Begründer ist der Kaufmann Oskar Ernst Bernhardt (1875-1941) aus Bischofswerda, der sich nach der Beschäftigung mit religiös-philosophischen Fragen um 1923 seines "spirituellen Auftrages" bewusst wurde.
Er begann Vorträge zu halten und verfasste religiöse Abhandlungen. "Im Lichte der Wahrheit. Gralsbotschaft von Abd-ru-shin" ist sein Hauptwerk in 3 Bänden. 1928 erwarb er ein Anwesen auf dem Vomperberg bei Schwarz/Tirol, wo später die "Gralssiedlung" (Lebenszentrum seiner Anhänger) entstand. 1938 erfolgte das Verbot aller religiösen Tätigkeiten durch das NS-Regime und Zwangsevakuierung. Bernhardt. verstarb 1941 in Kipsdorf/Erzgeb.. Die Gralssiedlung wurde 1946 an seine Witwe zurückgegeben und ist heute das geistliche und verwaltungsmäßige Zentrum der Gralsbewegung.
Am Anfang war Gott, der "Urquell gewaltiger Strahlungen", die durch die Anziehungskraft des Urlichtes wieder zurückgeholt werden (Grenze des Göttlichen). An dieser Grenze steht die Gralsburg, die den heiligen Gral birgt, ein Symbol der reinsten göttlichen Liebe und Ausgangspunkt göttlicher Kraft. Einmal im Jahr erscheint eine heilige Taube über der Schale: Die Liebe Gottes ergießt sich durch das Weltall – und die Schöpfung erhält die notwendige neue Lebenszufuhr. Je weiter sich die göttlichen Strahlen von ihrem Ursprung entfernen, desto mehr verlieren sie ihre Kraft, kühlen ab, verdichten sich und bilden nacheinander drei neue Schöpfungs-Ebenen. Die letzte ist das "grobstoffliche Reich" (die Erde), die am weitesten von der Urschöpfung entfernt ist und nur noch wenig Ähnlichkeit mit ihr hat. Dieser Prozess ist ein ewiger, sich ständig wiederholender Kreislauf. Der Mensch ist im innersten Kern Geist (Geistkeim). Durch den Sündenfall (1.Mos.3) wurde sein Verstand über den Geist gestellt, die Verbindung zur Gralsburg riss ab, so dass der Mensch alles, was jenseits von Zeit und Raum ist, nicht mehr erfassen kann. Alle seine Gedanken, Worte und Taten sind Strahlen oder Fäden, die er aussendet. Die guten Willensfäden steigen zum Geistigen empor, zurück zu ihrem Ursprung, die bösen bilden das Karma (Reinkarnation), das nicht vergeben werden kann, sondern abgearbeitet werden muss.
"Immanuel" ist Ursache und Ausgangspunkt der Schöpfung, der "ausgeborene Sohn Gottes", in dessen Strahlung sich die Menschheit entwickelte. Aus ihm kommt "Parsival", die erste Schöpfung (Lichtgestalt u. Gralskönig). Obwohl zwei Personen, sind beide untrennbar miteinander verbunden. Die Geburt des "Gottessohnes" war ein "göttlicher Liebesakt"; die Menschen sollten von ihm lernen, im Einklang mit den Schöpfungsgesetzen zu leben. Er wurde nicht durch den Heiligen Geist gezeugt, sondern Josef und Maria waren seine leiblichen Eltern. Erst in der Mitte der Schwangerschaft erfolgte seine Inkarnation durch einen "Strahlungsvorgang aus Gott". Das Abendmahl war lediglich ein Abschiedsmahl. Er wurde hingerichtet, weil er die Wahrheit vertrat, Sünden konnte er durch seinen Tod allerdings nicht tilgen. Seine leibliche Auferstehung und Himmelfahrt ist angeblich nie geschehen, denn Jesus hatte wie alle anderen Menschen einen grobstofflichen Leib und musste den gleichen Weg gehen wie sie. Wegen der geistigen Unreife der Menschen konnte er sein Werk auf der Erde nicht vollenden. Deshalb verkündigte er einen zweiten "Menschensohn" (deutlich unterschieden vom "Gottessohn" Jesus Christus), der nach ihm kommen würde. Dazu wurde "Parzival", der aus dem "Immanuel" kam, als Mensch – nämlich als O.E.B. (Oskar Ernst Bernhardt) – geboren, was durch den Namen "Abd-ru-shin" (Sohn des Lichts) zum Ausdruck kam. Mit dieser Lehre beanspruchte Bernhardt, der "verheißene Lichtträger" zu sein, der Gralskönig, der Besieger Luzifers und der "Geist der Wahrheit". In der Gralsbotschaft verkündete er ein abschließendes Wissen,
"so dass nun keine Frage mehr zu stellen übrig bleibt im ganzen Sein " (Nachwort zur "Gralsbotschaft").
Das Welt- und Menschenbild der Gralsbewegung weist Analogien zu Hinduismus und Anthroposophie auf. Die Darstellungen über das Wesen Jesu entsprechen nicht der biblischen Wahrheit. Bernhardt leugnet das einmalige Erlösungswerk Christi (Eph. 2,8). Als angebliche Inkarnation des "Immanuel" tritt er an die Stelle Jesu und widerspricht Hebr. 1,1.2, wonach Gott zum letzen Mal durch seinen Sohn zu den Menschen redete. Die Bibel warnt vor falschen Propheten und Heilsbringern, insbesondere vor falschen Christussen, sowie vor der Verfälschung des Evangeliums (Matth. 24,24; Gal. 1,8-1 Offb.22,19).
S. auch: Sekte; Kult; Spiritismus; Anthroposophie; Hinduismus; Okkultismus; Antichrist; Falsche Christusse; Falsche Propheten.
Lit.: Handbuch Religiöse Gemeinschaften, 1993; K. Hutten, Seher, Grübler, Enthusiasten, 1997, 531ff.; H. Obst, Apostel und Propheten der Neuzeit, 2000, 546ff.
Werner und Monika Deppe
Etliche Texte sind auch in gedruckter Form erschienen in verschiedenen Handbüchern (je 144-200 Seiten, je 9,80 Euro):
1. Kleines Sekten-Handbuch
2. Kleines Kirchen-Handbuch
3. Kleines Ökumene-Handbuch
4. Kleines Endzeit-Handbuch
5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
10. Kleines Theologie-Handbuch
Weitere Handbücher (über Theologie, Esoterik, u.a.) sind geplant. Informationen bei www.l-gassmann.de