Neben Lutheranern und Reformierten ist der dritte Flügel der Reformation das Täufertum.
Täufer wurden von ihren Gegnern auch Anabaptisten ("Wiedertäufer") genannt.
Erste Führergestalten der Täufer-Bewegung waren in Zürich und Umgebung Konrad Grebel, Felix Manz, Georg Bundrock, Ludwig Hätzer und der Waldshuter Pfarrer Balthasar Hubmaier. Hubmaier wurde als Erster im Frühjahr 1524 von Wilhelm Röubli getauft. Da er natürlich bereits als Kind getauft war, empfand die Kirche dies als eine Taufwiederholung, eine Wiedertaufe. Unmittelbar nach der ersten Taufe folgten Gefängnis und Flucht.
Wohin die Wortführer der Täufer auch kamen, sie fanden doch überall bald Anhänger. So bildeten sich Täufer-Gemeinden entlang des Rheines bis Ostfriesland und den Niederlanden, in Livland, Tirol und im Brandenburgischen. Schon vor 1535 war das Täufertum unter religiös Suchenden in ganz Mitteleuropa verbreitet. Es bewahrheitete sich der altkirchliche Satz, daß das Blut der Heiligen, diesmal der Täufer, der Same der (täuferischen) Kirche wurde.
Hubmaier, ihr wichtiger Theologe, wurde schon 1528 in Wien verbrannt. Auch seine Frau mußte den Märtyrertod erleiden. Melchior Hoffmann, auch einer der bedeutendsten Theologen der Täufer, verbrachte den größten Teil seiner Zeit in grausamer Haft. 1543 starb er im Gefängnis zu Straßburg.
Hauptpunkt war die Taufe Glaubender. Aber schon früh gab es auch den presbyterianischen Gedanken der Unabhängigkeit der einzelnen Gemeinden. Die Lehre der Täufer war besonders im Anfang nicht einheitlich. Einige lehrten, daß es neben der Bibel innere Offenbarungen gäbe. Man sprach vom "inneren Licht" (Neuoffenbarung). Andere sahen nur in der Heiligen Schrift die einzige und immer gültige Vorgabe für die Gestaltung des geistlichen Lebens. Andere Offenbarungsquellen lehnten sie als Schwärmerei ab. Wichtig war den Täufern ein an der Bergpredigt orientiertes sittliches Leben. Mißtrauen gegen den Staat prägte die Einstellung der meisten Täufer Von Anfang an gab es eine starke täuferische Strömung, die es ablehnte, sich mit Gewalt zu verteidigen. Allerdings existierte vor 1535 auch eine weltliche Machtmittel nicht ablehnende Gruppe. Aus dieser Strömung entstand dann auch die verhängnisvollste Entartung innerhalb der täuferischen Bewegung.
1535 kam es zu einer täuferischen Revolution und Machtübernahme im westfälischen Münster. Fanatiker, die sich zu "Propheten" aufgeworfen hatten, wie Jan Bokelson, Jan Mathys und Jan van Leiden riefen das "Königreich Zion" in Münster aus. In brutaler Niederhaltung der Andersdenkenden, kommunistischen Eigentumsformen und Vielweiberei lebten diese Schwärmer ihre apokalyptische Phantasie aus. Am 25. Juni 1535 wurde Münster durch Truppen des Kaisers gestürmt. Grausamste Strafen der Schwärmer und eine gewaltsame Rekatholisierung kamen über Münster.
Die Vorgänge von Münster wurden zum Vorwand genommen, um das Täufertum noch härter als schon zuvor zu verfolgen. Die Bedrängnis traf auch die Täufer, die in der übergroßen Mehrheit die Vorgänge von Münster ablehnten. Es traf auch die sich immer zur Gewaltlosigkeit bekennenden täuferischen Gruppen. In dieser Zeit trat der ehemalige Priester Menno Simons (1496-1561) als Hirte und Tröster der verstreuten und überall verfolgten Täufer auf. Selbst immer auf der Flucht vor der Inquisition und protestantischen Fanatikern, wirkte er seelsorgerlich, vor allem am Rhein entlang, in den Niederlanden, in Friesland, an der Ostsee bei Wismar und in Holstein. Die sich um Menno Simons sammelnde Bewegung bekam den Namen "Mennoniten". Sie lehnten die Kindertaufe, den Eid und den Wehrdienst ab. Ihre Gemeinden waren unabhängig und hielten meist nur geistlichen Austausch in Konferenzen. Im übrigen glich ihre Lehre dem reformatorischen Bekenntnis. Erstmalig bekamen sie 1572 in Holland Glaubensfreiheit. Später wurde ihre Lage auch in der Schweiz, einigen nord- und westdeutschen Städten sowie der Pfalz freier. Mennonitengemein-den gibt es heute weltweit. Die meisten Mennoniten sind biblisch bis äußerst konservativ geprägt. Allerdings gibt es auch liberale Mennoniten. Deren Schwerpunkt ist Friedensarbeit. Auch die Baptisten haben ihre Wurzeln im Täufertum und bei den Mennoniten.
Neben den Mennoniten gab es einige andere, aber ähnlich ausgerichtete Täufer-Gruppen, wie die auf Jakob Amman zu-rückgehenden Arminianer (heute Amishen) oder die Anhänger von Jakob Hutter, die Hutterer. Bei den Hutterern trat die altchristliche Gütergemeinschaft wieder auf. Alle diese täuferischen Gruppen breiteten sich später bis Rußland und noch später den USA, Südamerika und Kanada aus.
Zur Lehre s. ausführlicher: Täuferisches Kirchenverständnis.
Rainer Wagner
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