Bischoff, Johann Gottfried (1871-1960) amtierte 30 Jahre lang � von 1930-60 � als dritter Stammapostel der Neuapostolischen Kirche nach Fritz Krebs und Hermann Niehaus.
Geboren wurde er 1871 in Unter-Mossau im Odenwald. Seine Berufe waren Schuhmacher, Sergeant und Zigarrenh�ndler. 1897 hatte er die Neuapostolische Gemeinde in Mainz besucht und war bald darauf versiegelt worden. 1903 war er Bischof, 1905 Apostelhelfer und 1906 Bezirksapostel in Frankfurt/Main geworden. Frankfurt war dann auch sein Sitz bis zu seinem Tod. 1920 wurde er Stammapostelhelfer. 1924 wurde er bereits von Niehaus als dessen Nachfolger designiert. 1930 schlie�lich, noch zu Lebzeiten des geistig umnachteten und gebrechlichen Niehaus, �bernahm er die Stammapostelleitung. Unter seinem Stammapostolat erfuhr die neuapostolische Bewegung eine gro�e Ausdehnung.
Bischoff, Johann Gottfried amtierte in der Zeit des Dritten Reiches. Er nahm Kontakt mit der NSDAP auf, wurde bei dieser Mitglied und vereinbarte mit ihr, nur dann Mitglieder in die Neuapostolische Kirche aufzunehmen, nachdem von Seiten der NSDAP eine Unbedenklichkeitserkl�rung �ber diese Personen vorgelegt werden konnte. Ferner wurde die neuapostolische Zeitschrift "W�chterstimme aus Zion" 1934 "arisiert", indem man die Worte "aus Zion" aus dem Titel strich. Und so kam man ohne gr��ere Konflikte durch die braune Diktatur. 1941 allerdings wurden die neuapostolischen Zeitschriften trotzdem eingestellt, aber wegen der Kriegssituation (Papiermangel) und nicht deshalb, weil man weltanschauliche Konflikte mit dem nationalsozialistischen Regime gehabt h�tte.
Nach dem Krieg verband Bischoff, Johann Gottfried die Frage nach der zeitlichen Festlegung der Wiederkunft Christi mit seiner pers�nlichen Existenz. In seiner fr�hen Zeit hat er es noch abgelehnt, Wiederkunftstermine zu berechnen. So hatte er in der "W�chterstimme aus Zion" vom 1. Mai 1932 ausgef�hrt: "Nun wollen wir aber nicht in den Fehler vieler gottesdiensttreibender Geister verfallen, uns damit zu besch�ftigen, wann diese Zeit sein wird. Obgleich der Herr Jesus laut Apostelgeschichte 1,7 sagte:
'Es geb�hrt euch nicht zu wissen Zeit oder Stunde, welche der Vater seiner Macht vorbehalten hat',
suchen dennoch viele in ihrer Vermessenheit Tag und Stunde der Wiederkunft Christi festzulegen. Alle, die sich damit befasst haben, mussten bis jetzt eine schm�hliche Entt�uschung erleben. F�r die Kinder Gottes ist es nicht Hauptsache, zu wissen, wann der Herr kommt, sondern viel wertvoller ist es, dass wir Christo angeh�ren, wenn er kommen wird, und dass wir zu denen z�hlen, welche die gro�e Stimme h�ren d�rfen: Steiget herauf!"
Dieser Haltung des fr�hen Bischoff, Johann Gottfried kann man aus biblisch-theologischer Sicht voll zustimmen. In seinen sp�teren Jahren vollzog er aber eine Wendung um 180 Grad. Und zwar wurde � ausgel�st durch sogenannte Gesichte und Tr�ume von Gemeindegliedern und Amtstr�gern sowie durch eigene Erlebnisse � in ihm immer mehr die Ansicht der unmittelbar bevorstehenden Wiederkunft Jesu Christi verst�rkt.
Bereits in einem Artikel aus dem Jahre 1939 wurde sein sich anbahnender Gesinnungsumschwung erkennbar. Und dann nahm diese Sicht immer mehr zu. 1947 �u�erte er in Dinslaken:
"Ich sage euch nicht zu viel, wenn ich erw�hne, dass wir verschiedene Geschwister, selbst Amtstr�ger haben, die bereits die Verhei�ung des Herrn empfingen, dass sie nicht mehr sterben, sondern verwandelt werden."
