Inkarnation (lat.) ist ein theologischer Begriff, der jedoch in die Religionswissenschaft �bernommen wurde.
Bezeichnet der Begriff Inkarnation im christlichen Sprachgebrauch Fleischwerdung, Menschwerdung Christi (Joh 1,14), so in seiner religionswissenschaftlichen Ausweitung das Eingehen eines g�ttlichen Wesens in einen menschlichen K�rper, das auf der Erde lebt. Teilweise wird auch der Religionsstifter als Inkarnation betrachtet. Abgrenzungsschwierigkeiten bestehen gegen�ber den Begriffen "Manifestation" und "Epiphanie", weshalb die Verwendung des Begriffes Inkarnation in der Religionswissenschaft umstritten ist. Weiter kann religionswissenschaftlich zwischen einer kontinuierlichen Inkarnation und einer diskontinuierlichen I, unterscheiden werden, wobei die erste Form eine Inkarnation in einer Institution oder Dynastie bedeutet, die zweite jedoch eine Inkarnation in einzelnen Individuen. Ein Beispiel f�r kontinuierliche Inkarnation aus l�ngst vergangener Zeit sind die alt�gyptischen Pharaonen, die als Inkarnation des K�nigsgottes Hores angesehen wurden. Im tibetanischen Buddhismus ist die Vorstellung einer kontinuierlichen Inkarnation bis heute von entscheidender Bedeutung. So gilt der >Dalai Lama als Inkarnation des Bodhisattva Avaloktes�vara, des h�chsten Bodhisvattva, welcher nach buddhistischer Auffassung kurz vor dem Erreichen der Buddhaschaft steht, aber noch auf der Erde bleibt, bis alle Wesen erl�st sind; erst dann wird er ins Nirwana eingehen. Au�er im Buddhismus hat die Vorstellung der Inkarnation auch Bedeutung im Hinduismus. In dessen vishnuitischer Richtung herrscht die Vorstellung einer diskontinuierlichen Inkarnation, wonach Vishnu bei der Str�mung der Weltordnung in die Welt herabsteigt (Avatara). Zu erinnern ist auch an die Seelenwanderungslehre, womit die Reinkarnation (Wiederverk�rperung) in einer anderen Gestalt gemeint ist. Mit all diesen Inkarnationsvorstellungen hat die im Neuen Testament bezeugte Inkarnation Jesu Christi nichts zu tun, sondern ist unvergleichlich und das genaue Gegenteil dessen.
Der f�r die Inkarnation Christi wichtige Satz. "Das Wort ward Fleisch" (Joh 1,14) l�sst nach der Bedeutung des Begriffes "Fleisch" in der Bibel fragen und dann danach, was es hei�t, dass das ewige Wort (Logos) in Jesus "Fleisch" annahm. Kommen auch das Substantiv Inkarnation und das Adjektiv inkarniert, die vom lateinischen "in carne" (=im Fleisch) abgeleitet sind, in der Bibel nicht vor, so doch deren griechische Entsprechung "en sarki" (=im Fleisch), z. B. Eph 2,15; Kol 1,22; 1. Tim 3,16; 1. Joh 4,2; 2. Joh 7.
