyrerakten, in denen das Verh�r vor dem Stadtpr�fekten Roms, Junius Rustinus (163-167 n. Chr.), �berliefert ist, bekennt Justin der M�rtyrer, da� er "versucht habe, alle Lehren kennenzulernen, den wahren Lehren der Christen aber seine Zustimmung gegeben" habe.

Nach Justin der M�rtyrer ist die Philosophie Zugang zu Gott, das Christentum aber die einzig zuverl�ssige Philosophie, da die zeitgen�ssischen heidnischen Philosophen �ber die Wahrheit uneinig sind. Das Christentum sieht Justin der M�rtyrer sowohl im Einklang mit Bestrebungen menschlicher Vernunft als auch als Offenbarungsreligion. Es ist nach Justin der M�rtyrer derselbe Gott, den Platoniker durch eigene Kraft zu sehen begehren und der sich durch die Propheten und Christus offenbarte. Die Begriffe des mittleren Platonismus �ber Gott, Sch�pfung und sogar den Logos findet Justin der M�rtyrer im Christentum wieder.

Seine Logoslehre hat Justin der M�rtyrer aller Wahrscheinlichkeit nach nicht aus dem Johannesevangelium gewonnen, sondern viel eher aus j�dischen bzw. fr�hchristlichen Spekulationen. Absicht Justin der M�rtyrers in seinen beiden Apologien ist, aufzuzeigen, da� es neben j�dischen auch heidnische Wegbereiter Christi gab und sich Gottes F�rsorge auf alle Menschen erstreckt. Weil Justin der M�rtyrer zufolge Gott alle Menschen mit der F�higkeit ausgestattet hat, zwischen Gut und B�se zu w�hlen und mit dem Samen der Vernunft (Logos) begabt hat, ist ihnen erm�glicht, die Wahrheit wenigstens dunkel zu erkennen. An dieser Vernunft oder auch Wort Gottes (Logos) haben alle Menschen Anteil gehabt und deshalb die M�glichkeit, mit oder ohne Vernunft zu leben. Deshalb gab es nach Justin der M�rtyrer Christen vor Christus, unter den Griechen die Philosophen Sokrates und Heraklit, unter den Juden die Patriarchen und Propheten. In Christus wurde das ganze Wort (Logos) Mensch; damit sind Teilerkenntnisse fr�herer Zeiten dadurch �berholt, da� die Christen an ihm selbst durch seine Gnade teilhaben.

Wirkung

Zwar sind die erhaltenen Werke Justin der M�rtyrers nicht an christliche Leser gerichtet, wurden aber von diesen gesch�tzt und �berliefert. Justin der M�rtyrer hat seine Offenheit zur heidnischen Philosophie so mit dem �berlieferten Glaubensgut verbunden, da� dies auch sp�ter Achtung erhielt. Seine philosophische Dogmatik steht nicht allein f�r apologetische Zwecke, sondern auch f�r christliche Dogmen (Sch�pfungslehre bzw. Kosmologie, Logos-Christologie). F�r die Entwicklung der gro�kirchlichen Theologie hat vor allem Justin der M�rtyrers Logoslehre als Alternative zum >Adoptianismus judenchristlicher Kreise und zur Hypostasenlehre der >Gnostiker Bedeutung. F�r die Geschichte der Liturgie, des neutestamentlichen Textes und Kanons im 2. Jhd. n. Chr. bleiben Justin der M�rtyrers Werke eine unentbehrliche Quelle. Bei Justin der M�rtyrer kommt der platonische Einflu�, der nach ihm in der christlichen Theologie herrschend wurde, erstmals deutlich zum Ausdruck.

Justin der M�rtyrer ist in Rom den M�rtyrertod gestorben und hat von daher seinen Namen erhalten. Er war eine Pers�nlichkeit, die durch ihre Redlichkeit und Tapferkeit einen durchaus positiven Eindruck hinterlie�. Er lebte getreu dem Motto, das er in seiner ersten Apologie vertrat: "Derjenige, der die Wahrheit liebt, sollte auf jede Weise, sogar vor seinem eigenen Leben, es sich zum Vorsatz machen, selbst dann, wenn der Tod angedroht wird, das Gerechte zu sagen und zu tun."

Beurteilung

Betrachten wir die Haupteinfl�sse auf Justins Denken, so k�nnen wir ohne weiteres feststellen, da� seine Schwerpunkte anderswo liegen als im Protestantismus. Aber auch die Gro�kirche nach ihm, die ihn durchaus verehrte, hat bei den trinitarischen Kontroversen des 4. Jhd.s und den pelagianischen Streitigkeiten des 5. Jhd.s seine Positionen nicht einfach kritiklos �bernommen, sondern andere Akzente gesetzt. Justin der M�rtyrer ist letztlich Vertreter des mittleren Platonismus geblieben. Das Christentum erschien ihm als die beste Philosophie. Da� Philosophie letztlich die Welt � teilweise � erkl�ren kann, im Gegensatz dazu der christliche Glaube aber Erl�sung bringt, dieser Unterschied zwischen Philosophie und christlichem Glauben ist ihm in dieser Sch�rfe nicht bewu�t gewesen. Bei seinen apologetischen Bem�hungen f�r das Christentum hat er sich allem Anschein nach zu weit auf die heidnische Philosophie eingelassen. Seine Vorstellung vom Logos Spermatikos r�cht sich bis heute, denn im interreligi�sen Gespr�ch wird sie vor allem vom offiziellen Katholizismus, wenn auch nicht nur von diesem, positiv aufgenommen, was zu einer positiven Beurteilung nichtchristlicher Religionen f�hrt, und deren un�berbr�ckbaren Gegensatz zum christlichen Glauben in unzul�ssiger Weise �berdeckt (�kumene der Religionen).

S. auch: Apologetik; Glaube und Denken; >Offenbarung; >Philosophie.

Lit.: Bammel, C. P., Justin der M�rtyrer, in: M. Greschat (Hg.), Gestalten der Kirchengeschichte, Bd 1, Alte Kirche I, 1984, 51-68; Campenhausen, H. v., Die griechischen Kirchenv�ter, 8. Aufl. 1997, 14-23.

Walter Rominger


Index

Etliche Texte sind auch in gedruckter Form erschienen in verschiedenen Handb�chern (je 144-200 Seiten, je 9,80 Euro):

1. Kleines Sekten-Handbuch
2. Kleines Kirchen-Handbuch
3. Kleines �kumene-Handbuch
4. Kleines Endzeit-Handbuch
5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
10. Kleines Theologie-Handbuch

Weitere Handb�cher (�ber Theologie, Esoterik, u.a.) sind geplant. Informationen bei www.l-gassmann.de