Neuapostolische Kirche (NAK)

Klick auf den Kompass öffnet den Index1. Entstehung und Problematik:

Die NAK ist hervorgegangen aus der Katholisch-Apostolischen Kirche � zumindest nach ihrem Selbstanspruch, aber die Katholisch-Apostolische Kirche erkennt die NAK nicht an. Die Entwicklung von der Katholisch-Apostolischen Kirche (die es heute noch gibt) bis zur NAK verlief kompliziert. 1863 hat sich als Abspaltung davon die "Allgemeine Christliche Apostolische Mission" (Geyerianer) herausgebildet. Die aus dieser hervorgegangene Gruppe, die zun�chst "Allgemeine Apostolische Mission" hie� und zur NAK wurde, trug dann ab 1907 den Namen "Neuapostolische Gemeinde" und ab 1930 den Namen "NAK". Der holl�ndische Zweig, der wichtig ist, denn dieser ging dem deutschen voraus, hie� "Hersteld Apostolische Zending Gemeente". Der nordamerikanische Zweig trug den Namen "First General Apostolic Church in Chicago, Illinois". Zur fr�hen Geschichte s. die Artikel: Katholisch-Apostolische Kirche und Geyerianer. Die drei ersten und f�r die Lehrbildung einflussreichsten Stammapostel waren Fritz Krebs (1832-1905; Stammapostel 1895-1905), Hermann Niehaus (1848-1932; Stammapostel 1905-1930) und Johann Gottfried >Bischoff (1871-1960; Stammapostel 1930-1960). Walter Schmidt amtierte als Stammapostel von 1960 bis 1975. Er starb im Jahre 1981 im Alter von 89 Jahren. Seine Nachfolger im Stammapostelamt wurden: Ernst Streckeisen (1975-1978), Hans Urwyler (1978-1988), Richard Fehr (ab 1988). Die letzten drei sind Schweizer. Unter ihnen verlief die Geschichte in ruhigeren Bahnen als bei ihren Vorg�ngern, wenn es auch immer wieder Opposition, Austritte und Spaltungen gab (z.B. 1988 durch den Apostel H. G. Rockenfelder, der vergeblich das prophetisch-charismatische Element der Anfangszeit wieder einf�hren wollte; er gr�ndete die "Apostolische Gemeinde").

Die Geschichte der NAK und ihrer "Vorl�ufer-Kirchen" ist eine Geschichte von Gaben und Geistesaufbr�chen, von Amt und Autorit�t, aber auch von K�mpfen und Rivalit�t, von Falschprophetie und Spaltungen. Betrachtet man sie im Zusammenhang, dann stellt sich eine Reihe von Fragen, z.B.: a. War bei den Aufbr�chen und spektakul�ren Erscheinungen im 19. Jahrhundert wirklich der Geist Gottes am Werk � oder war es ein falscher, d�monischer Geist? � b.  Wie sind in diesem Zusammenhang die Voraussagen � vom Albury-Kreis bis zu J. G. Bischoff � einzuordnen, die fast alle nicht alle eingetroffen sind? � Lies hierzu 5. Mose 18,22! � c. Welche der "apostolischen" Gruppierungen, die alle miteinander im Konflikt stehen, vertritt nun die "wahre apostolische Kirche": die Katholisch-Apostolische Kirche, die Allgemeine Christliche Apostolische Mission, die NAK, eine der vielen apostolischen Splittergruppen � oder gar keine von diesen allen? � d. Bindet sich der Heilige Geist wirklich an ein Amt, wie etwa das des Stammapostels? � Lies hierzu Joh. 3,8! � e. Besteht bei Praktiken der NAK wie Taufe und Versiegelung f�r die Toten nicht die Gefahr des Spiritismus ? � Vgl. 5. Mose 18,9ff.!

Noch wichtiger als alle diese Fragen ist jedoch folgende grundlegende Frage: Ist in der Bibel f�r unsere Zeit wirklich das Auftreten neuer Apostel verk�ndigt � oder handelt es sich hierbei um eine Fehldeutung der Heiligen Schrift, verbunden mit menschlichem Wunschdenken und Machtstreben? Falls die Bibel f�r unsere Zeit keine neuen Apostel voraussagt, kann es sich bei allen neuen "Apostelbewegungen" nur um falsche Apostel handeln.