Die urspr�ngliche Bedeutung von "Fleisch" in der Bibel ist eine physiologische. Im biblischen Denken werden K�rperorgane mit seelischen Funktionen in Zusammenhang gebracht, so dass der Ausdruck "Fleisch" im Alten Testament sowohl die psychologische wie auch die physische Seite des Menschen meint, sich aber keineswegs darin ersch�pft. Vielmehr bringt der Ausdruck "Fleisch" auch ein Abh�ngigkeitsverh�ltnis zum Ausdruck. Es bezeichnet Leben, das von Gott kommt, von ihm erschaffen ist und abh�ngig bleibt (z. B. "Nimmst du weg ihren Odem, so vergehen sie. Du sendest aus deinen Odem, so werden sie geschaffen", Ps 104,29). Das "Fleisch", Gattungsbegriff f�r Mensch und Tier, hat nur eine recht kurz bemessene Lebenszeit auf Erden. Damit bezeichnet "Fleisch" Verg�ngliches und steht im Gegensatz zu Geist, der ewig ist, nicht allein von Gott kommt, sondern Gott ist (Jes 31,3; 40,6-31; 2. Kor 3,17). Wenn es von Jesus hei�t, das Wort (Logos) sei Fleisch geworden (Joh 1,14) und er sei "offenbart im Fleisch" (1. Tim 3,16), so hei�t das, er ist gekommen und gestorben unter den Bedingungen des erschaffenen, k�rperlichen und seelischen Lebens; d. h. als Mensch ist er auf diese Erde gekommen und als solcher gestorben. Der Eingang des Pr�existenten in die Welt war die eines Menschen, aber doch darin unterschieden, dass er auf �bernat�rliche Weise in diese Welt einging (Jungfrauengeburt). Aber er war in Ewigkeit Gott. Und dadurch, dass er sich "in unser armes Fleisch und Blut verkleidet[e]" (Martin Luther, EKG 15,2; EG 23,2), gab er sein Gottsein nicht auf.
Ist das Zeugnis von der Gottheit Jesu auch eher selten im Neuen Testament ausdr�cklich angef�hrt
(z. B. Joh 20,28: Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott!),
aber eben doch angef�hrt, auch wenn die ausdr�ckliche Erw�hnung eher die Ausnahme bleibt, so geh�rte sie dennoch zu dem Glauben, in welchem die ersten Christen lebten und beteten. Wurde der Glaube an die Inkarnation auch erst sp�ter formuliert, so existierte er, wenn auch noch unreflektiert, in der Kirche von Anfang an. Bereits f�r die fr�he Kirche war Jesus der, in welchem sich Gott inkarniert hatte, in welchem Gott Fleisch geworden war. Die von Matth�us (1,18-2,23) und Lukas (1,5-2,52) berichteten "Geburts"- (Jungfrauengeburt) und "Kindheitsgeschichten" Jesu bringen den Ursprung Jesu aus Gott zum Ausdruck. Freilich, sie betrachten seine Inkarnation nicht isoliert, sondern in Verbindung mit Jesu Kreuz und Auferstehung.
Jesu Inkarnation ist ein im Neuen Testament viel beachtetes Thema, besonders von Paulus, Johannes und dem Verfasser des Hebr�erbriefes. Dabei lassen sie das Persongeheimnis Jesu bewusst stehen und wollen es nicht aufl�sen, sondern wollen den g�ttlichen Erl�ser verherrlichen, indem sie die Bedeutung seines Werkes im Heilsplan Gottes zur Sprache bringen. Sie verk�ndigen die Inkarnation als Tatsache, die zur Erl�sung der S�nder ihre Bedeutung hat und in den allumfassenden Plan Gottes zur Erl�sung geh�rt (Joh 1,18; R�m 8,3; Phil 2,6-11; Kol 1,13-22; 1. Joh 1,1-2,2; Hebr 1; 2; 4,14-5,10; 7,1-10,18). F�r die neutestamentlichen Verfasser ist der Zweck der Inkarnation ein soteriologischer, was auch an den Geburtsgeschichten Jesu deutlich wird (Mt 1,21 ff.; Lk 1,26 ff: 2,10 f.; 2,29-32). Die Verfasser des Neuen Testaments wissen darum, dass sowohl die Gottheit als auch die Menschheit Jesu f�r das Werk der Erl�sung wichtig sind. Deshalb wird bereits im Neuen Testament die Leugnung der zwei Naturen Jesu abgewiesen; selbst wenn die >Zwei-Naturen-Lehre noch nicht genau ausformuliert ist, so handelt es sich nicht um ein sp�teres Produkt der kirchlichen Lehrentwicklung, sondern um Pr�zisierung dessen, was im Neuen Testament bereits enthalten ist. Bereits in neutestamentlicher Zeit wird die Leugnung der zwei Naturen in einer doketischen Christologie erkannt, die verneint, dass Christus "Fleisch" geworden ist (1. Joh 4,2 f.) und seinen Tod verneint ("Blut", 1. Joh 5,6) (>Doketismus).
