Freimaurerei

1. Begriff und Entstehung

Klick auf den Kompass öffnet den IndexDie Freimaurerei (auch: ‚Maurerei’, ‚Königliche Kunst’; engl.: free masonry, frz.: franc-maçonnerie) versteht sich als eine weltbürgerliche Bewegung, die sich für die Verwirklichung der humanistischen Ideale der Aufklärung einsetzt:

Freimaurer (Freimaurerei) wollen der ganzen Menschheit dienen (Arbeit am ‚Tempel der Humanität’), indem sie an sich selbst arbeiten, sich für ein friedliches Zusammenleben der Menschen und Völker einsetzen sowie jede Form von Absolutismus, Totalitarismus, Fundamentalismus und Fanatismus bekämpfen.

Der Name ‚Freimaurer’ wird auf die Steinmetzen der mittelalterlichen Bauhütten zurückgeführt, die nicht zunftgebunden waren oder die Steine behauten, die an Kunstbauten frei zu sehen waren. Die ursprünglichen ‚freien Maurer’ jedenfalls werden als Künstler gesehen, die einen wertvollen Beitrag für ein grösseres Ganzes leisteten und in ihren Bauhütten (Logen) einen toleranten, undogmatischen, menschenfreundlichen Geist pflegten.

1717 gründeten vier Londoner Bauhütten die erste Grossloge, 1723 verfasste der Presbyterianer J. Anderson das ‚Konstitutionsbuch’, das die ‚Alten Pflichten’ enthält (eine Art freimaurerisches Sittengesetz).

2. Anliegen und Ideale

Den Freimaurern ab 1717 geht es nun nicht mehr nur um ein bestimmtes Handwerk (‚operative Maurerei’), sondern um das menschliche Denken, Streben und Schaffen überhaupt (‚spekulative Maurerei’) – auf allen Gebieten des Denkens, der Kunst, Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft und Technik. Dieses menschliche Schaffen soll in den Dienst des Menschen, der ganzen Menschheit gestellt werden. Damit es sich entfalten kann, soll es befreit werden von allen einengenden Denkmustern und Dogmen, Zwängen und Herrschaftssystemen.

‚Frei’-Maurerei heisst also:

Befreiung der menschlichen produktiven Kräfte, Streben nach schöpferischer und künstlerischer Freiheit in allen Lebensbereichen und dazu Förderung auch von anderen Freiheiten: Glaubens- und Gewissensfreiheit, Produktions- und Handelsfreiheit, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit. Diese Freiheiten sowie der Einsatz für Frieden und Menschenrechte werden als Voraussetzung dafür gesehen, dass ‚das Gute in der Welt’ verwirklicht werden kann.

Hauptanliegen der Freimaurerei ist ‚alles Gute in der Welt’ (Lessing). Dazu sollen auch die Anliegen der Religionen übernommen werden. Aber über dieses Gute soll nicht nur geredet werden, es soll vielmehr in die Tat umgesetzt werden. Und es soll nicht im Blick auf jenseitige Belohnung, sondern um seiner selbst willen getan werden.

Den Freimaurerei geht es in erster Linie um das Diesseits. Tempel (‚Kirche’ der Freimaurerei) und Loge stellen die Welt, das Universum als Wohnstätte der Menschheit dar. Im Innern des länglichen Vierecks ist symbolisch dargestellt, woran sich der diesseitige Mensch orientiert: die Himmelsrichtungen Nord, Süd, Ost und West; Sonne, Mond und Sterne sowie die anderen Menschen, dargestellt durch den ‚Meister vom Stuhl’ (Vorsitzender der Loge). Die Tätigkeit im Tempel wird ‚Arbeit’ genannt. Sie soll der Auferbauung, Vervollkommnung der eigenen Persönlichkeit dienen. (Lehrlinge arbeiten ‚am rauen Stein’, Gesellen am ‚kubischen Stein’, Meister am ‚Reissbrett’). Dies aber – im Unterschied zu anderen esoterischen Gruppierungen – nicht als Selbstzweck, sondern um am Bau der ganzen Menschheit mitzuwirken.