2. Gibt es wieder Apostel?

In neutestamentlicher Zeit existierte der Zw�lferkreis: zw�lf Apostel als Repr�sentanten der zw�lf St�mme Israels, als engster Kreis um Jesus. Zus�tzlich gab es aber auch weitere Apostel, etwa Matthias, der anstelle von Judas Ischarioth nachberufen wurde, sowie Paulus, der den Herrn gesehen hat, wenn auch auf eine andere Art als die anderen, und schlie�lich den weiteren Kreis wohl einiger Dutzend M�nner, die hinausgesandt wurden, um die Grundlage der christlichen Kirche zu legen. Zu diesen "anderen Aposteln" neben den Zw�lfen z�hlten u.a. Barnabas, Apollos, Junias, Epaphroditus, Andronikus, Matth�us und Jakobus. Es gab also den Zw�lferkreis als den engsten Apostelkreis, aber auch eine dar�ber hinausgehende Schar von Aposteln.

Die entscheidende Frage lautet nun aber, ob es in der Neuzeit �berhaupt wieder Apostel gibt. Dies ist die Frage nach der Sukzession (Amtsnachfolge). Gibt es eine ununterbrochene Nachfolge von Aposteln, �berhaupt eine Einsetzung von Apostel-Nachfolgern im Neuen Testament? Eindeutig nicht! Denn wenn das Apostelamt eine Einrichtung auf Dauer gewesen w�re, wie ist es denn dann zu erkl�ren, dass nach dem Aussterben der ersten Apostel keine weiteren Apostel eingesetzt wurden (im Zw�lferkreis: au�er bei der Nachwahl des Matthias f�r den Verr�ter Judas Ischarioth)? Das w�re ja ein str�flicher Leichtsinn gewesen und h�tte im Widerspruch zum Auftrag des Herrn gestanden. Aber offensichtlich hat es einen solchen Auftrag des Herrn Jesus zur weiteren Aposteleinsetzung nicht gegeben. Dies ist ein historisches Argument. Die Sukzessionskette, die Amtsnachfolge, ist beim Tode der Urapostel abgerissen � und sie ist auch 1800 Jahre abgerissen geblieben. Erst durch das sogenannte "neue Wirken des Heiligen Geistes" kam das "apostolische Werk der Gegenwart" in Gang: "Da ward Drummond vom Heiligen Geist getrieben, an Cardale heranzutreten und ihn in der Kraft des Heiligen Geistes anzureden: �Bist du nicht ein Apostel? Tue eines Apostels Werk.` Und dabei redete Drummond durch den Heiligen Geist viele und ernste Worte �ber die Pflichten des apostolischen Amtes." Das war der Anfang des Apostelamts in der Neuzeit, wobei auch hier die Sukzession insofern unterbrochen ist, als die Katholisch-Apostolischen die Neuapostolischen nicht als ihre Amtsnachfolger anerkennen. Es besteht also, wenn man so will, eine doppelte Unterbrechung der Sukzession, der �mterfolge. Die Neuapostolischen berufen sich auf den Anfang bei den Katholisch-Apostolischen gegen deren Willen und Selbstverst�ndnis.

Nach evangelischem Verst�ndnis gibt es eine "successio originis" (eine Nachfolge von den Anf�ngen der Kirche her) und eine "successio doctrinae" (eine Nachfolge in der Lehre), aber keine "successio apostolica" (eine Nachfolge der Apostellinie in personaler Gestalt). Hierzu ein Zitat des Dogmatikers Hermann Sasse: "... die echte apostolische Suzession (ist) immer nur die Sukzession der Lehre, feststellbar an der Identit�t des Inhalts der Verk�ndigung der jeweiligen Kirche mit dem im Neuen Testament gegebenen Zeugnis der Apostel. Wohl gibt es auch eine Sukzession der Lehrer, der treuen Verk�ndiger der apostolischen Botschaft. Aber diese ist nur Gott bekannt, so wie nur Gottes Auge die wahre Kirche sieht ... Indem das Aufstellen von Amts- und �berlieferungsketten in die Kirche eindrang, drang wieder ein St�ck uralter nichtchristlicher Religion in die Kirche ein. Man suchte in menschlichen B�chern das, was nur in den B�chern Gottes steht" (In statu confessionis, 1975, 195).