Nach dem 1. und 2. Johannesbrief ist diese Irrlehre antichristlich und bedeutet eine Verleugnung von Gott dem Vater und dem Sohn (1. Joh 2,22-25; 4,1-6; 5,5-12; 2. Joh 7.9-11). Grundlegendes neutestamentliches Verst�ndnis besagt: Jesus ist Gottes Sohn. So entspricht dies Jesu Selbstverst�ndnis. Auf die Frage des Hohenpriesters vor seiner Passion antwortet Jesus mit dem Anspruch pers�nlicher G�ttlichkeit. Die Sohnschaft, die er u. a. auch durch die Ich-bin-Worte beanspruchte, will aussagen: In seiner Person ist Gott da. Das pr�existente ewige Wort (Logos) Gottes wird bei Johannes mit Gottes persongewordenem Sohn Jesus Christus identifiziert (Joh 1,1-18; 1. Joh 1,1-3; Offb 19,13).
F�r Paulus ist der Sohn sowohl vor (Kol 1,15) als auch nach der Inkarnation "Ebenbild Gottes" (2. Kor 4,4). Vor seiner Inkarnation war Jesus "in g�ttlicher Gestalt" (Phil 2,6). Nach dem Hebr�erbrief ist Jesus "der Abglanz seiner [Gottes] Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens" (1,3) und demnach g�ttlich und, wie es sp�ter das Konzil von Niz�a (321 n. Chr.) ausgedr�ckt hat, "eines Wesens mit dem Vater". Der Sohn verk�rpert den Vater in allem; es gibt nichts, was der Vater h�tte und der Sohn nicht. Dass Jesus ganz Gott ist, geht auch daraus hervor, dass Paulus Weissagungen des Alten Testaments, die Jahwe betreffen, auf Jesus beziehen kann und dadurch anzeigt, dass sie in ihm in Erf�llung gegangen sind (R�m 10,13 = Zitat aus Joel 3,5; Phil 2,10, das sich auf Jes 45,23 bezieht). Dasselbe gilt auch f�r den Hebr�erbrief (Hebr 1,8 zitiert Ps 45,7.8). Damit halten sowohl Paulus als auch der (anonyme) Verfasser des Hebr�erbriefes Jesus f�r g�ttlich. Im Neuen Testament wird Jesus als Herr bezeichnet. Diese Bezeichnung wurde im Hellenismus den G�ttern gegeben (1. Kor 8,5). Die Septuaginta benutzt ihn zur Umschreibung des Gottesnamens. Dies bedeutet, dass Jesus G�ttlichkeit zugeschrieben wird. Als Jesus auf die Erde kam, "das Wort (Logos) Fleisch wurde", h�rte seine G�ttlichkeit nicht auf und wurde diese nicht geringer. Inkarnation hei�t nicht, dass er nicht mehr seine g�ttlichen Aufgaben wahrgenommen h�tte. Die Funktionen, die Sch�pfung zu erhalten, Leben zu geben und zu bewahren (Joh 1,4; Kol 1,17; Hebr 1,3) behielt er auch w�hrend der Zeit seines irdischen Daseins bei. Durch die Inkarnation wurde die G�ttlichkeit Jesu nicht verringert und seine g�ttlichen Kr�fte nicht geschm�lert (gegen "Kenosis"-Theologie). Er ent�u�erte sich seiner sichtbaren Herrlichkeit (Phil 2,7; Joh 17,5) und wurde arm (2. Kor 8,9). Er nahm menschlichen Leib an und f�hrte ein menschliches Seelenleben und menschliche Leibeserfahrungen. Sein Menschsein war vollst�ndig (1. Tim 2,5; Gal 4,4: Hebr 2,14.17) und es ist ewig. F�r ihn gilt:
"Wahr' Mensch und wahrer Gott" (Friedrich Layriz, EKG 23,3; EG 30,3).
