Der Begriff Ökologie hat ursprünglich eine rein naturwissenschaftliche Bedeutung:
Er bezeichnet "denjenigen Teilbereich der Biologie, der sich mit den Wechselbeziehungen zwischen den Organismen und der unbelebten ... und der belebten Umwelt ... befasst" (Meyers Enzyklopädisches Lexikon).
Ökologie ist nach der klassischen Definition Ernst Haeckels die "Wissenschaft von den Beziehungen des Organismus zur umgebenden Außenwelt". Die naturwissenschaftliche Disziplin "Ökologie" hat zu der wichtigen Erkenntnis geführt, dass kein Lebewesen isoliert existiert, dass die Erhaltung der verschiedenen Arten und des Lebensraums auch die Voraussetzung für die Erhaltung der eigenen Art ist. Umweltschutz ist die praktische Konsequenz der naturwissenschaftlichen Ökologie (oder "Naturökologie").
Im Zuge des New-Age-Denkens nun wurde der naturwissenschaftliche Ökologie-Begriff erweitert – und zwar um eine soziale und eine spirituelle Dimension. Soziale und spirituelle Dimension werden zusammen als "Tiefenökologie" bezeichnet, als tiefer verstandene Ökologie Charlene Spretnak schreibt in ihrem Buch "Die Grünen": "Die Perspektive der Grünen ist die Tiefenökologie. Die Tiefenökologie umfasst das Studium subtiler Wechselprozesse der Natur und die Anwendung dieses Studiums auf unseren Umgang mit der Natur und untereinander" (S. 315). Es ist also zu unterscheiden zwischen naturwissenschaftlicher Ökologie ("Naturökologie") und tiefer verstandener Ökologie ("Tiefenökologie"), wobei sich letztere wiederum in soziale Ökologie ("Sozialökologie") und spirituelle Ökologie untergliedert.
Manon Maren-Griesebach hat einen Hauptteil ihres Buches "Philosophie der Grünen" mit dem Schlüsselwort "Sozialökologie" überschrieben. In der Darstellung überträgt sie die "Fließgleichgewichte" innerhalb der Natur auf das Denken und Handeln der Menschen. Sie führt Folgendes aus: "Im Großen verändern sich die Klimata der Erde, die Wüsten breiten sich aus, die Gletscher schmelzen, die Feuchtigkeitsgrade wechseln, und wenn schon diese materiellen Welten andere werden, so erst recht Denken und Handeln der Menschen. Starres Festhalten an einmal gefassten Grundsätzen wäre tot und geschichtsfremd. Grün meint die Farbe des sich ändernden Lebens" (S. 56f.). Und Charlene Spretnak schreibt: "Menschliche Systeme können von der Natur lernen, wenn es um wechselseitige Abhängigkeit geht. um Vielfalt, um Offenheit für Veränderungen innerhalb eines Systems, um Flexibilität und um die Fähigkeit, sich neuen Ereignissen und Bedingungen außerhalb des Systems anzupassen" (S. 316).
Bei der Beurteilung solcher Aussagen ist zunächst festzustellen, dass es gewiss Parallelen zwischen "Bewegung, Werden, Veränderung" in der Natur und in dem Denken und Handeln von Menschen gibt. Flexibilität, Offenheit. Vielfalt, Diskussionsbereitschaft usw. sind notwendige menschliche Verhaltensweisen – auch in der Politik. Aber es ist falsch zu behaupten, dass es überhaupt keine festen Grundsätze – sowohl im Blick auf die Natur als auch auf das menschliche Denken und Handeln – gebe. Ein relativistisches, alle festen Grundlagen verneinendes Weltbild ist unhaltbar (Pluralismus , >Relativismus). Nicht nur der christliche Glaube, sondern auch die beobachtende Naturwissenschaft erkennt nämlich bereits in der Natur Gesetze, nach denen alles geregelt ist. Bewegung, Werden und Veränderung sind zwar Erscheinungsweisen der Natur, aber hinter diesen Erscheinungsweisen verbirgt sich ein Plan, der den Ablauf von Bewegung, Werden und Veränderung bestimmt. Nicht Bewegung, Werden und Veränderung sind somit die letztgültigen Grundlagen des Naturablaufs. sondern die hinter ihnen stehenden, empirisch erhebbaren Gesetze. Die Tatsache, dass die Naturwissenschaft immer wieder neue Beobachtungen macht und sich z. B. zunehmend vom Newtonschen Weltbild löst, spricht nicht gegen das Vorhandensein von Naturgesetzen überhaupt, sondern nur für die Begrenztheit und Vorläufigkeit des menschlichen Erkennens.