Ein "apostolos" ist ein Gesandter seines Auftraggebers. Er ist nur solange beauftragt, wie sein Auftrag dauert. Das heisst, das Apostelamt ist eine zeitweilige Funktion, die erl�scht, wenn der Auftrag ausgef�hrt ist. Und daraus ergibt sich wiederum, dass ein Apostel seinen Auftrag nicht an einen Dritten �bertragen, sondern nur in die H�nde des Auftraggebers zur�cklegen kann. Dies wird ganz deutlich etwa bei der Apostelberufung in Matth�us 10 und Markus 6: Die J�nger waren entsandte Boten, und ihr Auftrag war zu Ende, als sie zur�ckkehrten zum Herrn, zu Lebzeiten Jesu auf Erden. Erst nach Jesu Auferstehung wurde ein Dauerauftrag eingerichtet. Der erh�hte Herr setzte seine J�nger zu bevollm�chtigten Gesandten ein: "Mir ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und machet zu J�ngern alle V�lker. Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie hatten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende" (Mt 28,18-20).

Hier handelt es sich also um einen Dauerauftrag, aber von Nachfolgern der Apostel im urspr�nglichen Sinn ist nicht die Rede, sondern die ersten Boten werden ausgesandt, um die Grundlage der Gemeinde zu legen. Apostel haben Grundlagenfunktion. Sie betreiben die Fundamentlegung (Eph 2,20). Und wenn das Fundament gelegt ist, baut ein anderer darauf weiter. Wenn es einmal gelegt ist, kann man nicht noch ein anderes darauf bauen. Und deshalb ist die Funktion der Apostel erloschen mit der ersten Generation.

Ferner waren die Urapostel unmittelbar vom Herrn berufen, selbst Matthias, der durch das atttestamentliche Losverfahren bestimmt wurde. Matthias erf�llte das f�r einen Apostel entscheidende Kriterium der Augenzeugenschaft (Apg 1,21 f.). Er hat Jesus vor und nach seiner Auferstehung gekannt. Das kann heute keiner der "neuen Apostel" von sich behaupten. Die Urapostel hatten zusammen mit Jesus gelebt und waren Zeugen seiner Auferstehung. Auch Paulus war unmittelbar von Christus berufen worden. In Gal 1,1 lesen wir: "Paulus, ein Apostel nicht von Menschen, auch nicht durch einen Menschen, sondern durch Jesus Christus und Gott, den Vater, der ihn auferweckt hat von den Toten." In Gal 1,12 spricht er von einer "Offenbarung Jesu Christi" und in Gal 1,16 davon, dass "Gott seinen Sohn" in ihm offenbarte. In Gal 2 betont Paulus, dass er sich nicht mit menschlichen Autorit�ten beredet hat, auch nicht mit Petrus, den er erst drei Jahre nach seiner Berufung kennen gelernt hat. Vielmehr ist er ist durch Gott unmittelbar berufen, nicht durch Menschen (also z.B. andere Apostel) eingesetzt worden. Paulus hat den Herrn Jesus "gesehen" (1. Kor 9,1).Es war nicht der Heilige Geist, sondern Christus, der ihn berufen hat. Die Urapostel waren also entweder Augenzeugen des Lebens und der Auferstehung Jesu Christi oder erlebten eine anderweitige unmittelbare Berufung durch Christus. Nirgends in der Heiligen Schrift wird berichtet, dass sie den Auftrag erhalten h�tten, in der "zweiten Generation" weitere Apostel einzusetzen, was sie folglich auch nicht getan haben.

Nun wird von katholisch-apostolischer Seite und neuapostolischer Seite durchaus erkannt und anerkannt, dass die Apostel der Urchristenheit eine Grundlagenfunktion wahrnahmen, die unwiederholbar ist, die Grundlegung der Gemeinde. Darauf wird aber geantwortet, dass die Apostel der Endzeit nicht die Grundlegung wiederholen sollen, sondern diese Gemeinde zur Vollendung f�hren, bevor der Herr wiederkommt. Das sei also ihr Anspruch: Jesus direkt die Gemeinde entgegenzuf�hren. Es gibt nur ein Problem: In der Bibel ist nirgends die Rede davon, dass am Ende der Zeiten neue Apostel Jesu Christi auftreten w�rden.