Damals hatte er die Erf�llung noch auf verschiedene Amtstr�ger bezogen. Aber 1950 begann er, seine eigene Person im Blick auf die Wiederkunft Christi in den Mittelpunkt zu stellen. In dieser Hinsicht wurde der Gottesdienst an Weihnachten 1951 in Giessen weithin bekannt, weil er dort seine Ansicht zugespitzt zum Ausdruck brachte. Und da Bischoff, Johann Gottfried damals bereits 80 Jahre alt war, hatte diese Naherwartung eine ganz besondere Brisanz, denn er sagte, dass man diese Erwartung nicht auf Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte ausdehnen, also nicht auf den "Sankt Nimmerleinstag" verschieben solle.
"Das liegt nicht in der Absicht Gottes. ... Tag und Stunde, wann der Herr kommt, wissen wir nicht",
betonte er auch hier. Doch durch seine nachfolgenden Ausf�hrungen �berging er diese biblische Warnung eklatant. Bischoff, Johann Gottfried sagte in Giessen:
"Aber ich pers�nlich bin �berzeugt, dass die Zubereitung des k�niglichen Priestertums in der Zeit erfolgt, in der ich noch vorhanden bin, und dass die Reichsgottesarbeit im Weinberg des Herrn mit mir ihr Ende erreicht, dass also der Feierabend kommt, wo Lohnzahlung stattfindet. Das Zeichen hierf�r besteht darin, dass der Herr zu meiner Zeit in Erscheinung tritt und Abschluss seines Werkes macht. ... F�r mich steht sicher, dass, wie angef�hrt, die Zeit der Zubereitung des k�niglichen Priestertums unter meiner Hand vollendet wird und dass die Reichsgottesarbeit im Weinberge des Herrn mit meinem Ende auch ihr Ende erreicht ... Abraham war der erste, dem Gott Offenbarungen gab. Er war das erste Tor, durch das der Herr den Segen gab. Ich stehe als Tor der Mitternacht ... Ob das jemand glaubt oder nicht, �ndert an der Tatsache absolut nichts."
Und weiter:
"Ich bin der Letzte, nach mir kommt keiner mehr. So steht es im Ratschluss unseres Gottes, so ist es festgelegt, und so wird es der Herr best�tigen. Und zum Zeichen sollt ihr das haben, dass der Herr in meiner Zeit kommt, um die Seinen zu sich zu nehmen."
Das wurde von Bischoff, Johann Gottfried danach in fast jeder Ansprache wiederholt � �ber Jahre hinweg. Dabei �bte er nicht geringen Druck auf seine Anh�nger aus. So sagte er drei Jahre sp�ter (da war er schon 83 Jahre alt !) am 12. September 1954, bei einem Gottesdienst in Stuttgart:
"Ich bin mir doch bewusst, wenn ich sterben w�rde � was nicht der Fall sein wird -, dann w�re Gottes Werk vernichtet. ... Falls ich tats�chlich heimgehen w�rde, was nicht geschehen wird, dann w�re das Erl�sungswerk erledigt."
Aber nicht alle Neuapostolischen erkannten diese Botschaft an. Zum Sprecher der Opposition wurde der D�sseldorfer Apostel Peter Kuhlen. Dieser war urspr�nglich 1948 einstimmig vom Apostelkollegium bestimmt worden, Nachfolger von Bischoff, Johann Gottfried nach dessen Ableben zu werden. Nachdem es aber hie�, dass Bischoff, Johann Gottfried keinen Nachfolger mehr haben w�rde, weil er nicht sterbe, bevor der Herr komme, trat Kuhlen von seinem Amt zur�ck. Dieser R�cktritt und die danach folgenden Auseinandersetzungen verursachten einen gro�en Aufstand im Ruhrgebiet, vor allem in D�sseldorf und Umgebung. 1954 stellte sich Kuhlen �ffentlich dem Vorhaben Bischoff, Johann Gottfrieds entgegen, der die Versiegelung und Aufnahme in die Neuapostolische Kirche abh�ngig machen wollte von der Anerkennung der "Botschaft", wie man Bischoff, Johann Gottfrieds Selbstaussagen damals nannte. Kuhlen und zwei weitere Apostel, Siegfried Dehmel und Ernst Dunkmann, forderten, dass die Annahme oder Ablehnung dieser "Botschaft" in die eigene freie Entscheidung gestellt werden solle und nicht, dass man die Aufnahme in die Gemeinde davon abh�ngig mache. Es sollte also individuell entscheidbar sein. Dieses Ansinnen wurde abgelehnt.