In Tempelausstattung und Tempelarbeit kommen weitere Anliegen und Ideale symbolisch zum Ausdruck. Drei Säulen zum Beispiel stellen dar, dass der Bau in Kraft und Weisheit erfolgen und in Schönheit erstrahlen soll. Zwei weitere Säulen (‚Jachin’ und ‚Boas’ genannt) stellen Gerechtigkeit und Wohlwollen als Grundpfeiler der Humanität dar. Die Gemeinschaftlichkeit der Arbeit wird mit dem Symbol der Biene und des Bienenkorbes dargestellt. Der Zirkel ist Symbol für umfassende Menschenliebe, das Winkelmass Zeichen für Gewissenhaftigkeit. Das Senkblei soll auf Geradheit und Wahrhaftigkeit hinweisen, die Wasserwaage auf Gleichheit. Im Hammer des Meisters vom Stuhl kommt zum Ausdruck, dass gemeinsame Arbeit unter Anleitung, Führung erfolgen muss. Zur freimaurerischen Bekleidung bei der Tempelarbeit gehören ein weisser Schurz und weisse Handschuhe. Sie sollen ausdrücken, dass der Freimaurerei im Leben eine ‚reine Weste’ und ‚saubere Hände’ behalten soll.

In der Freimaurerei werden Leistungen, Werke und Persönlichkeiten verehrt, die einen besonderen Beitrag zur Befreiung und Entwicklung der Menschheit geleistet haben. Herausragendes wird belohnt durch Anerkennung, Verleihung von Würden und Titeln sowie durch Beförderung.

3. Geistige Wurzeln

Die geschichtliche Herkunft der Freimaurerei ist umstritten und liegt trotz mancher Mythen im Dunkeln. Aus verschiedensten Quellen sind Symbole, Riten und andere Elemente übernommen worden. Als wichtigste Einflussbereiche können genannt werden: Die Bauhüttentradition, Mönchtum und Ritterorden, Geheimgesellschaften und Mysterienbünde, jüdische und christliche Tradition, Reformation und Protestantismus, Humanismus und Aufklärung. Aus der Bauhüttentradition stammen unter anderem die Begriffe ‚Freimaurerei’ und ‚Loge’, viele Symbole (s.o.) sowie die Einteilung der unteren Grade (‚Johannismaurerei’) in Lehrling, Geselle und Meister.

Freimaurerei streben einen engen, verbindlich geregelten Zusammenhalt nach dem Vorbild von Ordensgemeinschaften an.

In der freimaurerischen Literatur wird das Mönchtum geschätzt, weil es zur Selbstvervollkommnung, zur Pflege der Brüderlichkeit sowie zur Bewahrung und Entwicklung von verschiedenen Künsten beigetragen hat. Die Künste werden in drei Gruppen eingeteilt: ‚hermetische Künste’ (Religion, Mysterien u.a.), ‚freie Künste’ (allgemein zugängliche Wissenschaften und Techniken), ‚königliche Kunst’ (Bauwesen).

Eine besondere Wertschätzung bringen die Freimaurerei den Templern entgegen. Dieser Ritterorden gilt ihnen als besonderer Verfechter und Bewahrer des Toleranzgedankens. Der letzte Grossmeister, Jakob de Molay, der auf Befehl von König und Papst 1314 hingerichtet wurde, kann als ‚freimaurerischer Märtyrer’ bezeichnet werden. Die Freimaurerei-Jugendorganisation trägt den Namen ‚De-Molay-Orden’.

Von Geheimbünden und Mysterienkulten hat die Freimaurerei wesentliche Elemente übernommen. Die Geheimhaltung von Organisation, Mitgliedschaft und Tätigkeit wird mit dem Kampf gegen absolutistische Mächte begründet. Es wird aber auch argumentiert, der wesentliche Gehalt vor allem der Tempelarbeiten sei verbal gar nicht mitteilbar, sondern müsse erlebt werden und könne von jedem anders erlebt werden. Jedenfalls ist der Zugang nicht frei und offen. In den regulären Logen sind u.a. Frauen, Kinder, finanziell Abhängige, Behinderte und zum Teil auch Schwarze nicht zugelassen. Geheimhaltung und Zutrittskontrolle wird auch innerhalb der Freimaurerei geübt:

So ist es beispielsweise verboten, Mitgliedern niederer Grade Erkennungszeichen und Ritual höherer Grade mitzuteilen. Wesentlich ist, dass die Freimaurerei versuchen, ihre Anliegen und Ideale weniger durch sprachliche Kommunikation als vielmehr durch symbolische Handlungen, Kulte und Riten einzuüben und weiterzugeben. Von den antiken Mysterien sind unter anderem übernommen: der Initiationsritus, Wanderungs-, Läuterungs- und andere Riten. Von ihnen erwarten die Freimaurerei, die sich gerne als ‚Suchende’ bezeichnen, Einweihung, stufenweise Erleuchtung, höhere Erkenntnis und eine Stärkung des Zusammenhaltes.

Auch die jüdische und christliche Tradition haben die Freimaurerei beeinflusst. Manche Symbole stammen aus biblischen, andere aus jüdisch->kabbalistischen Quellen. Der salomonische Tempel gilt als Vorbild für den ‚Bau’ der Menschheit überhaupt. Aus dem Neuen Testament stammen Motive und Bilder wie zum Beispiel das Liebesmahl, die Selbstaufopferung, Tod und Auferstehung, der gute Hirte. Die Bibel gilt als Symbol u.a. für göttliche Weisheit und ethische Verpflichtung. Ihre Auslegung ist jedem einzelnen selbst überlassen. Gott wird gemäss christlich-trinitarischer Tradition als ‚allsehendes Auge’ in einem Dreieck symbolisiert.

Mit Reformation und Protestantismus fühlen sich die Freimaurerei eng verbunden. Sie teilen mit den Reformatoren die Auffassung, dass Gott auch durch das Leben und Wirken in Alltag und Beruf verehrt werden kann. Die Glaubens- und Gewissensfreiheit wird als reformatorische Errungenschaft geschätzt. In geistlich-ethischer Beziehung ist die Freimaurerei mit dem liberalen Protestantismus eng verwandt.

Am nächsten steht die Freimaurerei allerdings dem Humanismus und der Aufklärung. Die Anliegen sind humanistisch-aufklärerisch (s.o.). In der Hochgradmaurerei des ‚Schottischen Ritus’ folgen auf die ‚jüdisch-architektonischen’ Grade (4–14) und die ‚religiös-christlichen’ Grade (15–18) die ‚freiheitlich-aufgeklärten’ Grade (19–30). Hier kommt die Auffassung zum Ausdruck, dass Humanismus und Aufklärung den Gipfel der menschlichen ‚Bau’-Geschichte bilden.

4. Auseinandersetzungen und Einflussnahmen

Die Geschichte der Freimaurerei ist seit ihrer Gründung mit einer Vielzahl von internen und externen Auseinandersetzungen verbunden.

Über die internen Auseinandersetzungen ist wenig bekannt. Fest steht aber, dass sich die heute vorherrschenden Systeme nur nach zum Teil harten internen Kämpfen durchsetzen konnten. Royalisten standen gegen Demokraten, Rationalisten gegen Alchemisten, Christliche gegen Humanitäre, Theisten gegen Atheisten, Kirchentreue gegen Antiklerikale usw. Der rational orientierte J. G. Herder zum Beispiel sah mit grossem Unbehagen, wie >Alchemie und Magie Eingang in die Freimaurerei fanden. Heute gibt es neben ‚regulären’ Freimaurereien verschiedene ‚irreguläre’ Formen (Frauenlogen, gemischte Logen u.a.), abgeleitete Systeme, Hochgradsysteme und freimaurerische ‚Sekten’.

Externe Auseinandersetzungen: Die Freimaurerei beteiligten und beteiligen sich aktiv und an vorderster Front in den Kämpfen für die ‚Humanität’ und gegen jede Form von Absolutismus und Totalitarismus, so unter anderem gegen den absolutistischen Staat, das Papsttum, Nationalsozialismus, Kommunismus, religiösen Fundamentalismus und Fanatismus.