Die Inkarnation �ndert die Beziehung des Vaters zum Sohn und umgekehrt nicht. Ihre Gemeinschaft bleibt ungetr�bt. Der Sohn vollbringt den Willen des Vaters. Durch die Inkarnation wird das Wesen des Sohnes nicht ver�ndert. Sein Leben bleibt ohne S�nde (Joh 8,46: 2. Kor 5,21; 1. Petr 2,22; 1. Joh 2,1 f.; Hebr 4,15). Unter der Macht der Erbs�nde steht er nicht, wie sollte er sonst s�ndlos bleiben, und er stirbt nicht f�r eigene (Hebr 7,26), sondern stellvertretend f�r fremde S�nden (2. Kor 5,21; Gal 3,13; 1. Petr 3,18). S�ndlos konnte er bleiben, weil er auch nach der Inkarnation Gott der Sohn ist (Joh 5,19.30); nur als S�ndloser konnte er f�r die S�nden anderer sterben. Er war von der S�nde versucht und musste dies, weil er Mensch war, bek�mpfen; doch weil er Gott war, konnte er ihr nicht unterliegen (Mt 4,1 ff. parr). Als selbst Versuchter, der jedoch der S�nde nicht unterlag,
"kann er helfen denen, die versucht werden" (Hebr 2,18; 4,14-16; 5,2.7-10).
Die neutestamentliche Lehre von der Inkarnation Christi, welche Natur und Bedeutung Christi mehr bekennt als beschreibt, wurde das zentrale Dogma der Christologie. Es besagt: im Menschen Jesus von Nazareth wurde Gott Mensch. Abschlie�end festgelegt wurde dies auf dem Konzil von Chalcedon (451 n. Chr.), das zum Ausdruck brachte: Christus, das ewige Wort (Logos) Gottes ist, hat in der hypostatischen Union die menschliche Natur in ihrem ganzen Umfang angenommen (Christus ist wahrer Gott und wahrer Mensch, Denzinger / Sch�nmetzer Nr. 301-303). Bis es jedoch zu dieser abschlie�enden Bestimmung in der Mitte des 5. Jahrhunderts kam, war gedanklich ein langer theologischer Weg zur�ckzulegen und manches Missverst�ndnis auszur�umen. Bereits f�r die ersten Christen ist Jesus von ganz eigener Identit�t, eben unvergleichlich. Er ist kein Engel (Hebr 1,1 ff.) und kein wiedererstandener Patriarch, aber ganz Mensch. Das Wort (Logos), das er verk�rpert, ist im Gegensatz zu gnostischem Denken kein unpers�nliches und allgemeines Prinzip. Unter den Kirchenv�tern hat um 200 n. Chr. Tertullian ein Buch �ber die Inkarnation geschrieben (De carne Christi). Ebenfalls bereits im 2. Jahrhundert vertrat Iren�us von Lyon die Lehre, Jesus habe die Macht Gottes, w�re durch nichts begrenzt, doch wirke er in dieser Welt. Ma�geblich bei der Lehrentwicklung wurden Athanasius von Alexandrien (296-373 n. Chr., "De incarnatione") und die ihm folgenden alexandrinischen Theologen. Die drei genannten und andere altkirchliche Theologen vertraten eine "Christologie von oben", die die �bliche wurde, was besagt, im historischen Menschen Jesus von Nazareth ist der ewige Sohn Gottes Mensch, "Fleisch" geworden. Dabei ist der Ausdruck "Fleisch" als Bezeichnung f�r den gesamten Menschen, also f�r Leib und Seele zu verstehen. Gegen die Ansicht des Origenes, der bei Jesus eine pr�existente Seele annahm, und gegen Paulus von Samosata (� nach 272 n. Chr.), der lehrte, das Wort (Logos) sei einem vollkommenen und besonderen menschlichen Individuum eingegeben, neigten andere dazu, Jesus habe keine menschliche Seele, sondern an ihre Stelle sei das Wort (Logos) getreten. Arius (280-336 n. Chr.) meinte, das Wort (Logos) sei nicht g�ttlich gewesen. Dagegen entschied das Konzil von Niz�a (321 n. Chr.), das die G�ttlichkeit des Wortes (Logos) bejahte, so dass damit einerseits das Wort nicht mehr Teil eines menschlichen Wesens wurde, andererseits aber auch die volle Menschheit Jesu gewahrt blieb. Apollinaris von Laodicea (310-390 n. Chr.) war Sch�ler des Athanasius und interpretierte "Fleisch" in einem engeren Sinne. Der Sohn Gottes habe nur menschliches Fleisch, aber keine menschliche Seele angenommen, das Wort (Logos) sei an die Stelle des Nous (Sinn, Verstand, Vernunft) getreten. Damit bestritt Apollinaris, dass Jesus wahrer Mensch war. Das zweite �kumenische Konzil (Konstantinopel I, 381 n. Chr.) verwarf seine Lehre als H�resie. W�hrend die antiochenischen Theologen auf einer scharfen Trennung zwischen dem leidensf�higen Menschen Jesus und dem unwandelbaren Wort (Logos) bestanden, beschuldigten die alexandrinischen Theologen ihre Gegner, sie lehrten zwei "Christusse". Cyrill von Alexandrien (vor 400-444 n. Chr.) vertrat die hypostatische Einheit von Wort (Logos) und Mensch, die auf einzigartige Weise miteinander verbunden sind. Diese Sicht wurde f�r das vierte �kumenische Konzil in Chalcedon 451 n. Chr. ma�geblich, welches das Inkarnationsdogma endg�ltig formulierte. Die Entscheidung dieses Konzils besagte, die einzige g�ttliche Person (Hypostase) des Gottessohnes ist unter zwei Naturen, einer g�ttlichen und einer menschlichen offenbart worden. Die menschliche Natur ist vollkommen. Christus war nach Leib und Seele ein vollkommener Mensch. Die Menschheit ist mit der Gottheit auf ewig vereinigt, da der Auferstandene ein Mensch bleibt. Jesus konnte auch g�ttliche Wunder nach seiner Menschheit tun, da er die Eigenschaften der g�ttlichen und menschlichen Natur austauschen konnte (Lehre von der communicatio idiomatum). Er konnte seine Gottheit benutzen, ohne seine Menschheit aufzugeben. Durch die g�ttliche Macht wurde die Menschheit Jesu nicht verwandelt. Die Menschheit Jesu ist weiterhin sterblich geblieben, so dass am Kreuz der ewige, pr�existente Sohn seiner menschlichen Natur nach gestorben ist und diese Natur auferstanden und in den Himmel aufgefahren ist. Es ist der umgestaltete Mensch Jesus Christus, der jetzt "zur Rechten Gottes sitzt".
Die Folgezeit erbrachte eine Verfeinerung des 451 n. Chr. in Chalcedon erlassenen Dogmas (>Chalcedonense). Die hypostatische Union war weiterhin das Mittel, um die volle Menschheit und Gottheit Christi durch eine Logoschristologie sicherzustellen. F�r Anselm von Canterbury (1033-1109) gewann die Inkarnation Christi gro�e Bedeutung. In "Cur Deus Homo" behandelt er die Frage, weshalb der Gottessohn Mensch werden musste. Er musste dies, um die S�nden der Menschen zu beseitigen. Durch die Erbs�nde wurde das ewige Leben verloren. Nur der s�ndlose Gott hat die Macht, den Menschen zu rechtfertigen. Diese Schuld konnte nur Gott bezahlen � und deshalb ist er durch den Sohn Mensch geworden. In der r�misch-katholischen Theologie ist die Inkarnation Christi zudem durch die Vorstellung, die Kirche sei der "geheimnisvolle Leib Christi", eng mit der Ekklesiologie und der Sakramentslehre verbunden.