Will man die Analogie zwischen Naturökologie und Tiefenökologie aufrechterhalten und die Beobachtungen der Naturökologie auf das Feld der Sozialökologie übertragen, so muss man gerade von Gesetzen reden – von Gesetzen, dir das Leben und Zusammenleben der Menschen regeln. Ein Unterschied besteht freilich: Der Mensch ist, um es mit Immanuel Kant zu formulieren, "Bürger zweier Welten". Sein Leben wird nicht nur von naturgesetzlicher Notwendigkeit, sondern zugleich von geistiger Freiheit bestimmt. Er kann somit die für die Natur und für ihn geltenden Gesetze übertreten – allerdings nicht, ohne dabei die Natur und sich selber zu schädigen. Will der Mensch jedoch das Leben und Überleben auf dieser Erde sichern, dann muss er sich gerade an diese Gesetze halten. Einem schrankenlosen Relativismus, wie ihn die "grüne" Philosophie und Ethik vertritt, wird somit bereits von der Naturbeobachtung her eine Absage erteilt. Es gibt absolute Maßstäbe. Die Frage stellt sich nun: Wo kommen diese her? Mit einem blinden Zufallsprinzip lassen sie sich ebenso wenig erklären wie mit den wechselnden und einander vielfach widersprechenden Meinungen der Menschen. Die Antwort des christlichen Glaubens lautet:
Gott als Schöpfer hat der Schöpfung Gesetze und dem Menschen Gebote gegeben – zum Wohl des Menschen und der Schöpfung. Wer sie übertritt, handelt gegen den Willen des Schöpfers und bringt das Chaos in die von Gott geschaffene Ordnung hinein. Das nennt die Bibel "Sünde".
Nun spricht auch die vom New-Age-Denken beeinflusste grüne Ideologie von "Gott" oder dem "Göttlichen". Eine "neue Spiritualität", "Spirituelle Ökologie" oder "Ökologische Religion" (Hubertus Mynarek) ist für das New-Age-Denken geradezu kennzeichnend. Im Gegensatz zum biblischen Gottesverständnis ist der "Gott" des New Age und der grünen Ideologie mit Mensch und Natur identisch. Hubertus Mynarek z. B. bringt das in seiner Beschreibung der "Ökologischen Religion" deutlich zum Ausdruck: "Das hervorbringende Prinzip, der Grund der Wirklichkeit, ist aber nicht etwa ein transmundaner, überweltlicher, unweltlicher, übernatürlicher (in diesem Sinne un-natürlicher) Gott; dieses Prinzip ist also nicht etwas außer oder neben der Natur, sondern diese selbst in ihrem Charakter als hervorbringende, schaffende. Die Natur trägt den Grund ihrer selbst in sich, schließt die Kraft ein. sich selbst hervorzubringen" (Ökologische Religion, S. 90). "Ökologische Religion" ist demnach "Naturmystik" oder "Natur-Religion" in dem Sinne, dass sie "Natur als das Seinsganze, als die Ganzheit aller Wirklichkeit, als die Einheit von hervorbringendem absolutem Prinzip und hervorgebrachten Naturdingen oder Seienden, einschließlich des Menschen, engagiert-existentiell sieht, anerkennt, bewundert und verehrt". "Göttlich" und "verehrungswürdig" ist nach dieser Auffassung "die unendliche Seinsmacht der Natur" (ebd., S. 90ff.). Auch Maren-Grisebach spricht von einem "mystischen Einheitsgefühl (unio mystica) alles Lebendigen" und von der Hoffnung, dass durch die Wiederbelebung archaischer Naturreligionen, v. a. der für den Feminismus wichtigen "matriarchalischen Mythologie", die verlorengegangene Einheit von Mensch und Natur bzw. Kosmos wiederhergestellt wird" (S. 43.101). Die "Gottheit" muss nach Spretnak "sowohl als weiblich wie auch als männlich verstanden werden". "Sie ist nicht im Himmel; sie ist die Erde." Ihre "Manifestation" findet sich "in der ältesten Schöpfungsgeschichte der westlichen Kultur", in dem heidnischen Mythos von der Erdgöttin "Gaia" (S. 339).