Die Freimaurerei versuchen, ihre Anliegen nicht offen durch eine eigene Organisation sondern durch das Wirken der einzelnen Freimaurerei in ihren persönlichen Lebensbereichen in Gesellschaft, Wirtschaft und Staat zur Geltung zu bringen. Der Einfluss war und ist in den einzelnen Ländern unterschiedlich und wegen der Verborgenheit des Wirkens oft schwer abzuschätzen. Gross war und ist der Einfluss auf Staat und Gesellschaft vor allem in protestantischen Ländern (vor allem USA und Großbritannien), wo die Freimaurerei zeitweise eine staatstragende Bedeutung erlangen konnten und Wesentliches zur Ausgestaltung des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates beigetragen haben. Auch in Frankreich und Italien war und ist der Einfluss bedeutend. In protestantischen Ländern hat die Freimaurerei einen eher kirchenfreundlichen, in katholischen Ländern einen eher antiklerikalen Einfluss.

Die Freimaurerei versuchen vor allem auch durch die Besetzung von Schlüsselstellen Einfluss zu nehmen – nicht nur in Staat und Politik, sondern auch im Erziehungswesen, in Universitäten, Kirchen und Medien, in der Wirtschaft und in allen Bereichen des kulturellen Schaffens. Von Freimaurerei gegründete Organisationen wie zum Beispiel die Pfadfinderbewegung und manche ‚Service Clubs’ (Rotary, Lions u.a.) dienen ebenfalls der Verbreitung ihrer Anliegen und Ideale. Dabei ist die Stossrichtung stets überkonfessionell, interreligiös, international, auf die ganze Welt, das ‚Haus der Menschheit’, ausgerichtet. Entsprechend gross sind auch die Bestrebungen, auf die Gestaltung dieses globalen ‚Baues’ (UNO, Internationale Vereinigungen, Wirtschaftsordnung u.a.) Einfluss zu nehmen.      

5. Freimaurerisches Gottes- und Christusverständnis

Die ‚regulären’ Freimaurereien verlangen den Glauben an einen Gott. Gleichzeitig wird es jedem Mitglied selbst überlassen, was es unter diesem ‚Gott’ verstehen will. Der Glaube ist Privatsache und es ist in den Logen verpönt, ja verboten, über Gott zu sprechen und über Glaubensfragen zu debattieren – nicht zuletzt um interne Auseinandersetzungen zu vermeiden. Gott ist subjektiv, relativ, nicht verbal kommunizierbar, höchstens in symbolischen Handlungen individuell unterschiedlich, innerlich erlebbar.

Gott ist Realität, aber konkurrierende Gottesvorstellungen sollen die ‚Bauarbeiten’ nicht stören. Darum wird mit dieser Realität so umgegangen, dass möglichst niemand Anstoss nimmt und möglichst viele/alle subjektiven Glaubensformen Platz finden. Die allgemeine, gesamtfreimaurerische Gottesvorstellung ist also ein gemeinsamer Nenner von subjektiven Gottesvorstellungen. Dieser gemeinsame Nenner hat sich im Laufe der Freimaurerei-Geschichte verändert, ist immer unpräziser und diffuser geworden: In den Anfängen, als sich in der Freimaurerei vor allem Christen, Juden und Moslems (vgl. Lessings Ringparabel) zu gemeinsamem Tun verbinden sollten, konnte man das freimaurerische Gottesverständnis noch als theistisch bezeichnen. Der ‚Allmächtige Baumeister aller Welten’ (‚ABaW’) wurde als personale Wesenheit, allerdings ohne konkreten Namen, angesehen. Heute, nachdem auch Esoteriker, Hindus und Buddhisten Aufnahme finden, kann dies nicht mehr gesagt werden. ‚Gott’ ist etwas Allgemeines, Höheres, Gutes, das nicht näher bestimmt werden kann und soll.