In der neuapostolischen Biographie �ber den Bischoff, Johann Gottfried-Nachfolger Walter Schmidt wird �ber Kuhlen und die anderen "Abweichler" folgendes ausgef�hrt:
"Aber die Geschwister seines Bezirks, die bis zum Jahr 1955 in Peter Kuhlen ihren Apostel sahen, die ihn gewiss auch liebten, ihm glaubten und vertrauten, konnten damals noch nicht ahnen, dass er nun nicht mehr in der treuen Nachfolge zu seinem Vorang�nger blieb. Nat�rlich waren dem Stammapostel Bischoff, Johann Gottfried diese Bestrebungen bekannt. Fast alle Apostel � bis auf die vorhin erw�hnten Ausnahmen � standen treu zu ihm und lie�en es nicht an Warnungen fehlen. Doch der Stammapostel sagte nur: 'Das ist ein Geschw�r, das wir herauseitern lassen m�ssen.` ... Herauseitern tut sehr, sehr weh."
Und das "Geschw�r" wurde "herausgeeitert". 1954 waren in etlichen Gemeinden des Bezirkes D�sseldorf so ungute Verh�ltnisse offenbar geworden, dass nach der inneren Trennung auch die �u�ere vollzogen wurde. F�r den Bezirk D�sseldorf wurden neue Vorsteher, Bezirks�mter und Bisch�fe ben�tigt, aber es dauerte seine Zeit, bis diese herangereift waren. Es traten n�mlich ca. 25.000 Neuapostolische aus! Dies war die gr��te Abspaltung, die es bisher gegeben hatte. Sie nannte sich >Apostolische Gemeinschaft. S�mtliche Verm�genswerte der Gemeinden aber blieben bei der Neuapostolischen Kirche. Die Ausgetretenen mussten sich, obwohl sie vorher durch ihre Spenden alles finanziert hatten, neue Geb�ude schaffen. Das Eigentum blieb in den H�nden der Neuapostolischen Kirche und des Stammapostels.
1960 schlie�lich starb Bischoff, Johann Gottfried 89j�hrig. Walter Schmidt wurde sein Nachfolger. Und dieser schrieb nach dem Tode Bischoff, Johann Gottfrieds in einem Brief:
"Sowohl er wie auch wir und alle mit ihm treu verbundenen Br�der und Geschwister haben niemals daran gezweifelt, dass der Herr die ihm gegebene Verhei�ung zur gegebenen Zeit auch erf�llen w�rde. Wir stehen deshalb vor dem unerforschlichen Ratschluss unseres Gottes und fragen uns, warum er seinen Willen ge�ndert hat. Der Stammapostel ... kann sich nicht geirrt haben, weil er immer das Wort des Herrn zur Richtschnur seines Handelns gemacht hat."
Es habe also an Gott und nicht am Stammapostel gelegen, dass diese "Botschaft" sich als Irrtum herausgestellt hat. So wurden die Tatsachen verdreht. Und was gebot Schmidt?
"Wir schweigen und gehen unseren Weg."
Diskussionen wurden verboten. Erstaunlicherweise traten nach dieser Entt�uschung gar nicht so viele aus, denn die meisten, die mit der "Botschaft" Bischofs nicht einig waren, hatten ja bereits vor dessen Tod die Neuapostolische Kirche verlassen. Die anderen waren offensichtlich bereit, den Weg mit Bischoff, Johann Gottfried bis zum bitteren Ende mitzugehen.