Ferner wird gesagt, in einer Ausgabe des Buches 4. Esra finde sich der Begriff "Neue Apostolische Kirche". Hierauf ist zu erwidern: Der Begriff "Neue Apostolische Kirche" findet sich nur in einer Kapitel�berschrift. Vor allem aber ist das Buch 4. Esra (nicht zu verwechseln mit Esra im Alten Testament!) pseudepigraph, geh�rt also nicht zur Heiligen Schrift, und zudem stammt die Kapitel�berschrift aus dem 17. Jahrhundert nach Christus.

Dass im Neuen Testament nirgendwo die M�glichkeit angedeutet wird, Christus werde die Pl�tze verstorbener Apostel durch Neusendung von Aposteln wieder auff�llen, wird von katholisch-apostolischer und neuapostolischer Seite zugegeben. Zugleich jedoch setzt man sich �ber die Aussage des Neuen Testaments hinweg, indem man argumentiert: Im Neuen Testament werde zwar nicht expressis verbis (ausdr�cklich) eine Neusendung von Aposteln angek�ndigt, andererseits werde sie aber auch nirgendwo ausgeschlossen. Die Apostel und Bisch�fe der ersten Zeit h�tten noch in der Erwartung der baldigen Parusie (Wiederkunft Christi) gelebt. Vermutlich sahen die Bisch�fe der alten Kirche in dem Tod der Apostel etwas Unab�nderliches und meinten darin den Willen Christi zu erkennen. Sie folgerten daraus f�lschlich, die Funktion von Aposteln sei auf die allererste Zeit der Christenheit beschr�nkt. Das ist aber kein Argument, h�chstens ein "argumentum e silentio" (Argument aus dem Schweigen heraus), was �berhaupt nichts beweist.

Dann wird weiter argumentiert: Vornehmliche Aufgabe der Apostel der ersten Zeit sei es gewesen, als Augenzeugen die Auferstehung Jesu zu bezeugen. Es gebe aber keinen �berzeugenden neutestamentlichen Nachweis f�r die Meinung, dass Apostel den auferstandenen Herrn gesehen haben m�ssten. Darauf antworte ich: Selbst Paulus hat den Herrn gesehen. Das wird � wie schon ausgef�hrt � ausdr�cklich in 1. Kor 9,1 betont: "Bin ich nicht frei, bin ich nicht ein Apostel, habe ich nicht Jesus, unseren Herrn, gesehen?" Der neutestamentliche Apostolat st�tzt sich geradezu auf dieses Gesehenhaben des Herrn. Au�erdem spricht Paulus in 1. Korinther 15, 8 von sich selber als von einer "Missgeburt" oder einer "unzeitigen Geburt" (brephos). Er ist n�mlich der Letzte von denen, die den auferstandenen Herrn gesehen haben. Mit ihm ist die Kette der Erscheinungen abgeschlossen � und damit auch die Kette der Apostelberufungen!

Von neuapostolischer Seite wird das Argument gelegentlich auch herumgedreht, es sei nicht notwendig, dass ein Apostel Jesus "im Fleisch" gesehen haben m�sse. Es habe n�mlich auch in urchristlicher Zeit viele Menschen gegeben, die Jesus im Fleisch gesehen haben, aber doch keine Apostel waren. Ist das ein �berzeugendes Argument? Hier �bersieht man, dass das blo�e Sehen nicht ausgereicht hat. H�tte dieses gen�gt, dann h�tten auch die Pharis�er Apostel werden k�nnen. Dagegen musste die Berufung nat�rlich hinzukommen. Jesus hat als irdischer oder auferstandener Herr Menschen in seine Nachfolge berufen. Die Augenzeugenschaft der Auferstehung Jesu sowie die Aussendung durch ihn, die Beauftragung durch den Herrn, war grundlegend, um Apostel zu werden. Apostoloi waren die Gesandten, die Jesus gesandt und beauftragt hat (s.o.).

