Lewin, Kurt (1890-1947) ist (zusammen mit M. Wertheimer) der Begr�nder der psychologischen >Feldtheorie.
Er ist der Sch�pfer des Begriffs und der Grundstrukturen der Gruppendynamik. Die Feldtheorie stammt urspr�nglich aus dem Bereich der Physik und Mathematik (allgemeine Feldtheorie). Diese enth�lt einen Formalismus, der jede durch ein aktuelles Feld bzw. seine Feldgr��en beschreibbare physikalische Erscheinung nach einheitlichen Gesichtspunkten und in gleichartiger Weise behandeln will. Lewin und Wertheimer haben diese Theorie auf das Gebiet der Psychologie �bertragen. Sie nehmen an, dass das Verhalten eines Lebewesens durch die Bedingungen des Feldes oder Lebensraumes, in dem es erfolgt, bestimmt wird.
Alles Verhalten (V) gilt als Funktion (f) der Person (P) und ihrer Umwelt (U); als Formel dargestellt;
V = f (P; U).
Voraussetzung f�r diese Annahme ist, dass dieses Feld einem eigengesetzlichen Gestaltungsprozess unterliegt. Dem physikalischen Kraftfeld entsprechen auf subjektiver Seite psychische Erregungen. Ver�ndert sich also die Umwelt, dann ver�ndert sich auch die Person und ihr Verhalten. Dies kann man durch gezielte Ver�nderung der Umwelt steuern. Dabei muss, um fremde Einfl�sse m�glichst gering zu halten, die Umwelt �berschaubar gemacht werden. Und hier tritt die Gruppendynamik ein: Die �berschaubare Gruppe wird zur k�nstlichen Umwelt, in der gesteuerte Ver�nderung m�glich ist. �u�ere Dinge (Familie, Gesellschaft, Tradition usw.) werden ausgegrenzt durch Desensibilisierung der Teilnehmer. Es kommt zu einer einseitigen Sensibilisierung f�r Dinge innerhalb der Gruppe (vgl. Regeln wie "Wir leben im Hier und Jetzt"; "Sage ich` statt ,wir` und ,man"` usw.). Die Gruppe, die sich selbst als Teil absolut setzt und Werte gibt, gewinnt dabei � theologisch gesprochen � Heilscharakter.
Lewin schreibt:
"Wirklichkeit ist [...] nichts Absolutes. Sie �ndert sich mit der Gruppe, zu der das Individuum geh�rt."
"Ich bin der �berzeugung, dass es m�glich sei, in der Soziologie Experimente vorzunehmen, die mit gleichem Recht als wissenschaftliche Experimente zu bezeichnen sind wie die in der Physik und der Chemie" (Die L�sung sozialer Konflikte, 1968, 94.13).
Von diesem Ansatz ausgehend, entwickelt er Methoden und Programme, um das Verhalten von Menschen, Gruppen und ganzen V�lkern geradezu laborm��ig zu ver�ndern. Er pr�gt die gruppendynamischen Stufen "unfreezing", "change" und "refreezing". Auch die Ver�nderung von Gro�gruppen und V�lkern st�tzt sich f�r ihn auf die Ver�nderung von �berschaubaren Kleingruppen, und zwar mit Hilfe einer "F�hrerhierarchie [...], die in alle wesentlichen Unterabteilungen der Gruppe hineinreicht" (ebd., 84).
In der historischen Auseinandersetzung mit dem deutschen Nationalsozialismus setzt sich Lewin f�r die "Umerziehung" der Deutschen zur Demokratie ein:
"Eins der ma�gebenden Mittel [...] bei einer Umerziehung [...] ist die Bildung einer sogenannten ,Wir-Gruppe' [...]. Der Betreffende willigt in das neue System der Werte und Ansichten ein, indem er in die Zugeh�rigkeit zu einer Gruppe einwilligt."
"Gerade als Mitglied einer Gruppe ist der einzelne am ehesten nachgiebig."
Wichtig ist also die Einpr�gung neuer Werte und Ansichten durch die Gruppenzugeh�rigkeit. In der �bergangsphase muss ein F�hrer (sprich: Trainer) in der Lage sein, "Einfl�sse, die er nicht w�nscht, auszuschalten". Alte Werte und Ansichten, also "gewisse alteingesessene Kr�fte", sind "auszumerzen" (ebd., 108.89.70.79).
"Der Vorgang der Umerziehung erfasst das Individuum in dreifacher Weise. Er ver�ndert seine Denk-Struktur, die Art und Weise, in der es die physischen und sozialen Welten sieht, einschlie�lich all seiner Tatsachen, Vorstellungen, Ansichten und Erwartungen. Er modifiziert seine Valenzen und Werte, und diese umfassen sowohl seine Vorliebe f�r Gruppen und Gruppenma�st�be wie seine Abneigungen gegen sie, seine Gef�hle im Hinblick auf Rangunterschiede und seine Reaktionen auf Anl�sse zu Zustimmung oder Ablehnung. Und er beeinflusst die motorische Aktion, die den Grad der Kontrolle des Individuums �ber seine physischen und sozialen Bewegungen betrifft" (ebd., 96f.).
Nicht allein aus biblischer Sicht, sondern auch aufgrund empirischer Untersuchungen bestehen gro�e Bedenken gegen diese Theorie (vgl. Brunswick; Estes; London 1943/44/54). Lewin verf�llt den ideologischen Gefahren des wissenschaftlichen Immanentismus und des Totalitarismus methodischer Machbarkeit: Mit seiner Behauptung, alles Verhalten sei eine Funktion der Person und ihrer Umwelt, ger�t Lewin in die N�he des Behaviorismus, der nur das empirisch nachweisbare Verhalten gelten l�sst. Eine "Umerziehung" zur Demokratie mag zwar angesichts der deutschen Katastrophe angebracht gewesen sein, aber wer bestimmt im einzelnen die Erziehungsziele? Sind generell Methoden, die die Ausmerzung des Althergebrachten im Gefolge haben, vertretbar? Wird hier nicht einzelnen ein Machtinstrument zur Manipulation von Gruppen oder Massen in die Hand gegeben, das sich auf jede Situation und jedes Ziel hin anwenden l�sst?
Und:
Haben Menschen das Recht und die M�glichkeit, zu entscheiden, was f�r andere gut sein soll, ohne dass sie sich aus einer lebendigen Beziehung zu Christus heraus in ihrer Entscheidung auf Gottes Willen und Gebote st�tzen? Absolute Macht von Menschen �ber Menschen ist unmenschlich und macht unmenschlich (siehe hier gerade Hitler, Stalin, Mao und andere Diktatoren).
Zur weiteren Kritik: Gruppendynamik; Seelsorge; Humanistische Psychologie.
Lit.: K. Lewin, Die L�sung sozialer Konflikte, 1986. � Kritisch: L. Gassmann, F�hlen statt zu denken, 1991; Was ist Gruppendynamik?, 1998.
Lothar Gassmann
Feldtheorie, psychologische: Lewin, Kurt
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2. Kleines Kirchen-Handbuch
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5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
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