Worin jedoch besteht der Unterschied zum biblischen Gottesbegriff? Nach biblischem Verständnis hat Gott die Welt durch sein Wort (1. Mose 1, 1 ff.; Joh. 1, 1 ff.) geschaffen, indem er das Nichtseiende ins Dasein rief (Römer 4. 17). Die Schöpfung ist kein Teil Gottes, sondern Gott steht seiner Schöpfung souverän gegenüber:
"Unser Gott ist im Himmel; er kann schaffen, was er will" (Ps. 115, 3; vgl. Ps. 33, 9; Jer. 18, 1 ff.; u. ö.).
Auch der Mensch ist nicht als Teil, sondern als "Ebenbild" Gottes geschaffen (1. Mose 1, 27) – und damit als personhaftes Gegenüber, das zu Gott (etwa im Gebet) "Du" sagen, das sich von ihm trennen (Sünde) und wieder zu ihm zurückkehren kann (Umkehr, Bekehrung). Zwischen Gott und Mensch besteht keine Identität, sondern gewissermaßen ein Dialogverhältnis, bei dem Gott – auch wenn er durch seinen Geist im bekehrten (nicht im unbekehrten!) Menschen wohnt (vgl. Römer 8, 9; Gal. 2, 20; u. ö.) – stets seine Souveränität bewahrt. Bemerken wir, wie die Veränderung bzw. Beseitigung des christlichen Gottesbegriffs in der Ökologischen Religion der Religionsvermischung (Synkretismus) Tür und Tor öffnet? "Gott" wird im Sinn antik-heidnischer oder östlicher Religionssysteme (Hinduismus, Buddhismus, Taoismus) als "das Göttliche", als >kosmische Energie verstanden, die mit der Natur und dem Weltganzen eins ist. Seine Personalität und Souveränität. seine selbständige Existenz als Schöpfer im Gegenüber zur Schöpfung wird abgelehnt. Die neue, synkretistische ökologische "Universalreligion" (Mynarek) kommt im Gefolge der grünen New-Age-Spiritualität auf uns zu. Die Vernetzung biologischer Prozesse im Naturhaushalt (Naturökologie) wird als Vorbild für die Vernetzung der Religionen (spirituelle Ökologie) angesehen. Die Zusammenfassung der Religionen gilt als möglich, weil sie nur unterschiedliche, mehr oder weniger verdunkelte Ausgestaltungen des einen, ursprünglichen ökologischen Prinzips seien.
Ist das der Fall? Wir haben gesehen, dass die Bibel von einem persönlichen, souveränen Gott spricht, der sich mit den unpersönlichen, naturhaft-kosmischen Gottesvorstellungen heidnisch-archaischer und -östlicher Religionen nicht gleichsetzen lässt. Zwar sind Menschen, Tiere, Pflanzen, Mineralien usw. gleichermaßen in den ökologischen Naturhaushalt eingebettet. Gott jedoch als Schöpfer steht darüber. Die Selbsterniedrigung (Phil. 2, 6-8) und Fleischwerdung (Joh. 1, 14) seines Sohnes Jesus Christus geschieht aus der freien Liebe Gottes zu seinem Geschöpf (Joh. 3, 16). nicht aus naturgesetzlicher Notwendigkeit heraus. Lieben aber kann nur eine Person, kein unpersönliches Weltprinzip und keine kosmische Energie.
Die Tatsache, dass die grüne New-Age-Ideologie oder "Ökologische Religion" Gott als Schöpfer nicht anerkennt, sondern in den Bereich des Geschöpflichen hineinzwängt und degradiert, hat fatale Folgen: Mit der Erniedrigung Gottes ist die (scheinbare) Erhöhung des Menschen verbunden; denn ist Gott in der Natur und verschmelzen beide zu einer untrennbaren Einheit, dann ist die Natur – und damit der Mensch – "göttlich" (>pantheistischer Monismus: die Vorstellung, dass alles eins und alles Gott ist). Das war von je her das Ziel des Menschen: Sein zu wollen wie Gott: selbst Gott sein zu wollen (1. Mose 3, 5). Durch die Vereinheitlichung von Gott, Mensch und Natur in der Ökologischen Religion scheint dies zu gelingen. Dabei aber wird das Entscheidende übersehen: Die ganze Misere, in der wir heute stecken, beruht genau auf dieser Erniedrigung Gottes und Selbsterhöhung des Menschen. Weil sich der Mensch von Gott, seinem Schöpfer, lossagt und stattdessen Dämonen in Gestalt von kosmischen Mächten, Götzen und Naturgöttern ehrt (1. Mose 3,1ff.; 1. Kor. 10,20; Kol. 2,8 u. ö.) oder sich hochmütig selbst anbetet (Jes 13,11 u. ö.), kommt es zu Mord (1. Mose 4), Krieg (Jes 2,1ff.), Hungersnot (2. Sam 24,13), sozialer Ungerechtigkeit (Am 2,4ff.), Umweltproblemen (1. Mose 3,17ff.; Röm 8,22) und Vernichtung (1. Mose 7; Mt 24,35ff.). Die Ökologische Religion bzw. spirituelle Ökologie verstärkt somit den Schaden, den sie zu heilen beansprucht, indem sie ihre Augen für die biblische Realität verschließt.