Am bereits altkirchlichen Inkarnationsdomga hielten die Reformatoren fest, obschon sie die r�misch-katholische Messlehre verwarfen und von dieser, wenn auch unterschiedlich stark, abr�ckten und sich in der Abendmahlsauffassung deutlich unterschieden, wie auch hinsichtlich der Lehre von der communicatio idiomatum. Luther (1483-1546) vertrat die Allgegenwart der verherrlichten Menschheit Christi, w�hrend hingegen Calvin (1509-1564) die Unterscheidung zwischen der verherrlichten Menschheit Christi, die aber begrenzt und geschaffen bleibt, und der G�ttlichkeit des Wortes (Logos) vertrat. Aus dem Zeitalter der altprotestantischen Orthodoxie ist an die Auseinandersetzung zwischen den theologischen Fakult�ten Gie�en und T�bingen (1618-1624) zu erinnern. W�hrend die Gie�ener Theologen die wirkliche Ent�u�erung der Macht w�hrend Christi Erdendasein lehrten (Kenosis), lehrten demgegen�ber die T�binger die Verh�llung dieser Macht (Krypsis).
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts gewann die Inkarnation f�r manche Richtungen in der r�misch-katholischen, orthodoxen und anglikanischen Kirche an Bedeutung, da diese teilweise die Kirche als Ausweitung der Inkarnation betrachteten. Dieser Eindruck kann auch bei Dietrich Bonhoeffers (1906-1945) fr�her �berlegung entstehen, der zufolge er die Kirche als "Christus existierend als Gemeinde" sieht. Erw�hnt werden muss auch, dass sich in der zweiten H�lfte des 20. Jahrhunderts ein nicht geringer Teil der Theologen von Bultmanns >Entmythologisierungsprogramm ansprechen lie� und die Lehre von der Inkarnation Christi als Mythos abgetan wurde. Aber es muss auch darauf hingewiesen werden, dass viele der Theologen im Zeitalter von Rationalismus und Altliberalismus bereits im 19. Jahrhundert diese Lehre aufgegeben hatten. Im deutschen theologischen Liberalismus spielte die Inkarnation Christi f�r die Soteriologie keine Rolle mehr. Die im gro�en und ganzen nicht beachtete soteriologische Bedeutung der Inkarnation brachte im 20. Jahrhundert einige Neuans�tze f�r die Inkarnation, die sie vielfach wieder fruchtbar machen wollen, ohne ihr meist soteriologische Relevanz zuzubilligen:
Da die neueren Versuche die Inkarnation im gro�en und ganzen ohne ihre soteriologische Bedeutung fruchtbar machen wollen, bleiben sie f�r auf das Heil gerichtete Theologie irrelevant, da diese der Inkarnation soteriologische Bedeutung zukommen lassen muss. Das hat die herk�mmliche Inkarnationslehre richtig erkannt. Sie ist deshalb nicht ersetzbar. Sie ist aufgrund geltender Bekenntnisse kirchliche Lehre, wenn sie auch faktisch durch andere Entw�rfe, zumindest zeitweise, ersetzt sein mag.
S. auch: Jesus Christus; Jungfrauengeburt; Zweinaturenlehre; Dreieinigkeit.
Lit.: Au�er auf die bereits im Text genannte Literatur sei verwiesen auf: E. Brunner, Der Mittler, 1927; M. Hengel, Der Sohn Gottes, 1977; H. Marshall, Die Urspr�nge der neutestamentlichen Christologie, 1985.
Walter Rominger
Etliche Texte sind auch in gedruckter Form erschienen in verschiedenen Handb�chern (je 144-200 Seiten, je 9,80 Euro):
1. Kleines Sekten-Handbuch
2. Kleines Kirchen-Handbuch
3. Kleines �kumene-Handbuch
4. Kleines Endzeit-Handbuch
5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
10. Kleines Theologie-Handbuch
Weitere Handb�cher (�ber Theologie, Esoterik, u.a.) sind geplant. Informationen bei www.l-gassmann.de