Und auch das sei nochmals betont: Bereits im Neuen Testament wird unterschieden, ob Jesus Christus selber Menschen beruft oder ob sie durch den Heiligen Geist berufen sind. Die heutigen Apostel st�tzen sich auf die Berufung durch den Heiligen Geist, aber die Urapostel waren allesamt durch Jesus Christus, durch die zweite Person der Trinit�t, berufen. Der irdische Jesus hat sie aus ihrem Beruf herausgerufen, z.B. Matth�us Levi weg vom Zoll oder andere J�nger beim Fischen am See Genezareth. Diese wurden unmittelbar berufen durch Jesus. Und auch Paulus wurde ja durch Jesus berufen, nicht durch den Heiligen Geist (s.o.). Das darf man nicht vermischen. Der erh�hte Christus ist Paulus vor Damaskus als der Auferstandene erschienen. Heute dagegen kann keiner behaupten, dass ihm der auferstandene Sohn Gottes begegnet sei wie Paulus vor Damaskus (zumindest ist es sehr subjektiv, wenn solches heutzutage behauptet wird). Auch Paulus hatte ja deshalb schon damals Probleme, sich als Apostel zu rechtfertigen. Um wie viel schwieriger ist es dann f�r die "Apostel" heute. Gott kann nat�rlich auch heute durch seinen Geist Menschen berufen. Das geschieht ja bei jeder wirklichen Ordination. Aber berufen werden eben keine Apostel im urchristlichen Sinne, weil die unmittelbare Beauftragung und Entsendung durch Jesus fehlt.

In Eph 4,11-13 � einer immer wieder angef�hrten Kardinalstelle in der Diskussion �ber "neue Apostel" � werden zwar s�mtliche Dienste aufgez�hlt: Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten, Lehrer. Aber diese Aufz�hlung muss man im historischen Zusammenhang sehen. Hier werden die Apostel sicherlich genannt; der Brief ist ja in der Zeit der Apostel geschrieben. Aber an anderen Stellen, gerade Eph 2,20, wird deutlich, dass die Gemeinde, die Kirche auf den Grund der Apostel und Propheten gelegt ist. Das heisst, sie hatten die grundlegende Funktion in der Urkirche, und als die Urkirche gegr�ndet war, gingen die Apostel in die Welt hinaus. Nun wird darauf weiter gebaut, wie etwa Paulus in 1. Kor 3,6.10 sagt: "Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen; aber Gott hat das Gedeihen gegeben ... Ich nach Gottes Gnade, die mir gegeben ist, habe den Grund gelegt als ein weiser Baumeister; ein anderer baut darauf..."

Da die biblischen Argumente fehlen, sucht man nach anderen Kennzeichen f�r die Echtheit der neuen Apostel. Eines davon st�tzt sich darauf, dass die Neuapostolischen Gemeinden so gross seien und so bl�hen w�rden. Das sei eine Best�tigung daf�r, dass die Apostel der Endzeit legitim berufen seien, denn sonst k�nnten die Gemeinden ja nicht so bl�hen. Ist das ein Argument? Es �hnelt dem Argument des Gamaliel, das aber nicht von Gott inspiriert, sondern einfach ein pragmatisches Argument zu seiner Zeit war: "Ist dies Vorhaben oder dies Werk von Menschen, so wird's untergehen; ist es aber von Gott, so k�nnt ihr sie nicht vernichten" (Apg 5,38 f.). Der Islam besteht auch bis heute. Viele Sekten und Religionen bestehen. Und doch sind ihre Lehren nicht wahr. Dieses Argument von Gamaliel ist nicht geistgegeben. Es war nur ein praktischer Rat zur damaligen Zeit. Nat�rlich hat es sich auch an der Kirche bewahrheitet, dass sie nicht von den Pforten der H�lle verschlungen wird (vgl. Mt 16,18). Aber das allein w�rde als Kriterium nicht ausreichen. Die Dauerhaftigkeit und Gr��e einer Religion, Kirche oder Gruppierung ist kein Ausweis ihrer biblischen Legitimit�t.

Die Katholisch-Apostolischen haben als Ausweis ihrer Legitimit�t die Fr�chte ihrer Arbeit betont. J. H. Thiersch etwa weist darauf hin, dass das katholisch-apostolische Werk von Gott sein m�sse, weil die Fr�chte so gut seien. Thiersch schreibt: "Indessen ist die apostolische Sache so lauter und kerngesund, dass sie sich gerade dem Tiefforschenden ... offen seine Einwendungen Darbringenden, beglaubigt." Falls es menschliche Anma�ung w�re, "w�rde in B�lde g�ttliches Gericht folgen, und die Fr�chte w�rden faulen; denn Gott l�sst den nicht ungestraft, der Seinen Namen missbraucht." Und was geschah mit den Katholisch-Apostolischen? Das "Gericht" kam sp�testens 1901, als der letzte Apostel gestorben war. Darum m�ssen wir auch an diese Adresse kritisch sagen, dass letztendlich ja das Gericht eintrat. Andreas Weber, der der katholisch-apostolischen Sache wohlgesonnen ist, stellt am Ende seiner ausf�hrlichen Untersuchung doch fest: "Ist das Erleiden der Hinwegnahme des ganzen Werkes und Modells die Folge einer menschlichen und irrt�mlich durchgehaltenen Idee oder ist es die Folge einer F�hrung Gottes? Die Antwort darauf wird unterschiedlich ausfallen" (A. Weber, Die Katholisch-Apostolischen Gemeinden, 1977, 431). Das Gericht kam in Form des Untergangs, des Aussterbens der Apostel. Heute ist das Werk verwaist und stark zur�ckgegangen. Die �kumenische Breitenwirkung wurde nicht erreicht. Die Neuapostolischen sagen von sich das Gegenteil: Sie seien in die Breite gewachsen. Aber auch das ist, wie ich oben ausgef�hrt habe, keine Legitimation, kein Beweis f�r die Echtheit. Beides nicht.