Auch in Christus sucht die Freimaurerei das Allgemein-Menschliche. Geschätzt wird am biblischen Jesus vor allem seine unparteiische Menschlichkeit, sein uneigennütziger Dienst an der Menschheit, seine umfassende Menschenliebe – über alle Schranken von Rasse, Klasse, Nationalität usw. hinweg. Das Allgemein-Menschliche wird aber auch in anderen Religionen gesucht und gefunden, so dass aus Freimaurerei-Sicht gesagt werden kann: Christus und seine existenziellen Themen (wie: geboren werden, leben, Gemeinschaft pflegen, sterben, auferstehen usw.) sind international und interreligiös. Für manche Freimaurerei (v.a. auch im schwedischen System) ist ‚Christus’ ein Vorbild und ein Meister auf dem Weg der inneren Vervollkommnung. Über das Spezifisch-Christliche am christlichen Glauben kann in der Freimaurerei nicht gesprochen werden. Es ist Privatsache und als solche in der Öffentlichkeit tabu.

Die Bibel wird einer humanistisch-rationalistischen ‚Kritik’ unterzogen (Bibelkritik). Wichtige Initiatoren und Vertreter der bibelkritischen Wissenschaften waren und sind Freimaurerei. Als ‚inhuman’ erscheinen dabei aus humanistisch-aufklärerischer Sicht Gesichtspunkte wie: die Sündhaftigkeit der Menschen, der Sühnetod am Kreuz, die Vorstellung von Gericht, Teufel und Hölle. Als ‚irrational’ erscheinen aus einer rationalistischen Sicht Aspekte wie:

Wunder aller Art, leibhaftige Auferstehung. Entsprechende Stellen werden relativiert, ‚wegrationalisiert’ oder bildhaft gedeutet, wobei hervorgehoben wird, dass auch Christus in Bildern und Gleichnissen geredet hat. Der Absolutheitsanspruch des biblischen Jesus Christus wird in der Freimaurerei verworfen.

"Niemand kommt zum Vater, denn durch mich" (Joh. 14,6)

Es gibt keine objektive oder gar absolute Wahrheit. Dabei steckt hinter diesem >Relativismus, unausgesprochen, selbst eine allgemeine, objektive, ja absolute Überzeugung: die absolute Gewissheit, dass es keine absolute Gewissheit geben kann.

6. Beurteilung

Freimaurerei wie Christen sind vorsichtig mit Gottesbildern (‚Bilderverbot’). Gott ist souverän und lässt sich nicht in menschliche Schablonen pressen. Das heisst aber nicht, dass sich nichts über ihn aussagen lässt: Nach biblisch-christlichem Verständnis ist er beziehungs-orientiert und kommunikativ, so dass wir über ihn ‚wissen’ können, was er uns selbst mitteilt (>Offenbarung). Dabei haben die Sprache (‚das Wort’) und ihre Zuverlässigkeit eine erstrangige Bedeutung: für die Gottesbeziehung wie auch für die Beziehungen der Menschen zueinander. Gott und das ihm entsprechende Leben ist also beziehungs- und sprachorientiert, offen, auf das Du ausgerichtet, heteronom, ‚exoterisch’ – in der Freimaurerei demgegenüber symbol- und erlebnisorientiert, verborgen, auf das Ich ausgerichtet, autonom, ‚esoterisch’. Zusammenhalt und echte Gemeinschaft entstehen nach christlichem Verständnis durch Glauben, Vertrauen, Vergebung, Kommunikation usw., wobei die kultischen Formen nebensächlich sind. In der Freimaurerei hingegen haben Kult und ‚Arkandisziplin’ (Geheimhaltung) Vorrang. Dadurch wird sie (trotz humanistisch-egalitären Idealen) exklusiv und elitär. Jesus Christus hingegen heisst wirklich alle Menschen, auch Frauen, Kinder und Benachteiligte bis zu den Allerschwächsten, willkommen.

Freimaurerische Ideale wie ‚allgemeine Menschenliebe’, ‚Friede auf Erden’ usw. wurzeln in jüdisch-christlichem Glaubensgut. Sie sind ohne den einen, menschen-freundlichen Gott und seinen Sohn, ohne Ausrichtung auf ihn, nicht zu verwirklichen.

"Wenn Gott nicht das Haus baut, so arbeiten die Bauleute umsonst" (Ps. 127,1).

