Das Luthertum war der geschichtliche Anfang allen protestantisch-evangelischen Christentums. Auch Reformierte und Freikirchen w�ren ohne Luthers Reformation kaum denkbar. Mit dem �ffentlichen Anschlagen der 95 Thesen an die Schlosskirche von Wittenberg (31.10.1517) begann die Reformation. Wenn es auch vorreformatorische Entwicklungen und Gemeinschaften mit �hnlicher Tendenz gab (Waldenser, Lollarden, Hussiten u.a.), so kann man den Ausgangspunkt der Reformation doch erst beim Wirken Luthers festmachen.
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts war das geistliche Leben der Kirche stark vom Ritualismus und von der Werkgerechtigkeit gepr�gt. Einen besonderen Auswuchs bildete der Ablasshandel. In der Kirche war alles k�uflich: �mter, politische Unterst�tzung und sogar S�ndenvergebung. Viele Kl�ster entarteten. Gleichzeitig begann die Renaissance, rationalistisches Gedankengut sowohl in der gebildeten Oberschicht wie in die Kirche einzustreuen. Einige Humanisten sahen diesen Schaden. Schon seit Beginn des 14. Jahrhunderts redete man von einer n�tigen Reform der Kirche "an Haupt und Gliedern" (Kaiser Maximilian I.). Obwohl das Kirchentum verflachte, gab es echtes geistliches Leben.
Martin Luther (1483-1546) wurde als Sohn eines zu Wohlstand gekommenen Bergmanns geboren. Am 2. Juli 1505 erlebte er eine religi�se Erweckung, die ihm zum Eintritt ins Kloster bewegte. Nach Studium, Priesterweihe und Aufstieg im M�nchsorden der Augustiner wurde er zum Theologieprofessor der neugegr�ndeten Universit�t Wittenberg berufen. Hier drang er �ber dem Studium vom R�m 1,16.17 zur Erkenntnis durch, dass der Mensch allein aus Gnade selig wird. Diese Erkenntnis war geistlicher Ausgangspunkt der von ihm eingeleiteten Reformation. Diese begann nicht mit dem Ziel der Gr�ndung einer Kirche, sondern in der Hoffnung, die bestehende Katholische Kirche zur�ck zu den biblischen Anf�ngen zu f�hren. Dieses Vorhaben zeigte sich als nicht durchf�hrbar und so kam es zur abendl�ndischen Kirchenspaltung. Die begonnene Reformation teilte sich sehr schnell in drei Fl�gel: Luthertum, Calvinismus (Reformierte Kirchen) und die Radikalreformer, deren wichtigster Fl�gel die "Anabaptisten" (T�ufer) wurden. Diese bilden bis heute die protestantischen Grundformen.
Luthers Theologie enthielt vier Kerngedanken, auf denen alle reformatorischen und nachreformatorischen Ans�tze, auch der anderen reformatorischen Kirchen und Bewegungen, beruhen:
Einig sind sich die Lutheraner darin, da� die lutherischen Bekenntnisschriften authentische Auslegungen der Bibel sind. Sie wurden im sogenannten Konkordienbuch (formula concordiae) zusammengefa�t.
Seit dem 17. Jahrhundert entwickelte sich eine sogenannte Lutherische Orthodoxie, die zu einer teilweisen Erstarrung im Luthertum f�hrte. Eine �berspitzung der Rechtfertigungslehre trug dazu bei, da� nur noch die Reinheit der Lehre im Auge behalten wurde, die t�gliche Wirklichkeit Jesu im pers�nlichen Glaubensleben aber f�r viele ins Hintertreffen geriet. Mehrere Reformbewegungen versuchten, diese Entwicklung aufzuhalten � mit unterschiedlichem Erfolg (s. hierzu: Pietismus).
Heute existiert eine Vielzahl Lutherischer Kirchen. Im Jahr 1999 gab es rund 65 Millionen Lutheraner und weitere Unierte lutherischer Pr�gung. Die meisten dieser Kirchen geh�ren dem Lutherischen Weltbund an. Dieser wurde 1947 (Vorl�ufer 1923) gegr�ndet und z�hlt inzwischen 136 Mitgliedskirchen in 76 L�ndern, denen 61,7 der weltweit rund 65,4 Millionen Lutheraner angeh�ren. Der Lutherische Weltbund LWB (engl. Lutheran World Federation) ist eine internationale Vereinigung von christlichen Kirchen lutherischer Tradition. H�chstes Entscheidungsgremium ist die Vollversammlung, die alle sechs Jahre stattfindet. Weitere Organe sind der Rat, der Generalsekret�r und der Pr�sident. Die zum LWG z�hlenden Kirchen geh�ren meist auch dem �RK und den nationalen Christenr�ten (ACK) an. Die zur EKD geh�renden Lutherischen deutschen Landeskirchen haben als Dachverband die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD).
Mehr orthodox-bekenntnistreue Lutherische Kirchen bilden ein loses B�ndnis um die amerikanische Missouri-Synode. Besonders in den USA gibt es noch strengere Lutherische Gruppierungen. In Deutschland h�lt die SELK (Altlutheraner) mit ihrem Seminar in Oberursel enge Verbindung zur Missouri-Synode, obwohl die SELK zum ACK geh�rt. Die vor allen in Sachsen beheimatete Evangelisch-Lutherische Freikirche hingegen geh�rt nicht zum ACK. Sie h�lt Verbindung zur sehr konservativen Wisconsin-Synode in den USA.
Siehe ausf�hrlicher: Reformatorisces Kirchenverst�ndnis; ferner: Reformierte; Pietismus; Altlutheraner.
Lit.: K. Heussi, Kompendium der Kirchengeschichte, 16. Aufl. 1981; J. Rogge, Der junge Luther. Der junge Zwingli, KGiE II3/ und 4, 1983; R. Mau, Evangelische Bewegung und fr�he Reformation 1521 bis 1532, II /5, 2000; H. Kirchner, Reformationsgeschichte von 1532 -1555/1566, II/6.
Rainer Wagner
Etliche Texte sind auch in gedruckter Form erschienen in verschiedenen Handb�chern (je 144-200 Seiten, je 9,80 Euro):
1. Kleines Sekten-Handbuch
2. Kleines Kirchen-Handbuch
3. Kleines �kumene-Handbuch
4. Kleines Endzeit-Handbuch
5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
10. Kleines Theologie-Handbuch
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