Eine Lösung kann es nur durch die Umwandlung des menschlichen Herzens geben, durch die radikale Umkehr zu Gott als demjenigen, der nicht machtlos als eine kosmische Energie in Naturhaushalt und Weltenlauf eingeschlossen ist, sondern ihnen als der souveräne Herr gegenüber steht. Gott ruft schon lange zur "Wende". Seine "Wendezeit" (Fritjof >Capra) hat begonnen, als Jesus Christus auf die Erde kam und durch seinen Kreuzestod und seine Auferstehung die Grundlage für ein neues Menschsein legte. Wenn ein Mensch mit Paulus sagen kann
"Ich lebe; doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir" (Gal 2,20),
dann ist er eine "neue Kreatur" (2. Kor 5,17), dann bringt er die "Frucht des Geistes" hervor, die unsere Welt so dringend braucht: "Liebe, Freude, Friede. Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Glaube, Sanftmut und Selbstbeherrschung" (Gal 5,22). Wären nicht so viele nur dem Namen nach "Christen", dann wäre die notwendige Wende schon längst gekommen.
Zusammenfassung: Hauptanknüpfungspunkt des New-Age-Denkens an die grüne Ideologie ist ein erweiterter Ökologie-Begriff. Die empirisch nachweisbare Vernetzung aller Lebensprozesse in Naturkreisläufen (biologisch-naturwissenschaftliche Ökologie) wird in "tiefenökologischer" Deutung auf die Ebenen des Sozialen ("Sozialökologie") und Spirituellen ("spirituelle Ökologie") übertragen. "Sozialökologie" geht davon aus, dass alle gesellschaftlichen Prozesse ständig "im Fließen" sind und dass es keine festen Grundsätze für das Denken und Handeln der Menschen gibt. Sowohl die Beobachtung von Gesetzen in der Natur als auch der biblisch-christliche Glaube an einen persönlichen Gott als Schöpfer absoluter Maßstäbe widersprechen jedoch dieser relativistischen Vorstellung. In der "spirituellen Ökologie" – und in ihrer Ausgestaltung zur "Ökologischen Religion" – wird der Glaube an einen persönlichen, unabhängig von der Schöpfung existierenden Gott abgelehnt und stattdessen die Natur als "das Göttliche" verehrt (pantheistischer Monismus). "Ökologische Religion" ist Naturreligion. Dabei wird übersehen, dass es in biblischer Sicht gerade diese Abwendung des Menschen vom persönlichen Gott und seinen absoluten Maßstäben sowie die Hinkehr zu heidnischen Naturgötzen und zur Selbstvergottung des Menschen war, die – in der Wechselwirkung von menschlicher Sünde und göttlichem Gericht – zu den heutigen Krisen geführt hat. Eine Lösung der Krisen kann es nur durch die Umkehr des Menschen zu dem lebendigen Gott und die Umwandlung des menschlichen Herzens geben, durch die Annahme des stellvertretenden Sühneopfers Jesu Christi am Kreuz und die Inanspruchnahme seiner Auferstehungskraft: "Darum, ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden" (2. Kor. 5, 17).
S. auch: Grüne Ideologie; Umweltschutz; Umweltzerstörung; >Mensch; Ökumene der Religionen; New Age; Pantheismus.
Lit.: M. Maren-Grisebach, Philosophie der Grünen, 1982; C. Spretnak, Die Grünen, 1985; H. Mynarek, Ökologische Religion, 1986. – Kritisch: L. Gassmann, Grün war die Hoffnung. Geschichte und Kritik der grünen Bewegung, 1994.
Lothar Gassmann
Etliche Texte sind auch in gedruckter Form erschienen in verschiedenen Handbüchern (je 144-200 Seiten, je 9,80 Euro):
1. Kleines Sekten-Handbuch
2. Kleines Kirchen-Handbuch
3. Kleines Ökumene-Handbuch
4. Kleines Endzeit-Handbuch
5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
10. Kleines Theologie-Handbuch
Weitere Handbücher (über Theologie, Esoterik, u.a.) sind geplant. Informationen bei www.l-gassmann.de