Der freimaurerische ‚Tempel der Humanität’, der ‚frei’, d.h. unabhängig vom biblischen, kommunizierenden Gott erbaut werden soll, entspricht dem ‚Turmbau zu Babel’. Weil gemeinsame Ausrichtung und gemeinsame Sprache fehlen (‚Sprachverwirrung’) ist dieses Projekt menschlicher Überheblichkeit (‚Hybris’) zum Scheitern verurteilt.

Im Reich Gottes, das in der Bibel ebenfalls mit einem Bau verglichen wird, ist der Messias, Jesus Christus, der ‚Eckstein’. Beim freimaurerischen ‚Bau der Menschheit’ ist dies nicht der Fall, so dass die Freimaurerei aus biblischer Sicht als die ‚Bauleute’ bezeichnet werden können, die ‚den Eckstein verworfen’ haben (Ps. 118,22; Mt. 21,42; Mk. 12,10; Lk. 20,17; Apg. 4,11; 1. Pt. 2,4; Eph. 2,20). Mit Jesus Christus wird auch sein Erlösungswerk verworfen. Freimaurerei ist das menschliche Bemühen nach allgemeiner, globaler Selbsterlösung. (Der individuelle Glaube einzelner Freimaurerei kann und soll nicht beurteilt werden. Er ist ihnen ja auch freigestellt. Ein christlich-kommunikativer Glaube kann in der Freimaurerei allerdings nicht gelebt werden.).

Die Freimaurerei als Versuch menschlicher Selbsterlösung überschätzt die Möglichkeiten des Menschen, ‚alles Gute in der Welt’ selbst zu tun, das ‚Paradies auf Erden’ zu schaffen. Sie unterschätzt die realen Mächte der Vergänglichkeit und des Bösen sowie die existierenden geistigen Konfliktsituationen. Solche Konflikte werden durch Schweigen überdeckt. Dabei ginge es meines Erachtens gerade darum, die verschiedenen ‚Angebote’ auf geistlichem Gebiet offen zu legen und zu lernen, Konflikte friedlich, gewaltlos, im Gespräch auszutragen.

Wegen der Ablehnung des Absolutheitsanspruches und des Erlösungswerkes von Jesus Christus muss die Freimaurerei als antichristlich bezeichnet werden. Ohne göttliche Gnade und Vergebung wird menschliches Schaffen, Streben und Leben gnadenlos,’unmenschlich’.

Ohne offene Kommunikation droht der christliche Glaube, der auf Mit-Teilung ausgerichtet ist, zu ersticken. Die Verbannung des Glaubens in das Innere des Einzelnen bewirkt geistliche und damit auch existenzielle Isolation und Unfreiheit. Durch die Reduktion des Glaubens auf das Allgemein-Menschliche (‚humanistisch-rationalistischer Reduktionismus’) drohen die wertvollsten Schätze des biblisch-christlichen Glaubens verloren zu gehen. Hinter der aufklärerischen Vernunft des isolierten Einzelnen, der sich zu einer abstrakten Menschheit verbünden will, verbirgt sich widersprüchlichste, abgründigste Irrationalität. Das abstrakte ‚Allgemein-Menschliche’ entpuppt sich letzten Endes als das völlig Unsichere, Egoistische, Selbstgerechte, Machtgierige, Dämonische, von dem nur Jesus Christus erretten kann.

S. auch: Aufklärung; Bibelkritik; Humanismus; >Neue Weltordnung; >Religionsvermischung; Toleranz.

Lit.: M, Hohl – Wirz, Freimaurerei. Wurzeln, Ziele, Hintergründe,  1999 (mit vielen Quellentexten und Literaturangaben); E. Brüning / H. Graf, Die unterschätzte Subkultur. Freimaurerei – Wolf im Schafspelz, 2001.

Martin Hohl-Wirz


Index

Etliche Texte sind auch in gedruckter Form erschienen in verschiedenen Handbüchern (je 144-200 Seiten, je 9,80 Euro):

1. Kleines Sekten-Handbuch
2. Kleines Kirchen-Handbuch
3. Kleines Ökumene-Handbuch
4. Kleines Endzeit-Handbuch
5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
10. Kleines Theologie-Handbuch

Weitere Handbücher (über Theologie, Esoterik, u.a.) sind geplant. Informationen bei www.l-gassmann.de