Von Jacob L. Moreno entwickelte Methode der Gruppendynamik. In der "Anw�rmphase" fordert der Leiter einzelne Teilnehmer auf, ihre Probleme zu nennen. Daraufhin sollen sie in Rollenspielen Szenen aus ihrem Leben darstellen, und zwar problematische Situationen aus der Vergangenheit oder gef�rchtete Ereignisse aus Gegenwart und Zukunft. Gef�hle sollen frei ausgelebt werden. Andere Gruppenmitglieder �bernehmen die Rolle des Gatten, des Vaters usw. Pl�tzlich geschieht ein Rollentausch, und die Mitspieler stehen sich gleichsam selber gegen�ber. � Eine andere Methode ist z. B. der "Doppelg�nger" ("Hilfs-Ich"), mit dem der Teilnehmer ein inneres Zwiegespr�ch f�hrt, um seine Probleme zu l�sen. Solche Rollenspiele lassen sich nicht mit einer Theaterrolle vergleichen. Der Schauspieler am Theater �bernimmt eine Rolle auf Zeit und spricht verfremdet wie durch eine Maske. Er spielt festgelegte und einstudierte Charaktere. Er bleibt er selber. Der Akteur im psychodramatischen Rollenspiel hingegen wird vom Trainer dahin gebracht, sich seiner alten Identit�t zu entfremden und sich selber als Person zu hinterfragen (Identit�tskrise!). Er soll "verbluten nach aussen" (Moreno).
Beim Soziodrama werden die Techniken des P.s kollektiv eingesetzt, d. h. der Rollentausch wird von ganzen Gruppen vollzogen. Das Soziodrama kann z. B. als Mittel zur Ver�nderung von Gesellschaftsstrukturen angewandt werden: Sozialer Wandel wird im Spiel erprobt, vorbereitet und dann in Alltagswirklichkeit umgesetzt (wobei letzteres allerdings kaum je gelungen ist; Transferproblematik!)
Bei Moreno finden sich s�mtliche Kennzeichen einer Ideologie:
a) Inspiration und soteriologische Tendenz: "... ich war von Kr�ften getrieben, die �ber mein pers�nliches Wohlergehen hinauszielten. Ich habe immer die Idee gehabt, dass diese schicksalsvolle Welt ... eine Welttherapie braucht ... und dass ich mit meiner eigenen Person etwas dazu tun muss, um diese Therapie zu schaffen und zu verbreiten" (J. L. Moreno, Gruppenpsychotherapie und P., 1959, Vorwort). Nach Kommunismus und Demokratie inthronisiert er als "drittes und h�heres Prinzip" die "therapeutische Weltanschauung" mit dem Ziel, "eine >neue Weltordnung auf der Grundlage einer einheitlichen soziometrischen Struktur der Gesellschaft zu schaffen" (ebd., 4ff.).
b) Religionsersatz und Universalismus: Neben Medizin und Soziologie nennt Moreno als dritte Wurzel der Gruppenpsychotherapie die Religion. Religion ist nach ihm "das Prinzip des ,Alles Einschlie�ens` und Zusammenbindens, des Strebens nach einem kosmischen Universalismus". Der "werdende Kosmos" sei der "h�chste Wert", und die "therapeutische Gruppe" sei "der erste Schritt in den Kosmos", indem sie (etwa im P.) Erfahrungen, "�berschussrealit�ten", der �ber- und vorsprachlichen Welt mit der sprachlichen Welt zusammenbringe. Wie hier bedient sich Moreno sehr h�ufig >mythischer und >mystischer Gedankenbilder (ebd., 2f.).
c) Evolution istisches und >liberalistisches Menschenbild und Vergottung des Menschen als Kollektiv: Moreno f�hrt aus: "Die Proklamation Gott ist tot` [Nietzsche; d. Verf.] mag bedeutungslos sein. Wichtig hingegen ist die M�glichkeit, IHN zu schaffen. Die zuk�nftige Evolution gibt Anlass zu weitreichenden Spekulationen." Analog zu Jesus Christus (nach Moreno nur "ein einfacher Mensch") gebe es "Millionen von Menschen, die Gott in ihrer eigenen Person verk�rpern k�nnen". "Jeder darf seine Version Gottes durch seine Handlungen zum Ausdruck bringen." Moreno, der gegen�ber dem Er- und Du-Gott der Bibel den "Ich-Gott" verk�ndet und im psychodramatischen Stegreiftheater selbst meist als "Gott" oder "K�nig" auftrat, proklamiert Gott als das menschliche "Ich, das zum Wir wird". So gelangt er zu der �berraschenden (und blasphemischen) Behauptung: "Gott ist nicht tot. Er lebt im P.!" (Moreno, Die Psychiatrie des 20. Jahrhunderts, in: H. Petzold, Angewandtes P., 1972, 78ff.).
d) Okkultismus : Ankl�nge an okkulte Einfl�sse finden sich in Morenos Selbstaussage �ber seine Inspiration, in seiner Leugnung des lebendigen Gottes und der Gottessohnschaft Jesu (vgl. 1. Joh 2,22), in seinen mythisch-kosmischen Vorstellungen (Verehrung der M�chte; vgl. R�m 1,25; Kol 2,20) und besonders eindr�cklich in Aussagen wie: "Im Rahmen des P.s k�nnen kosmische Ph�nomene in den therapeutischen Prozess einbezogen werden. Die Ungeborenen und Toten werden ... ins Leben gerufen" (ebd., 86).
Hier sei die grunds�tzliche Frage eingeschoben, ob (vor allem auch von Christen) Methoden einfach �bernommen werden k�nnen, ohne die Absichten ihres Urhebers zu beachten oder bekannt zu geben, wie dies heute vielfach geschieht. Kann ein schlechter Baum gute Fr�chte bringen (Mt 7,17)? Weiner erinnert daran, dass "Moreno mehr als eine Pers�nlichkeitstheorie ... entwickelte; wir glauben, dass seine Philosophie im Wesentlichen eine soziale Theorie mit politischen Akzenten ist". Moreno sei "ein Revolution�r und Radikaler" (H. J. Weiner, Rollentherapie und Rollenspiel, in: Petzold, ebd., 64).
Zur Beurteilung: s. Gruppendynamik; Seelsorge; Humanistische Psychologie.
Lit.: J. L. Moreno, Gruppenpsychotherapie und Psychodrama, 1959. � Kritisch; L. Gassmann, F�hlen statt zu denken, 1991.
Lothar Gassmann
Moreno, Jacob Levi: Psychodrama
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2. Kleines Kirchen-Handbuch
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4. Kleines Endzeit-Handbuch
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6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
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