Abschlie�end sei darauf hingewiesen, dass uns die Bibel vor dem Auftreten >falscher Propheten und Apostel warnt, die sich als Diener Jesu Christi ausgeben, aber es nicht sind. Nach allem, was wir �ber die Geschichte und Lehre der "apostolischen" Kirchen des 19. und 20. Jahrhunderts wissen, trifft m. E. diese biblische Warnung � trotz vieler gutgl�ubiger Mitglieder und Anh�nger und auch mancher guten Ziele � auf alle diese Kirchen und ihre Vertreter zu. "Und es werden sich viele falsche Propheten erheben und viele verf�hren" (Mt 24,10). "Was ich aber tue, das will ich auch weiterhin tun und denen den Anlass nehmen, die einen Anlass suchen, sich zu r�hmen, sie seien wie wir. Denn solche sind falsche Apostel, betr�gerische Arbeiter und verstellen sich als Apostel Christi. Und das ist auch kein Wunder; denn er selbst, der Satan, verstellt sich als Engel des Lichts. Darum ist es nichts Gro�es, wenn sich auch seine Diener verstellen als Diener der Gerechtigkeit; deren Ende wird sein nach ihren Werken" (2. Kor 11,12-15).

Lit.: Apostel oder nicht im neunzehnten (bezw. zwanzigsten) Jahrhundert? Eine Zeitfrage. Vom Apostel F. W. Schwarz, 1919; Die neuapostolische Lehre im Lichte der Heiligen Schrift und das Apostelamt der Endzeit, hg. v. Hermann Niehaus, 1930; Fragen und Antworten �ber den Neuapostolischen Glauben: 1916; 1938; 1952; 1968; 1981; 1992; Geschichte der NAK. Herausgegeben von J. G. Bischoff, Frankfurt a. M. Zusammengestellt und bearbeitet von G. Rockenfelder, versch. Aufl., o J.; Neue Apostelgeschichte, Hg.: NAK. Internationaler Apostelbund Z�rich, 1985; Richtlinien f�r die Amtstr�ger der NAK, 1963; 1993 ff.: � Kritisch. Eggenberger O., Die Neuapostolische Gemeinde. Ihre Geschichte und Lehre dargestellt und beurteilt, 1953, Gerbert J., Nur wir! Eine kritische Auseinandersetzung mit der NAK, 1994; Hutten K., Seher � Gr�ber � Enthusiasten. Das Buch der Sekten und religi�sen Sondergemeinschaften, 15. Aufl. 1997;

K�nig M./ Marschall J., Die NAK in der N.S.-Zeit und die Auswirkungen bis zur Gegenwart, 1994; Obst H., Apostel und Propheten der Neuzeit, 1990; Sasse H., In statu confessionis, Bd. 1, 1975; L. Gassmann, Neuapostolische Kirche. Gibt es wieder Apostel?, 2001.

Lothar Gassmann


Index

Etliche Texte sind auch in gedruckter Form erschienen in verschiedenen Handb�chern (je 144-200 Seiten, je 9,80 Euro):

1. Kleines Sekten-Handbuch
2. Kleines Kirchen-Handbuch
3. Kleines �kumene-Handbuch
4. Kleines Endzeit-Handbuch
5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
10. Kleines Theologie-Handbuch

Weitere Handb�cher (�ber Theologie, Esoterik, u.a.) sind geplant. Informationen bei www.l-gassmann.de