Nach der Trauerfeier f�r Bischoff, Johann Gottfried wurde schnell eine Apostelversammlung einberaumt, in der Schmidt zum Stammapostel gew�hlt wurde, da Bischoff, Johann Gottfried ja keinen Nachfolger bestimmt hatte. Schmidt legte seiner Einf�hrungspredigt das Wort 2. Petrus 3, 3-6 zugrunde, in dem von den Sp�ttern die Rede ist, welche sagen:
"Wo bleibt denn die Verhei�ung seines Kommens?"
Schmidt betonte:
"Auch wir haben nun eine Stunde, �ber die der Herr den Schleier der Trauer gelegt hat."
F�r diese Trauerstunde beanspruchte er danach sogar den Ruf Jesu am Kreuz:
"Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?"
In seinem Vergleich des verstorbenen Stammapostels mit Jesus Christus n�herte sich Schmidt hart der Gottesl�sterung, als er �u�erte:
"Der Stammapostel ist der Rufer bis in seine Gethsemane-Nacht gewesen. Wir sind jetzt in eine Gethsemane-Nacht gekommen, die auch der Stammapostel hat durchmachen m�ssen. Er ist uns vorausgegangen, und es darf die Frage aufgeworfen werden: 'Warum hat er uns nicht mitgenommen?' ... Wir werden hierbei an Abraham erinnert. Als er auf dem H�hepunkt seines Glaubens stand, kam der Herr zu ihm und sagte: 'Opfere deinen Sohn!' Das hie� mit anderen Worten: Opfere die dir gegebene Verhei�ung!'"
Die Verdrehung der Tatsachen erreichte ihren H�hepunkt, als Schmidt ausrief:
"Der heimgegangene Stammapostel hat uns in wunderbarer Weise auf den h�chsten Stand des Glaubens gef�hrt, und zwar durch das, was ihm der Herr verhei�en hatte. Das ist unser Glaube gewesen bis zu dem Augenblick, wo er, der Stammapostel, die Augen geschlossen hat. Ich bin Zeuge, denn ich war am Dienstag noch bei ihm. Als wir uns verabschiedeten, war er geistig und seelisch in einer �beraus gro�en Frische. Ich habe mich mit den Worten von ihm verabschiedet: 'Lieber Stammapostel, es bleibt die Verhei�ung bestehen, der Herr kommt zu Ihrer Lebenszeit.' Da schaute er mich noch einmal zum letzten Male an, und seine Augen leuchteten: 'Ja, das ist gewiss.' Die Apostel und ich sch�men uns nicht, dass wir gl�ubig diese Verhei�ung hinausgetragen haben in alle Lande."
Zur Beurteilung: Neuapostolische Kirche; Apostel; falsche Propheten.
S. auch: Katholisch-Apostolische Kirche; Geyerianer; Krebs, Fritz; Niehaus, Hermann.
Lit.: K.-E. Siegel, Der Repr�sentant des Herrn. Das Stammapostelamt in der NAK, mit Lebensbeschreibungen und Quellentexten,1995; ders., Die Botschaft des J. G. Bischoff. Eine kritische Auseinandersetzung mit einer der Endzeitbotschaften, 1994; L. Gassmann, Neuapostolische Kirche. Gibt es wieder Apostel?, 2001.
Lothar Gassmann
Apostolische Gemeinschaft:
Abspaltung Mitte der 50er-Jahre des 20.Jahrhunderts von der Neuapostolischen Kirche wegen der "Botschaft" des Stammapostels J. G. Bischoff (1871-1960), Christus werde zu seinen Lebzeiten wiederkommen. F�hrende Gestalt der Opposition gegen Bischoff war der "Apostel" Peter Kuhlen, der urspr�nglich zum Nachfolger Bischoffs als Stammapostel bestimmt war. S. unter: Bischoff, Johann Gottfried.
Lothar Gassmann
Etliche Texte sind auch in gedruckter Form erschienen in verschiedenen Handb�chern (je 144-200 Seiten, je 9,80 Euro):
1. Kleines Sekten-Handbuch
2. Kleines Kirchen-Handbuch
3. Kleines �kumene-Handbuch
4. Kleines Endzeit-Handbuch
5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
10. Kleines Theologie-Handbuch
Weitere Handb�cher (�ber Theologie, Esoterik, u.a.) sind geplant. Informationen bei www.l-gassmann.de